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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Ornat.
     
    Merrily sah sich aufgeregt nach einem Kirchendiener, einer Reinigungskraft, irgendwem mit einem Mopp und einem Eimer um.Die Leute starrten sie von beiden Seiten des Mittelgangs aus an, als wäre sie eine hysterische Hausfrau mit krankhaftem Putzfimmel.
    Doch Merrily sah den besudelten Altar von St.   Cosmas vor sich, auf dem das halb angetrocknete Opferblut Blasen geschlagen hatte. Doch
dieses
Blut befand sich beinahe genau im Zentrum der Kathedrale, und es war noch warm, und es war menschliches Blut, hell und rein, und es war verdammt viel davon.
    Der Chor sang weiter. Der Kinderbischof und sein Gefolge waren in Richtung des nördlichen Querschiffs gezogen, um Cantilupe und seinen Grabfragmenten die Ehre zu erweisen.
    Sie sollte dort sein. Sie sollte neben ihnen an dem auseinandergenommenen Schrein stehen, wo gleich die Tür in der Trennwand geöffnet werden würde und wo Dobbs zusammengebrochen war. Aber – ja, o.   k., das war vielleicht
irrational
– sie musste auch dafür sorgen, dass dieses Blut hier verschwand   … die magischste aller Substanzen bei der Erscheinung von   … was?
Was?
    Sophie kümmerte sich um die Frau. Sie hatte ihren Kopf zurückgelegt, und Sophie betupfte ihre Nase mit einem feuchten Tuch, während die Frau ständig wiederholte, wie leid es ihr tat und dass man sich vermutlich keinen unpassenderen Moment für Nasenbluten vorstellen konnte.
    «Sie hat das ab und zu», erklärte ein bulliger, grauhaariger Mann leise. «Allerdings war es noch nie so stark. Vermutlich die Nerven. Es hört bestimmt gleich wieder auf.»
    Merrily sagte: «Nerven?»
    «Oh», murmelte er, «Mutter des Kinderbischofs und so weiter. Ist ziemlich stressig, das Ganze.»
    «Sind Sie Dick Lyden?»
    «Ja. Sagen Sie, können Sie mit dem Wegwischen nicht bis nach der Messe warten? Es wird schon niemand hineintreten.»
    «Das ist auch nicht das Hauptproblem, Mr.   Lyden. Das hier istdas Blut seiner
Mutter
», sagte sie mehr zu sich selbst, um sich darüber klarzuwerden, welche Bedeutung das haben könnte.
    «Ich möchte nicht, dass der Junge die Aufregung mitbekommt.» Dick Lyden zog ein weißes Taschentuch heraus und begann sich die Blutspritzer seiner Ehefrau von den Schuhen zu putzen. «Er ist ziemlich emotional veranlagt, verstehen Sie?»
     
    Jemand hatte James Lyden eine der Votivkerzen aus dem Halter gegeben, der normalerweise neben dem Schrein stand.
    «So sollte es eigentlich nicht sein», hörte Jane einen großen Pfarrer mit einem enormen Bart sagen, «aber ich bin sicher, dass St.   Thomas dafür Verständnis haben wird.»
    «Auf jeden Fall», sagte James Lyden, aber es klang, als wäre es ihm so oder so egal.
    Von Rowenna war nichts zu sehen.
    Jane drückte sich an einen der Spitzbögen. Sie sah genau zu, als der bärtige Pfarrer die Tür in der Trennwand aufhielt, hinter der das Grab war.
    Nur der Pfarrer und der Kinderbischof traten zu den Fragmenten des Schreins hinein – als lägen dort drinnen nicht einfach nur die steinernen Teile eines Grabmals, sondern die Reste von Cantilupes mumifizierter Leiche. Die beiden Kerzenträger in ihren weißen Gewändern warteten wie Wächter rechts und links der Tür. Einer von ihnen, ein stämmiger Typ mit wild abstehendem Haar, entdeckte Jane und grüßte sie, indem er eine Augenbraue hob. Sie hatte ihn noch nie zuvor gesehen und tat so, als habe sie nichts bemerkt.
    Der bärtige Pfarrer stand vor einem der Seitenpaneele mit den beschädigten Ritterfiguren. Ihre Gesichter waren wohl schon vor Jahrhunderten mit Hammer und Meißel und unbändigem Hass zerstört worden.
    Der Pfarrer faltete die Hände vor der Brust und schloss die Augen im Gebet. Er sah nichts.
    «Allmächtiger Gott», sagte er, «erinnern wir uns an diesem Abend an Deinen Diener Thomas, den Hüter dieser Kathedralkirche, den Beschützer der Schwachen, den Heiler der Kranken, den Freund der Armen, der Unseren Herrn so gut verstand, als er von Seinen Jüngern gefragt wurde: ‹Herr, wer ist der Größte im Reich Gottes?›, und er ihnen zur Antwort ein Kind zeigte und es mitten unter sie setzte.»
    Jane sah, wie sich James Lydens volle Lippen zu einem überheblichen Lächeln verzogen.
    Der Pfarrer fuhr fort: «Vater, wir bitten Dich darum, dass die Bescheidenheit, die Thomas Cantilupe in seiner Zeit als Bischof gelebt hat, heute Abend und immer von Deinem Diener James geteilt werde.»
    «Vergiss es», murmelte Jane.
    «Zu unserem größten Bedauern», sprach der Pfarrer, «ist der

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