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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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oder? Ich hätte nie geglaubt, dass ich eines Tages als Erzieherin der Kinder von jemand anderem ende, auch wenn es die Kinder meines Bruders sind. Aber für dieses Mädchen kann ich nicht auch noch die Verantwortung übernehmen – das habe ich Steve auch gesagt. Und jetzt hat sie ein Auto. Was machen Sie?»
    «Ja, ich verstehe das Problem.»
    «Nein, ich meine, was
machen
Sie. Welchen Beruf haben Sie?»
    Es klingelte an der Tür.
    «Ich bin   … ich bin Pfarrerin.»
    Das schien Mrs.   Straker erst einmal verdauen zu müssen, denn sie schwieg einen Moment, bevor sie sagte: «Oh, damit habe ich allerdings nicht gerechnet. Das ist wirklich komisch.»
    Es klingelte wieder, zwei Mal, und anschließend betätigte jemand den Türklopfer.
    «Was ist denn daran komisch?»
    «Bei Ihnen ist jemand an der Tür, meine Liebe», sagte Mrs.   Straker. «Gehen Sie lieber hin. Sie können mich ja später noch einmal anrufen, wenn Sie möchten.»
    «Was ist daran komisch, Mrs.   Straker?»
    «Es ist überhaupt nicht komisch, Mrs.   Watson.
Sie
jedenfalls würden es nicht komisch finden, das kann ich Ihnen garantieren.»

33
Sie haben sich verwählt
    Vor der Tür stand Annie Howe. In dem trüben Wetter wirkte sie noch jünger, schicker, frischer und energischer.
    «Ah, Sie sind also
doch
da, Mrs.   Watkins. Ich war gerade auf dem Weg von Leominster und habe mir gedacht, ich schaue einfach mal vorbei.» Sie warf einen kurzen Blick auf den Hausmantel – und bemerkte zweifellos auch die Flecken und die ausgebeulten Taschen. «Sie fühlen sich wirklich nicht gut, oder?»
    «Nicht besonders.»
    «Grippe?»
    «Nein, Sie können ruhig hereinkommen», sage Merrily. «Sie werden sich schon nicht anstecken.»
    «Das tue ich ohnehin selten. Sind Sie vielleicht einfach vollkommen erschöpft?»
    «Das kommt schon eher hin.»
    Howe betrat die Küche mit einem leichten Naserümpfen. In ihrer Küche gab es vermutlich nichts als rostfreien Stahl, Massivholz und eine Atmosphäre wie im Leichenschauhaus. Sie setzte sich an den Tisch und schob den Aschenbecher weg.
    «Mrs.   Watkins, es geht nochmal um die Sache mit Paul Sayer.»
    Merrily füllte den Wasserkessel. «Um die scheint es ja ziemlich still geworden zu sein.»
    «Deswegen sind wir damit auch nicht mehr an die Öffentlichkeit gegangen. Ich frage mich, ob wir es jetzt tun sollten.»
    «Möchten Sie, dass ich den Fall in einer Predigt erörtere?»
    Howe lächelte knapp. «Wie wär’s mit einer Zynismus-Auszeit?»
    «Kein Problem. Sorry, sprechen Sie weiter.»
    Wie sollte sie sich verhalten? Wenn Howe wüsste, dass sie dabei war, den Exorzistenjob hinzuwerfen, würde diese Unterhaltung vermutlich gar nicht stattfinden. Es war allerdings unwahrscheinlich,dass sie es heute noch erfahren würde, weil der Bischof noch in London war. Na gut, sag nichts.
    «DS Bliss hat sich bei Ihnen gemeldet, glaube ich», sagte Howe.
    «Er hat mir von dem Krähen-Lieferanten erzählt. Sind Sie da schon weitergekommen?»
    «Leider nicht. Sie scheinen einfach das Geld bezahlt, die Krähe mitgenommen und sich wieder zurückgezogen zu haben. Allerdings – das haben Sie ja selbst festgestellt – handelt es sich in Anbetracht der Summe bei den Leuten, die in diese Sache verwickelt sind, nicht um die üblichen   … wie soll ich sagen   …?»
    «Rotznasen.»
    «Genau.»
    «Haben Sie denn schon öffentlich bekannt gegeben, dass Sayer ermordet wurde?»
    Howe schüttelte den Kopf. «Wir bleiben bei der Formulierung ‹ungeklärte Umstände›. Sie können sich ja vorstellen, dass wir sämtliche Medien auf dem Hals hätten, wenn wir die Presse über Sayers kleines Hobby informieren.»
    «Ganz besonders, wenn Sie ihnen ein paar Fotos dazu liefern.»
    «Allerdings. Aber abgesehen von den geschmacklosen Sensationsmeldungen, die wir damit provozieren würden, glaube ich nicht, dass es uns bei den Ermittlungen helfen würde. Ich bin nicht der Ansicht, dass die Leute, mit denen wir reden müssten, überhaupt jemals die Boulevardpresse lesen. Es
kann
sein, dass Sayer einfach ein ekelhafter Wichser war. Wir haben unter einer Fußbodendiele ein paar Videos mit so etwas wie Kulthandlungen gefunden, aber wir wissen nicht, ob Sayer an den dargestellten Ereignissen selbst beteiligt war oder ob es sadistische Pornofilme sind, die er sich nur zu seinem Privatvergnügen gekauft hat. Sie sind ziemlich drastisch.»
    «Also sind es keine Filme, die man einfach im Handel kaufen kann?»
    «Nein, dafür reicht die Qualität nicht. Das

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