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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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aufzurichten versuchte. »Ich hätte große Lust …«
    »Um Himmels willen, mach dich nicht unglücklich«, fiel ihr Andrea ins Wort. »Er ist betrunken.«
    »Kennst du ihn?«
    »Ja. Aber ich hatte gehofft, ihm nie wieder begegnen zu müssen.« Andrea ging zur Tür. Einen letzten bitteren Blick warf sie auf Jonas, der sich mühsam am Bett hochzog und sich dabei an den Hinterkopf griff.
    »Wenn er in der nächsten Viertelstunde nicht verschwunden ist, hole ich die Polizei.« Birte nahm Andrea am Arm und zog sie hinaus. »Oder wollen wir gleich Anzeige erstatten? Wenn ich nicht irre, war es eine versuchte Vergewaltigung.«
    »Lass es gut sein, Birte.« Andrea atmete ein paar Mal tief durch. »Es ist ja nichts weiter passiert.«
    »Na, du bist gut … Wenn ich nicht dazugekommen wäre …« Birte schnaubte heftig. »Weißt du, mit solchen Kerlen kenne ich kein Erbarmen, man sollte sie zusammenschlagen wie mein Großvater die Robben.«
    Wider Willen musste Andrea lachen. »Das würde Jonas gar nicht gefallen, dass du ihn mit einer Robbe vergleichst. Er ist ziemlich eitel und sehr von sich eingenommen.«
    »Also kennst du ihn recht gut.« Birte konnte ihre Neugier nicht verbergen.
    »Ja.« Andrea zog sich die Jacke fester um die Schultern. »Er ist der Grund, warum ich nach Norwegen gekommen bin.«
    »Du und er …« Birte schüttelte den Kopf. »Nein, der passt nicht zu dir, Doktor Andrea.«
    »Hab ich ja auch festgestellt. Zum Glück noch rechtzeitig.« Um von weiteren privaten Fragen abzulenken, bat Andrea: »Kochst du mir auf den Schreck hin einen Kaffee?«
    »Aber ja! Gerne.« Birte war gleich in ihrem Element, und während sie frischen Kaffee aufbrühte, holte sie Brot, Honig, Marmelade und Rentierschinken aus der Vorratskammer. Sogar frischen Joghurt mit Früchten hatte sie da – eine Rarität in dieser Jahreszeit und hier oben im Norden.
    »Ich hab auch noch eplekake und julekake «, verkündete sie.
    »Du sollst mich nicht mästen«, wehrte Andrea ab. Sie konnte über Birtes Eifer schon wieder lächeln. »Eine Tasse Kaffee und dazu ein Stück Rosinenbrot reichen völlig.«
    Während die beiden Frauen ihren Kaffee tranken, fuhr draußen ein Wagen fort. Laut heulte der Motor auf, als der Fahrer um die enge Kurve fuhr.
    »Er muss noch bis zum Schluss den Größenwahnsinnigen geben«, sagte Andrea.
    Birte ging zum Fenster. »Er ist weg. Ein Glück für ihn.«
    »Und für mich«, fügte Andrea leise hinzu. Sie wusste, dass dieses Kapitel ihres Lebens endgültig abgeschlossen war. »Gib mir doch bitte noch einen Schluck Kaffee, dann fahre ich heim. Die Praxis öffnet in einer knappen Stunde.«

59
    D icht fiel der Schnee, tausend und abertausend Flocken tanzten in wildem Reigen vom dunklen Himmel. Der Wind, der von Osten kam, wirbelte die weiße Pracht übermütig durcheinander, hin und wieder fegte er aber auch mit harter Hand durch die Luft.
    Der Horntrichter am gelbroten Schornstein der Lofoten , dem alten, beinahe historischen Postschiff, das in erster Linie zu Sonderfahrten eingesetzt wurde, ließ sein tiefes Signal ertönen, das von den Felswänden der Lofotalpen dumpf widerhallte.
    Ein paar wohlhabende Unternehmer aus Oslo hatten das alte Postschiff für eine Reise nach Norden gechartert und standen jetzt in kleinen Gruppen an Deck, um das Einlaufen in den Hafen von Stamsund mitzuerleben. Dass feiner Schneegriesel wie Wüstensand auf der Haut brannte, störte die Männer nicht. Sie waren warm angezogen und hatten zudem schon manch steifen Grog getrunken. An der Reling stehend, versuchten sie ein wenig von der Umgebung zu erkennen, die jedoch immer mehr hinter der Wand aus weißen, dichter und dicker werdenden Flocken verschwand. Die Schneeflocken lösten sich im dunkel spiegelnden Fjordwasser rasch auf, so, als hätte es sie nicht gegeben – ein kleines Zeichen von Vergänglichkeit.
    Nur zwei Passagiere gingen von Bord – Carina Rasmussen und Kapitän Knut Niebur. Seit drei Wochen besaß Knut sein Kapitänspatent, und genau seit diesem Zeitpunkt waren er und Carina ein Ehepaar. Heimlich, ohne jemanden darüber zu informieren, hatten sie geheiratet.
    Kurz hob Knut die Hand an die Mütze, als er sich von seinen Kollegen, die auf der Brücke des alten Postdampfers standen, verabschiedete.
    »Warte, ihr könntet noch ein Päckchen mitnehmen.« Ein älterer Mann der Schiffsbesatzung hielt sie auf. »Das ist für die Doktorin in Stamsund. Könnt ihr das besorgen?«
    »Klar doch. Wir sehen sie gleich.« Knut nahm

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