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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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noch einmal erfolglos darüber nach, was Huw und Dobbs miteinander verband.
     
    Irgendwann wachte sie wieder halb auf, weil ihr schwach bewusst wurde, dass ihre Handflächen juckten. Dann schoss die Kälte in ihr empor, von der Vagina bis zur Kehle, sie warf sich aus dem Bett, kroch in die Ecke des Zimmers, die noch feucht vom Weihwasser war, und krümmte sich schwitzend und zitternd vor Angst zusammen. Auf der roten Leuchtanzeige ihres Weckers sah sie, dass es vier Uhr morgens war, genau die Uhrzeit, um die Denzil Joy im General Hospital gestorben war.
    Und da drüben, in einer Gestankwolke aus Wundbrand und Katzenpisse, richtete sich in ihrem Bett ein Schatten auf.

34
Eine Party
    Die Außenbeleuchtung ging an, und die Hintertür wurde aufgezogen.
    Irgendwo aus den Tiefen des steinernen und getäfelten Herzens von
The Glades
drangen Klavierspiel und ein Dutzend brüchiger Sopranstimmen, die sich zu etwas vereinten, das ein Kirchenlied sein mochte.
    «Ah.» Susan Thorpe kam in ihrem irischen Pullover, einem lila Rock und Reitstiefeln einen Schritt heraus. «Sehr gut. Wir haben schon gedacht, Sie wagen sich bei diesem Wetter nicht hinaus.»
    Kein «Wie nett von Ihnen, dass Sie trotz des Schnees gekommen sind». Mrs.   Thorpe schien der Ansicht zu sein, dass die Beratung für spirituelle Grenzfragen so eine Art Sozialdienst war, den sie mit ihren Steuern finanzierte.
    Die Stimmen der Sängerinnen stiegen schrill an und wurden dann unter einem mächtigen Klavierakkord begraben.
    «Wenn es um Partys geht, kann ich nie nein sagen», sagte Merrily.
    In der Diele zog sie ihren falschen Barbour aus. Darunter trug sie einen abgewetzten schwarzen Mohairpullover über einem zweiten Pulli. Ihr größtes Pektorale hing zwischen den beiden Schichten. Susan Thorpe wirkte erleichtert, dass sie nicht in der Soutane gekommen war. Ihr Ehemann Chris sah das offenkundig anders.
    «Das wird doch ein
richtiger
Exorzismus, oder?» Er war sehr groß, seine Augen wurden von wuchernden Augenbrauen überschattet, und er ging leicht gebeugt, als wäre er viel älter.
    Seine Frau warf ihm einen warnenden Blick zu. «Unsere Damen hier sind nicht
alle
komplett taub, wie du weißt.»
    «Damit wir uns recht verstehen», sagte Merrily. «Das wird überhaupt kein Exorzismus. Ein Exorzismus ist ein extremes Mittel, das normalerweise nur angewandt wird, wenn das wahrhaft Böse vertrieben werden muss.»
    «Und woher wissen Sie, dass das hier nicht der Fall ist?»
    «Ich weiß noch nicht, was es ist, Mr.   Thorpe.»
Noch nicht
– das war eine ziemlich optimistische Formulierung. «Falls sich herausstellen sollte, dass es sich um etwas, mmh, Bösartiges, handelt, müssen wir noch einmal überlegen.»
    Wenn Sie hier etwas wirklich Bösartiges hätten, würden Sie es wissen, das können Sie mir glauben   …
    «Bei mir gilt die Devise: Doppelt genäht hält besser», erklärte Chris Thorpe barsch. «Man muss hart durchgreifen. Wenn manRatten im Haus hat, legt man Gift aus und verstopft außerdem noch die Löcher.»
    Merrily lächelte ihn spöttisch an. «Da haben wir ja Glück, dass Sie kein Exorzist sind.»
    «Jetzt hör auf, Chris.» Susan Thorpe schob ihn in den Flur, der zu ihrem Wohnzimmer führte, und hielt Merrily die Tür auf. «Mein Mann ist eben ein Skeptiker. Er ist Physiklehrer.»
    Das Wohnzimmer wurde von einer Stehlampe nur schwach erleuchtet, doch es war viel aufgeräumter als bei Merrilys erstem Besuch. Das war vielleicht der molligen Frau zu verdanken, die gerade mit einem leergegessenen Kuchenteller auf den Knien ihren Tee trank.
    «Das ist meine Mutter, Edna Rees. Und das hier ist Mrs.   Merrily Watkins, Mutter. Sie ist Dobbs’ Nachfolgerin.»
    Die ehemalige Haushälterin des Kanonikus hatte rote Wangen wie eine Bauersfrau und trug im Haus ihren Hut. Wie viele Frauen gab es wohl, die das heutzutage noch machten? Sie stellte ihre Tasse ab und musterte Merrily in aller Ruhe.
    «Sie erscheinen mir sehr jung, Mrs.   Watkins.»
    «Ich weiß nicht recht, wie ich das verstehen soll, Mrs.   Rees.»
    «Oh, ich glaube schon, meine Liebe.»
    Merrily lächelte.
Wie schaffe ich es, mich allein mit ihr zu unterhalten?
    Susan Thorpe runzelte die Stirn. «Ich weiß nicht, wie lange Sie für diese Sache normalerweise brauchen, Merrily. Unser altehrwürdiges Geburtstagskind liegt jedenfalls normalerweise um zehn Uhr im Bett.»
    «Und bis dahin ist oben niemand?»
    «Jedenfalls keine lebende Seele», sagte Mrs.   Rees sanft.
    Chris Thorpe warf

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