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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Er hat die Sache übernommen.»
    Jane schnupperte in der Luft. «Du hast getrunken.»
    «Hey, was soll das? Ich habe bei einem Pub angehalten, um einen Magenbitter zu trinken.»
    Sämtliche Gäste hatten versucht, die Gestalt in dem Umhang, unter dem sich der Rand der Soutane zeigte, nicht allzu auffällig anzustarren: die erste weibliche Alki-Pfarrerin in der Diözese.
    «Hmm», sagte Jane. «Warum legst du dich nicht ins Bett? Ich bringe dir etwas zu trinken.»
    «Danke, Spatz.» Sie hätte am liebsten angefangen zu weinen.
    Wieder mal.
    Merrily nahm ihre Wärmflasche, kroch zwischen die Laken und begann zu schwitzen.
    So etwas hatte sie schon einmal erlebt: eine Panikattacke bei dem Gottesdienst zu ihrer eigenen Amtseinführung in der Kirche von Ledwardine. Und Halluzinationen   …
    Aber welcher kranke, gestörte Geist beschwor den widerlichen Denzil Joy herauf?
    Franny Bliss und sein Kollege hatten gesehen, wie sie zum Auto gehastet war, und vielleicht darauf gewartet, dass sie in die Kirche zurückkehrte. Aber sie war nicht zu St.   Cosmas und St.   Damian zurückgegangen.
    Es war alles vorbei. Ende.
     
    Jane brachte ihr eine heiße Schokolade.
    «Ist ein Tropfen Brandy drin.»
    «Auf die Art bringst du mich noch in die Betty-Ford-Klinik, mein Schatz.»
    Jane lächelte schwach.
    «Und wo warst
du
heute Abend?»
    «Ach   … ich hab   … mich nur mit ein paar Freunden getroffen.»
    «Die könnten doch auch mal hierherkommen. Platz haben wir schließlich mehr als genug.»
    «Ja», sagte Jane. «Vielleicht irgendwann mal.»
     
    Merrily sank in die verschwitzten Kissen und glitt in einen fiebrigen Schlaf. Manchmal hörte sie Pieptöne und Stimmen – die ebenso gut vom Anrufbeantworter wie von einem satanischen statischen Rauschen in ihrem benebelten Kopf stammen konnten.
    Kurz vor Mitternacht läutete das Telefon auf ihrem Nachttisch.
    «Huw?», fragte sie schlaftrunken.
    «Habe ich Sie geweckt, Merrily?»
    «Ja. Hallo Eileen.»
    «Unser Mann ist wieder da», sagte Cullen, «mit seinen Kerzen und seinen Fläschchen.»
    «Oh.»
    «Ich habe dir doch gesagt, dass ich dir Bescheid sage.»
    Merrily versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen. «Es ist gerade keine   … Besuchszeit, oder?»
    «Meine Güte, du musst wirklich tief und fest geschlafen haben. Nachdem Mr.   Dobbs allein in einem Überwachungszimmer liegt, ist mehr oder weniger
immer
Besuchszeit. Außerdem ist der Typ ziemlich glaubwürdig, was immer er dadrin vorhat.»
    «Du hast mit ihm gesprochen?»
    «Er hat sich tausendmal entschuldigt. Meinte, er wäre gern früher gekommen, hätte aber etwas Dringendes zu tun gehabt   … Hörst du noch zu, Merrily?»
    «Wie sah er aus?»
    «Oh   … Ende fünfzig, ziemlich groß, wilde graue Mähne. Außerdem trug er eine Pudelmütze und so einen alten Armeemantel. Hat geredet wie   … Wie heißt der Typ nochmal? Alan Bennett. Dieser Pfarrer ist ein richtiger Althippie, weißt du.»
    «Ja.»
    «Er ist immer noch drin und hantiert mit seinen Kerzen um Mr.   Dobbs rum. Vielleicht erwischst du ihn nicht mehr, wenn du jetzt losfährst, aber ich könnte ja versuchen, ihn in ein Gespräch zu verwickeln   …»
    «Nein», sagte Merrily niedergeschlagen, «schon gut, Eileen. Ich glaube, ich will ihn nicht sehen.»

29
Nebel
    Zuerst fühlte es sich an wie eine beginnende Erkältung, dieser schleimige, metallische Belag in der Kehle. Dann wachte sie ganz auf – erkannte, was es war, und wurde panisch.
    Er ist hier!
    Mit einem Aufkeuchen rollte sie sich aus dem Bett, kniete sich halb schluchzend hin und begann, den
Harnisch
zu murmeln, während sie auf dem Teppich nach ihrem Umhängekreuz tastete.
     
    «…   in dem ich sie anrufe,
    die drei in Einem und den Einen in den dreien,
    der alle Natur geschaffen hat,
    Ewiger Vater, Geist, Wort   …»
     
    Sie fiel nach Luft schnappend gegen das Bett.
    War er weg? Vielleicht.
    Nach einer Weile setzte sie sich auf, griff automatisch nach den Zigaretten und dem Feuerzeug, stand auf, streifte den alten Hausmantel aus Wolle über und verließ das kalte, ungemütliche Schlafzimmer.
    Sie atmete tief ein. Das Licht, das durch das Treppenhausfenster hereinfiel, war grau wie nasser Beton. Der Garten untensah genauso aus, wie sie sich fühlte: erstickt von Nebel. Schwankend stand sie auf dem Treppenabsatz, ihr war schwindelig, sie hatte Angst, die Treppe hinunterzufallen, und klammerte sich an den Geländerpfosten, die Zigarette zwischen den Lippen. Sie versuchte schwitzend und

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