Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
einen Blick auf Merrilys Schultertasche. «Haben Sie da so eine Art Ausrüstung drin?»
    «Ich brauche keine Steckdose, falls Sie das wissen wollten.»
    «Chris, warum kümmerst du dich nicht um irgendwas anderes?», fragte Susan Thorpe gepresst.
    «Das ist mein Haus. Ich habe ein Recht zu erfahren, was hier vorgeht.»
    «Sie scheinen aber nicht zu glauben, dass die Sache etwas bringen könnte», sagte Merrily. «Es ist einfach so, dass wir so etwas normalerweise in Gesellschaft von Menschen machen, die etwas positiver eingestellt sind – mit ein paar Gläubigen, verstehen Sie? Sind denn überhaupt praktizierende Christen im Haus? Was ist mit der Frau die   … ihn gesehen hat? Helen?»
    «Die überwacht die Party», sagte Susan. «Passt auf, dass die Damen es nicht zu wild treiben. Aber sie will ohnehin nichts damit zu tun haben. Christinnen haben wir hier genug, aber leider sind das genau die, die wir nicht beunruhigen wollen. Ich fürchte, Sie sind auf sich allein gestellt, Merrily. Kann ich Ihnen zur Stärkung eine Zigarette anbieten?»
    «Danke. Vielleicht danach. Könnten Sie mir jetzt einfach die Stelle zeigen?»
    «Machen Sie sich keine Sorgen.» Mrs.   Rees stellte Tasse und Teller ab. «Ich komme mit Ihnen.»
    Bestens.
    «Sind Sie auch bei Kanonikus Dobbs mitgegangen, Mrs.   Rees?»
    «O nein, niemals.» Mrs.   Rees stand auf und klopfte ein paar Krümel von ihrem Faltenrock. «Das war schließlich nichts für
Frauen

     
    Jane und Rowenna bestellten sich im
Little Chef
zwischen Hereford und Leominster Kaffee und Doughnuts. Nervös rührte Jane in ihrer Tasse. «Ich hab ihr nicht mal gesagt, dass ich heute Abend weggehe. Bei uns lebt inzwischen jede ihr eigenes Leben.»
    Rowenna störte so etwas nicht. «Du bist jetzt eine erwachsene Frau. Du lebst nach deinen eigenen Regeln.»
    «Ja, aber   …» Jane sah aus dem Fenster auf den Parkplatz und eine Tankstelle. Sie hatte Rowenna in den letzten Tagen wenig gesehen. Als sie morgens auf den Schulbus wartete, war der lindgrüne Fiesta auf dem Marktplatz von Ledwardine aufgetaucht.
    Sie hatte sich überlegt, ob sie Rowenna erzählen sollte, was Dean Wall behauptet hatte. Wenn jemand solche Gerüchte über einen verbreitete, sollte man es wenigstens wissen. Aber als sie ins Auto gestiegen war, hatte Rowenna gleich gesagt: «Rat mal, wer mich gestern angerufen hat.»
    Jane schob ihren Teller mit dem Doughnut weg.
    «Jetzt guck nicht so besorgt.»
    Rowenna trug einen neuen Mantel aus weichem weißem Leder, Jane den Duffelcoat, der zur Schuluniform gehörte. Die Leute hielten sie wahrscheinlich für eine Anhalterin, die von dieser netten Dame mitgenommen worden war.
    «Glaubst du, dass sie uns eine Moralpredigt halten wird?»
    «Keine Ahnung», sagte Rowenna. «Und wennschon.»
    «Ich war so abgenervt, als ich aufgestanden bin, dass ich nicht mal den Sonnengruß gemacht habe.»
    «Was sollte sie schon unternehmen?», sagte Rowenna. «Dich verhaften lassen? Mach nicht so ein Gesicht, diese Leute sind nicht   …» Jane wischte sich mit der Serviette einen Krümel vom Mundwinkel. «Weißt du, was dein Problem ist? Dieser Langweiler-Anglikanismus deiner Mutter zieht dich komplett runter. Diese Religion ist die totale Spaßbremse, Kleine. Man verbringt sein ganzes Leben mit Opfern und Entsagung, weil man auf irgendeine Belohnung im Himmel hofft, obwohl man nicht mal sicher sein kann, dass man sie auch bekommt. Das ist doch ein total mieser Handel.»
    «Ja, ich weiß.»
    «Sie verschwendet ihr ganzes Leben mit diesem Scheiß – unddie Bezahlung dafür ist ein Witz, oder nicht? Ich meine, da habt ihr dieses große Haus, aber kein Geld, um was draus zu machen. Was soll das? Deine Mutter ist noch ziemlich attraktiv. Ich verstehe sehr gut, dass du genervt bist.»
    «Ich kann nicht für sie entscheiden.»
    «Nein? Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mich geradezu verpflichtet fühlen, sie irgendwie zu retten. Man sieht doch, dass sie Talent hat, medial veranlagt ist und so weiter, aber was macht sie damit? Sie spült es im Klo runter.»
    Jane lachte gereizt. «Na klar, heute Abend komme ich nach Hause und sage: ‹Hör mal, Mom, ich hole dich aus diesem Elend raus. Warum kommst du nicht mal mit zu meiner Gruppe und lernst ein paar coole spirituelle Übungen?›»
    «Du unterschätzt dich, Jane. Du kannst das viel subtiler durchziehen», sagte Rowenna. Es lag ein neuer Klang in ihrer Stimme, eine Aggression – und ein ganz und gar nicht subtiler Wechsel

Weitere Kostenlose Bücher