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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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wie sie es in Düsseldorf geplant hatte.
    Vorgestern noch hatte sie der Gedanke an die Zukunft beängstigt. Doch plötzlich war alles anders.
    Hinter ihr in der Bar befand sich eine lange, verspiegelte Theke. Darin sah sie auf einmal schemenhaft das Gesicht von Magnus. Er lächelte sie an …
    Als sie hochschaute, sah sie in das gebräunte Gesicht eines Mannes, der jedoch nur eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Meeresbiologen besaß, den sie verarztet hatte. Der Fremde nickte ihr zu, und Andrea erwiderte den Gruß mit einem knappen Neigen des Kopfes. Dabei glitt ein Lächeln um ihre Lippen, das allerdings nicht dem Fremden an der Theke galt.

12
    W arum bist du nur so dickköpfig? Diese deutsche Ärztin hat dich perfekt versorgt, du könntest jetzt gemütlich in einem Krankenwagen liegen und hinüber nach Gravdal gefahren werden, um dich in der Klinik auszukurieren.«
    Magnus schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall. Der alte Ecklund kann das Bein neu verbinden, wenn es sein muss, und in vier, fünf Tagen bin ich wieder auf meinem Posten. Die Versuchsreihe muss zu Ende gebracht werden.« Er fuhr sich kurz mit der Hand übers Gesicht. Irgendwie verschwamm alles vor seinen Augen, und ihm war auf einmal schrecklich heiß. Was, zum Teufel, hatte diese Ärztin ihm gespritzt? »Fahr schneller, ich halte es schon aus.«
    Er biss sich auf die Lippe, als ein heftiger Schmerz sein Bein durchfuhr. Für die ungeschickte Bewegung, die er gemacht hatte, als er sich zu James vorbeugen wollte, der hinter dem Lenkrad eines modernen Range Rovers saß, musste er büßen.
    »Wenn das nur gutgeht.«
    »Hör auf zu unken!« Magnus biss sich wieder auf die Lippe, bis er Blut schmeckte. Verdammt, die Fahrt wollte offenbar kein Ende nehmen!
    Dann, endlich, tauchte das in L-Form gebaute Doktorhaus rechts vor ihnen auf. Das Grundstück war von einem weißen Lattenzaun umgeben. Neben der dunkelbraun lackierten Tür standen zwei rotbraune Kübel, in denen Birkenstämmchen ein kärgliches Dasein fristeten. Links an der ockergelben Hauswand, unter einem breiten Sprossenfenster, lehnte ein altersschwaches Fahrrad.
    »Gott sei Dank, es ist jemand da«, bemerkte James. Er parkte so dicht wie möglich vor dem Grundstück. »Warte hier, ich rufe den Doktor.«
    Auf sein Klingeln hin öffnete allerdings nicht Johan Ecklund, sondern Birgit Nerhus, die langjährige Haushälterin des Arztes. Das runde Gesicht war hochrot, die Schürze, die sie umgebunden hatte, voller Mehl und einigen Teigspritzern. »Der Doktor ist noch nicht zurück«, erklärte sie knapp. »Seid ihr heute alle verrückt geworden? Andauernd will einer was von ihm – und ich komme nicht zu meiner Arbeit.«
    »Tut mir leid, Birgit, aber ich bringe einen Notfall.« James, der die über Sechzigjährige seit langem kannte, ließ sich nicht abweisen. »Einer meiner Männer ist schwer verletzt und …«
    »Der Doktor ist aber nicht da.« Sie sah hinüber zum Wagen, wo Magnus auf dem Rücksitz saß und das verletzte Bein so gut wie nur möglich ausgestreckt hielt. »Wenn dein Freund schwer verletzt ist, müsst ihr rüber nach Gravdal.«
    »Nicht nötig. Er ist schon versorgt worden. Eine deutsche Ärztin, die zufällig auf einem Postschiff gefahren ist, hat Magnus bereits operiert. Er hatte einen Fischhaken im Bein. Aber jetzt will er nicht in die Klinik zur Weiterbehandlung, sondern sich hier auskurieren.«
    »Verrückt! Wir sind doch keine Sozialstation!« Aber ihr Blick ging dennoch besorgt zum Range Rover. »Kann er laufen, dein Kollege?«
    »Humpeln, denke ich, wird gehen.«
    »Ich hole Krücken.« Birgit eilte davon, trotz ihrer Rundlichkeit war sie höchst behände. Dann brachte sie Magnus in eins der beiden kleinen Zimmer, die im linken schmalen Anbau des Doktorhauses für Patienten eingerichtet waren, die sich für zwei, drei Nächte hier auskurieren sollten.
    »Brauchst du was?«, fragte sie knapp, als er sich stöhnend auf das schmale Bett sinken ließ. »Ein paar Schmerztabletten kann ich dir geben.«
    »Geht schon. Danke.« Aufseufzend streckte sich Magnus auf dem Bett aus. Verdammt, das Bein tat so weh, als würde man ihm mit einem glühenden Scheit in der Wunde herumstochern. Flüchtig dachte er daran, dass es wohl doch gescheiter gewesen wäre, in die Klinik zu fahren. Doch als er eine Weile still gelegen hatte, ließ das heftige Brennen nach.
    Magnus sah sich in dem kleinen Zimmer um, in dem außer dem Bett nur noch eine weiß lackierte Kommode stand, die aus dem vorvorigen

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