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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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kein Feuer, doch spätestens im September verbreitete ein Kaminfeuer wohlige Wärme.
    »Was du dir denkst …« Die Haushälterin stand seufzend auf und öffnete einen Flügel der Terrassentür. »Hilf Himmel!« Sie zuckte zusammen, als Holger wie von tausend Furien gehetzt an ihr vorbeistürmte.
    Brutal stieß er sie zur Seite, rannte in die große Diele und verkroch sich wimmernd unter einer alten, kunstvoll geschnitzten Bank.
    »Das hat mir gerade noch gefehlt.« Mühsam stand Dr. Ecklund auf. »Holger, du verflixter Mistkerl, was hast du dir eingeworfen?«
    »Aber … aber das kann doch nicht sein!« Birgit rang die Hände. »Er nimmt seit anderthalb Jahren keine Drogen mehr. Er ist damals in schlechte Gesellschaft geraten und hat sich verführen lassen. Doch er hat eine Entziehungskur gemacht und ist seitdem clean. Johan, du glaubst doch nicht wirklich, dass …«
    »Wenn der Junkie keine Halluzinationen hat, dann hab ich keinen Doktortitel.« Johan Ecklund beugte sich vor und streckte Holger die Hand hin. »Komm raus, Junge.«
    Ein irres Lachen war die einzige Reaktion.
    »Bitte, Holger, komm zu mir. Ich will dir doch helfen.« Birgit Nerhus, die sich seit dem frühen Tod ihrer Schwester um die beiden Neffen gekümmert hatte, kniete sich vor die alte Bank.
    »Weg da! Hexe! Hilfe!« Schreiend schlug und trat Holger nach seiner Tante, die plötzlich, von einem Tritt gegen den Kopf getroffen, zur Seite kippte.
    »Jetzt reicht’s aber!« Johan Ecklund zog Holger, der noch lauter schrie, an einem Bein aus seinem Versteck. »Du Vollidiot, was hast du genommen?« Er wollte ihn aufrichten, um ihm in die Augen sehen zu können, doch in seinem Drogenwahn schlug Holger immer heftiger um sich.
    Der alte Arzt bekam einen kräftigen Hieb gegen die Brust, er taumelte rückwärts, versuchte sich festzuhalten und verlor dennoch die Balance. Sein Schrei mischte sich mit Holgers irrem Kreischen. Mit verrenktem Arm und halb besinnungslos blieb der Arzt liegen.
    Holger schlug die Hände vors Gesicht, sein Schreien war erneut in leises Wimmern übergegangen.
    Birgit rappelte sich mühsam auf und tastete nach dem Telefon, das auf einem schmalen Schrank an der Längsseite der Diele stand. Nachdem sie den Notruf gewählt hatte, schleppte sie sich zu Johan Ecklund zurück. »Gleich kommt Hilfe.« Sie versuchte ihm aufzuhelfen, musste dieses Unterfangen aber rasch wieder aufgeben.
    Eine halbe Stunde später war der alte Arzt auf dem Weg in die Klinik. Holger hatte sich, von Birgit unbemerkt, davongemacht, während die Sanitäter sich um Dr. Ecklund kümmerten und ihn in die Klinik nach Gravdal brachten.
    Birgit war froh, ihren Neffen nicht mehr sehen zu müssen. Sie schloss die Terrassentür, verriegelte die Haustür. Dann griff sie zum Telefon.
    »Ein Unglück. Ein schreckliches Unglück ist passiert. Bitte, Doktor Andrea, komm zurück!«

30
    S chön, dich zu sehen, Magnus. Du warst lange nicht mehr hier. Nimmst du einen Drink?« Jovial begrüßte Kjell Blomquist den jungen Meeresbiologen.
    »Danke, Kjell.« Magnus nahm den Cognacschwenker und trank Kjell Blomquist zu.
    Lilian trat neben ihn und hakte sich bei ihm ein. In ihren Augen glitzerte Triumph. Sie hatte wieder einmal erreicht, was sie wollte. Magnus war ihren Reizen erlegen – so, wie es schon immer gewesen war. Lilian war noch keinem Mann begegnet, der ihr auf Dauer hätte widerstehen können. Zugegeben, Magnus war ein Sonderfall, ihn liebte sie wirklich – soweit sie zu einem solchen Gefühl fähig war. Sie wollte ihn haben! Und sie würde ihn bekommen!
    Das Abendessen war exzellent wie immer. Zunächst gab es einen Cocktail aus Flusskrebsschwänzen, danach hauchzarten Rentierschinken mit geeisten Melonenkügelchen. Das Hauptgericht, auf den Punkt gebratenes Rinderfilet, war ein Gedicht. Lilian wusste, dass das Magnus’ Lieblingsessen war, und hatte der Köchin einen entsprechenden Auftrag gegeben.
    Das Dessert wurde durch Espresso ersetzt, und nachdem sie den belebenden Kaffee, gemeinsam mit einem Aquavit, genossen hatten, stand Kjell Blomquist auf. »Bevor ich dir zeige, welche Überraschung wir für dich haben, möchte ich dir meine beiden neuen Bilder zeigen. Lilian hat sie in einer Galerie gesehen und spontan gekauft.«
    Kjell Blomquist besaß eine weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannte Sammlung zeitgenössischer Kunst. Zwei große Räume, die sich an sein Arbeitszimmer im ersten Stockwerk des weitläufigen Hauses anschlossen, beherbergten ungeahnte

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