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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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Düsseldorfer Klinik, an der sie zuletzt gewesen war, besaß einen hervorragenden Ruf und stellte nicht jeden x-beliebigen Chirurgen ein.
    »Was ist, traust du dich nicht?« Seine Stimme klang gepresst, er musste trotz der Spritze noch Schmerzen haben. Andrea sah ihn schweigend an. Erst jetzt bemerkte sie, dass seine Augen von einem intensiven Blau waren und in interessantem Kontrast zu seinen dunklen, fast schwarzen Haaren standen. Dunkel waren auch die Wimpern, die, lang wie bei einer Frau, Schatten auf die braungebrannten Wangen warfen.
    Als Andrea ihm den schweren Eisenhaken aus dem Unterschenkel zog, kniff er die Augen zusammen.
    »Au!«
    »Also doch kein Held. Dann werde ich dir jetzt eine Narkose verpassen. Einverstanden?« Ihre Stimme klang ruhig und gelassen, die Ironie darin war allerdings unüberhörbar.
    »Tu bitte, was notwendig ist.« Das war der besonnene James.
    »Nun gut. Ich denke, dein Freund ist jetzt einverstanden.« Andrea wartete keine Antwort ab, sie suchte in dem Notfallkoffer heraus, was sie benötigte.
    Ein paar Minuten mussten verstreichen, ehe das Narkotikum wirkte. Dann säuberte sie sorgfältig die große Fleischwunde, ehe sie eine exakte Muskelnaht setzte. James, der als Einziger der Männer in der Nähe des Tisches stehen durfte, atmete schwer.
    »Nicht ohnmächtig werden, du musst die Haken weiter auseinanderhalten, damit ich mehr sehen kann.« Kurz sah Andrea zu ihm auf. James hatte die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, und Andrea hoffte, dass sie nicht in die Wunde tropften. Aber jetzt war keine Zeit, ihn zu bitten, sich den Schweiß abwischen zu lassen. Sie musste immer wieder das OP -Feld frei tupfen, damit sie den verletzten Muskel zusammennähen konnte. Sie arbeitete so ruhig und konzentriert, als befände sie sich in einem sterilen OP statt in einer Werkskantine.
    Es fand sich sogar ein Drainageröhrchen, das sie anlegte, damit ausreichend Wundsekret abfließen konnte. Dann setzte sie die adaptierenden Hautnähte und verband das Bein.
    »So, das war’s.« Sie atmete zweimal tief durch. »Wenn er in der Klinik ist, kann man noch eine Schiene anlegen und den verletzten Bereich kühlen.«
    Zwei der Fabrikarbeiter, die sich in der Nähe der Tür aufgehalten hatten und aus sicherer Entfernung dem ungewöhnlichen Geschehen zugeschaut hatten, applaudierten. »Das war ein Ding«, sagte einer. »Kompliment, Doc.«
    Andrea wandte sich kurz um. »Danke. Ich hab meinen Job gemacht, das war alles.«
    »Das war mehr.« James, der jetzt wieder entspannter wirkte, sah sie dankbar an. »Ich weiß nicht, was mit ihm geworden wäre ohne dich.«
    »Er hätte es sicher bis in die Klinik geschafft.«
    »Glaub ich nicht.«
    »Nun, dann bringt ihn jetzt so rasch wie möglich dorthin. Die Kollegen werden ihn perfekter versorgen, als es mir hier möglich war.«
    »Nein. Keine Klinik.« Die Stimme des Frischoperierten klang noch belegt, er war gerade wieder zu sich gekommen. »Kommt … kommt nicht in Frage.«
    »Kaum wach, schon wieder renitent.« Andrea schüttelte den Kopf. »Sie müssen umfassend versorgt werden. Ich habe hier nur das Notwendigste tun können. In der Klinik wird man die Verletzung optimal weiterversorgen können.«
    »Keine Klinik. Unsere Versuchsreihen … das muss weitergehen.«
    James legte ihm die Hand auf den Arm. »Daran solltest du gar nicht denken. Das kriegen wir schon hin. Deine Gesundheit ist jetzt am wichtigsten.« Er warf einen Blick zu Andrea. »Die Frau Doktor hat dich hervorragend zusammengeflickt, aber du musst jetzt in ein Krankenhaus und dich dort auskurieren.«
    »Nein!« Magnus schüttelte den Kopf.
    Andrea zuckte mit den Schultern. »Wenn er partout nicht will, müsst ihr ihn eben privat unterbringen und dort behandeln lassen. Er kann nicht laufen, der Verband muss kontrolliert werden, und eigentlich sollte das Bein geschient werden.«
    »Ecklund … das kann Ecklund in seiner Praxis machen.«
    »Wer ist das?«
    »Der einzige niedergelassene Arzt weit und breit. Dr. Johan Ecklund. Er wohnt am Ende des Ortes, an einer kleinen Bucht.« James schüttelte den Kopf. »Aber der ist viel unterwegs. Mal mit dem Auto, mal mit seinem Boot … er behandelt alle hier in der Umgebung, auch die Bewohner der weiter draußen liegenden Inseln.«
    Andrea warf einen Blick zurück zum Schiff. »Ich glaube, ich habe schon von ihm gehört.« Sie zögerte, sagte dann: »Ich wollte mir eigentlich den Ort ansehen. In anderthalb

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