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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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richtete seine Aufmerksamkeit auf sie wie ein geladenes Gewehr, «ich möchte, dass Sie über etwas nachdenken.»
    Er trat einen Schritt zurück und musterte sie – kritisch, dachte Merrily – in ihrem schwarzen Pullover mit dem Wollrock und dem fadenscheinigen Pseudo-Barbour über der Stuhllehne.
    Egal, worum es dieses Mal geht
, dachte sie –
heute nicht.
    «Was für ein Zufall, dass wir gerade über Dobbs und Owen gesprochen haben. Die Frage nach dem Traditionalismus – ich möchte das zum Thema bei der nächsten Generalsynode machen, und ich möchte, dass Sie, Merrily, sich ein paar Gedanken für einen Vortrag über das machen, was ich in Ermangelung einer bes seren Bezeichnung den
Neuen Beratungsdienst für spirituelle Grenzfragen
nenne.»

    Sie starrte ihn an. «Ich?»
    «Natürlich Sie. Ich glaube schließlich, gerade dem Neuen Beratungsdienst ins Gesicht zu sehen.»
    «Michael, ich weiß nicht, was Sie unter ‹Neu› verstehen. Bestimmt ist doch die ganze   …»
    «Sie wissen ganz genau, was ich meine, Merrily. Denken Sie doch mal an unser Gespräch im
Green Dragon
. Aber wie dem auch sei, im Moment habe ich keine Zeit, näher darauf einzugehen. Wir sprechen noch vor Weihnachten ausführlich darüber, in Ordnung?»
    Merrily schwieg.
    «Sehr gut», sagte der Bischof knapp. Als er hinausging, läutete Merrilys Telefon.
     
    «Merrily. Franny Bliss hier. Erinnern Sie sich an mich? Wie geht es Ihnen?»
    «Ganz gut.»
    «So klingen Sie aber ganz und gar nicht. Sie hätten etwas sagen sollen – so haben wir Sie die ganze Zeit in der Kälte aufgehalten. Nicht dass es in der Kirche viel wärmer gewesen wäre. Es tut mir leid, dass Sie so schnell verschwinden mussten. Dieser Huw ist ja eine Marke, was? Für uns ist es jedenfalls noch ziemlich gut gelaufen.»
    «Wirklich?»
    «Ich werde Sie nicht mit den Einzelheiten langweilen, aber wir haben uns mit zwei reizenden älteren Damen unterhalten. Schwestern, Kirchgängerinnen und aktive Mitglieder in der Royal Society für den Vogelschutz. Sie haben uns auf einen Typ namens Craig Proctor gebracht. Er wohnt in der Nähe von Monkland. Dieser Craig ist, aus Gründen, die Sie nicht hören wollen – vor allem nicht, wenn Sie sich nicht besonders gut fühlen   –, ein Experte für den Fang von Wildvögeln. Die beiden alten Damen sind seit Monaten hinter ihm her, aber er ist clever, unser Craig – oder hat sich zumindest dafür gehalten. Jedenfalls hat er uns heute Morgen nach einer langen und höchst informativen Unterredung im Polizeirevier von Leominster erzählt, dass ein Typ, den er nicht kannte, zu ihm gekommen ist und ihm hundertfünfzig Pfund gegeben hat, damit er ihm eine lebende Rabenkrähe beschafft.»
    «Meine Güte.»
    Der Nebel drückte sich von außen wie ein Vorhang gegen das Fenster.
    «Genau», sagte Franny. «Und, was sagt Ihnen das, Merrily?»
    «Das sagt mir, dass Sie nicht nur nach ein paar Kids suchen, die sich ein paar Idiotenfilme angesehen haben.»
    «Hier geht es um was Ernsthaftes, meinen Sie nicht auch?»
    «Ja, obwohl ich nicht so genau weiß, was darunter zu verstehen ist. Haben Sie eine Beschreibung von ihm?»
    «Jung, Motorrad, Schnurrbart, harter Typ. Das hilft uns nicht viel weiter. Craig behauptet, ihn vorher noch nie gesehen zu haben.»
    «Verhaften Sie ihn?»
    «Nein. Er weiß, dass wir keine Beweise haben, und er hat nichts gesagt, was ihn belastet hätte.»
    «Sie haben einen Deal gemacht.»
    «Wir machen keine Deals, wie Sie genau wissen, Merrily. Denken Sie doch einfach bitte mal darüber nach, warum jemand hundertfünfzig Pfund ausgibt, um ein widerliches Opfer in einer Kirche zu bringen, die kein Mensch benutzt.»
    «Und noch dazu ein ziemliches Risiko eingeht», sagte Merrily. «Stretford selbst mag ja ein bisschen abgelegen sein, aber die Kirche ist
innerhalb
von Stretford keineswegs abgelegen. Haben Sie mit Huw darüber gesprochen?»
    «Na ja, ich hab versucht, ihn zu erreichen, aber er war nicht zu Hause.»
    «Er ist ein ziemlich vielbeschäftigter Mann», sagte Merrily leise.
     
    Sophie hatte ihr durch eine Geste zu verstehen gegeben, dass sie auf einen Sprung weggehen würde. Merrily überlegte, ob sie warten sollte, bis sie wieder da war. Sie wollte wissen, woher Sophieüber ihren gestrigen Fehlschlag Bescheid wusste und warum sie es vor dem Bischof so eilig gehabt hatte, das Thema zu beenden.
    Als Sophie zur Mittagszeit noch nicht zurück war, schaltete Merrily ihren Computer an und schrieb den Brief.
    Sie hatte

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