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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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bisschen merkwürdig ist.»
    Nach vielen Versuchen hatte Dick endlich mit seinen Anrufen bei Lol Erfolg gehabt und darauf bestanden, dass er gleich bei ihm vorbeikam. Er wollte, seinem Seelenfrieden und seiner beruflichen Stellung zuliebe, genau wissen, was geschehen war und ob diese Ereignisse möglicherweise auf ihn zurückfallen könnten.
    Lol hatte jetzt nicht mehr den netten alten Dick vor sich, der in seinem Erfolg als Therapeut schwelgte und begeistert schöne Theorien zusammenstrickte.
    «Ich habe den Eindruck, dass sie nicht unbedingt wissen
wollen
, ob es dasselbe Schwert ist», sagte Lol.
    «Das ist ja auch verständlich. Es geht schließlich um einen Selbstmord. Dieses   … Pulsadernaufschneiden wird immer noch oft gemacht, auch wenn es heutzutage bessere Methoden gibt. Einfach ist es jedenfalls. Allerdings ist es eine größere Belastung für denjenigen, der die Leiche findet. Diese Waffe hatte für Moon zweifellos hohen Symbolwert, aber das hat für die Polizei keine Bedeutung. Und warum zum Teufel hat Denny die ganze Zeit nichts gesagt? Glaubst du vielleicht, ich hätte ihren Plan unterstützt, dort einzuziehen, wenn ich gewusst hätte, dass ihr Vater es in genau demselben   … Wann findet die amtliche Untersuchung der Todesursache statt?»
    Also:
Werde ich vorgeladen? Was sage ich dann am besten?
    «Das Verfahren wird morgen eröffnet, aber es geht erst mal nur darum, dass Denny die offizielle Identifizierung vornimmt, damit sie die Leiche für die Beerdigung freigeben können. Anschließend kann sich das Verfahren noch Wochen oder Monate hinziehen, bis sie die Ergebnisse der Obduktion ausgewertet haben.»
    «Sie haben sich noch nicht bei mir gemeldet.»
    «Vielleicht spielst du für sie keine Rolle, Dick», sagte Lol kühl.
    Er hasste den Gedanken, dass Dick hoffte, bei der amtlichen Untersuchung würden möglichst wenige Erkenntnisse veröffentlicht, sodass er mehr unpubliziertes Material für seinen eigenen Artikel über Moons Fall zur Verfügung hätte. Wirklich, Lol
hasste
diesen Gedanken.
    Aber die amtliche Untersuchung würde ohnehin alles falsch darstellen, oder? – Andererseits wusste Lol auch nicht, wie es wirklich gewesen war.
    «Hör mal   … mmh.» Dick lehnte sich zurück. «Lol, ich möchtenicht, dass du dir die Schuld an der Sache gibst. Du hast versucht, ihr nahezukommen, und es hat nicht funktioniert. Vielleicht war es ein Fehler, das werden wir nie erfahren. Wir müssen akzeptieren lernen, dass wir das nie wissen werden, und   … und   … es damit gut sein lassen.»
    Gerade war die Geschichte ein bisschen umgeschrieben worden: als ob es Lols Entscheidung gewesen wäre zu versuchen, Moon näherzukommen, und zwar mit Dicks äußerst zögernder, vorsichtiger Billigung.
    «Also», Dick erhob sich, «danke, dass du vorbeigekommen bist. Ähm   … die ganze Sache spielt doch für die Aufnahme im Tonstudio keine Rolle, oder? Denny   … bestimmt tut es ihm gut, wenn er etwas hat, mit dem er sich ablenken kann.»
    Unmusikalische Boys mit Fender Toys.
    «Das ist garantiert genau das, was er jetzt braucht», sagte Lol.
    «Okay, Kumpel», sagte Dick. «Der Junge, verstehst du   … Er ist ziemlich schwierig und unzugänglich, und wenn er überhaupt etwas sagt, dann ist es irgendeine pubertäre Unverschämtheit. Geht inzwischen jeden Abend weg, treibt es so wild wie möglich. Wenn er nicht mit seiner Band zusammen ist, hängt er mit so einem Mädchen rum, das seine Angel nach ihm ausgeworfen hat. Mir ist es zurzeit wirklich lieber, wenn er sich bei Denny im Studio mit der Band beschäftigt. Jedenfalls zumindest, bis der Sonntag vorbei ist.»
    «Wieso Sonntag?»
    «Da findet während der Abendmesse in der Kathedrale seine Inthronisation als Kinderbischof statt. Der Bischof führt die Zeremonie selbst durch, und die Kirche ist garantiert bis auf den letzten Platz voll. Wenn wir das doch schon hinter uns hätten.»
    «Du glaubst immer noch, er könnte einen Rückzieher machen, stimmt’s?»
    «Nicht, wenn der kleine Scheißer auch nur den Funken einer Ahnung hat, was gut für ihn ist», zischte Dick durch die Zähne. Dann lachte er über seine eigene Gehässigkeit. «Sieh mal, Lol   – Moon war krank, sie war schwerer krank, als irgendeiner von uns geahnt hat. Wir alle müssen uns Vorwürfe machen – Denny, du, ähm   … ich und die Ärzte. Wir sollten die Sache nicht komplizierter machen, als sie ist, und aufpassen, dass wir nichts hineingeheimnissen. Auf die Weise können

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