Mittsommersehnsucht
dass du in deiner Arbeit aufgehst. Das schätze ich sehr. Es ist immens wichtig, die Schätze unseres Meeres zu erhalten – und erst einmal richtig zu erforschen.« Er lachte selbstgefällig. »Was ich dazu beitragen kann, damit du das in Ruhe tun kannst, soll geschehen. Vielleicht schreibst du sogar mal ein Buch über deine Forschungen. Das wäre doch naheliegend.«
Magnus trat ein paar Schritte zurück. »Nimm’s mir nicht übel, Kjell, aber … das ist ein Irrtum. Ich weiß nicht, was Lilian dir erzählt hat, aber es stimmt so sicher nicht. Ich mag deine Tochter. Sehr sogar. Sie ist bezaubernd. Aber … ich liebe sie nicht. Zumindest nicht so sehr, dass es für ein gemeinsames Leben ausreichen würde.«
»Ach was, das redest du dir ein. Ich hab dich zu lange allein gelassen, das ist alles.« Lilian hängte sich an seinen Arm und schmiegte den Kopf an seine Schulter. »Du liebst mich. Hast du vergessen, wie du es mir eben noch gezeigt hast?«
»Lilian!«
»Ach was, das kann Paps ruhig wissen. Er ist ja nicht von gestern.«
Magnus schob ihre Hand von seinem Arm. »Und ich bin kein Spielzeug, Lilian.« Er verbeugte sich knapp vor Kjell Blomquist. »Tut mir leid. Entschuldigt mich bitte.«
Ohne sich umzudrehen, stürmte er aus dem Haus.
Aus schmalen Augen sah Lilian ihm nach. »Du kannst nicht vor mir davonlaufen, Magnus«, flüsterte sie. »Ich will dich – und ich kriege dich!«
31
S o etwas Irres.« Entspannt lehnte sich Andrea in ihrem Sitz zurück. »Da fliegst du eine lange Strecke, nur um mich noch mal zu sehen – und jetzt sitzen wir gemeinsam im Flugzeug und reisen den gleichen Weg zurück.«
Carina nippte an dem heißen Kaffee, den die Stewardess eben serviert hatte. »Du hast recht. Allerdings kennst du meine Heimatstadt noch nicht. Ich hätte dir gerne die wenigen Sehenswürdigkeiten von Narvik gezeigt, aber dazu ist ja leider keine Zeit. Nicht mal mit der Seilbahn werden wir fahren können.« Sie machte eine knappe Handbewegung. »Dabei hat man vom Fagernesfjell – so heißt der Berg, der über unsere Stadt wacht – einen herrlichen Blick auf die Bucht und den Fjord.«
»Und wenn wir einfach einen Tag bleiben? Ich habe Birgit ja nicht meinen genauen Ankunftstag genannt.«
Carina strahlte. »Das wäre toll! Das Wetter ist ideal, du kannst von oben die Mitternachtssonne bewundern – so herrlich siehst du sie nie wieder.«
»Na ja … ich hab jetzt schon so viel Spontanes gemacht, da kommt es auf diese Unternehmung auch nicht mehr an.« Andrea lachte. »So ein turbulentes Leben hab ich noch nie geführt. Selbst in den USA , wo es doch so hektisch zugeht, war ich sesshafter. Hier aber reise ich hin und her – und weiß immer noch nicht, wo ich endgültig landen werde.«
»Nimm’s als Fingerzeig des Schicksals.« Carina sah aus dem Fenster, wo unter ihnen die Küste zu erkennen war. »Wir Norweger glauben fest daran, dass alles Bestimmung ist im Leben.«
»Ja, ja, die Trolle haben es wahrscheinlich prophezeit.« Andrea verzog das Gesicht zu einer kleinen Grimasse. »Als Wissenschaftlerin möchte ich eher behaupten, dass es eine Verkettung von mehr oder weniger unglücklichen Zufällen ist. Wenn Jonas mich nicht betrogen hätte, wenn ich Magnus und dich nicht kennengelernt hätte, wenn Dr. Ecklund nicht krank geworden wäre …«
»Wenn … wenn … Das sind keine Zufälle, glaub mir! Es ist Schicksal, dass du wieder zu den Lofoten zurückkehrst. Und ich auch.« Die junge Kriminalbeamtin beugte sich vor. »Sieh mal runter, unter uns erkennst du den Ofort-Fjord. An seinem Ende liegt meine Heimatstadt in einer herrlichen Bucht.« Sie lächelte. »Ehrlich gesagt, ist die Lage das Schönste an Narvik. Ansonsten gibt es nicht viel zu bestaunen, deshalb hab ich ja auch immer wieder versucht, von hier wegzuziehen. Eine Stelle in Tromsø hatte ich mir gewünscht. Da ist es wegen der vielen Studenten lebendiger, es ist immer was los, ganz im Gegensatz zu Narvik. Das ist ein ziemlich schmuckloser Industrieort. Am wichtigsten ist für die Gegend hier der Hafen, der dank des Golfstroms das ganze Jahr über eisfrei bleibt. Deshalb wird hier seit Jahrzehnten Eisenerz verschifft. Das meiste kommt aus Kiruna.«
»Das liegt aber schon in Schweden, nicht wahr?«
»Genau. Man hat schon vor mehr als hundert Jahren eine Eisenbahn vom Nachbarland bis hierher zum Hafen gebaut. Es war eine außergewöhnliche Leistung für die Zeit damals. Du wirst sehen, es gibt etliche Denkmäler in der Stadt, die an diese
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