Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
dich, Lol?»
    Sie stand so dicht vor ihm, dass er Staub auf ihrer Bluse erkennen konnte. Sie schien Staub geradezu anzuziehen. Den Staub der Jahrhunderte, dachte Lol. Sie lockte die Vergangenheit an.
    Weit weg warnte Radiohead in
Karma Police
davor, was einem passierte, wenn man sich mit UNS anlegte. Lol hörte fast nichts davon, so sehr pochte das Blut in seinen Schläfen.
    «Ich glaube, ich fürchte mich vor dir», flüsterte Lol verlegen, «und ich weiß nicht, warum.»
    Die Bewegungen waren so unmerklich, dass er kaum bemerkte, wie sie sich in seine Arme schmiegte, bis sie sich küssten und seine Hände in ihrem langen, langen Haar waren und etwas in ihm aufloderte, als hätte man endlich ein Streichholz an den lange vorbereiteten Stapel aus sprödem Papier und Kleinholz im Kamin gehalten.
     
    «Und, was willst du jetzt machen?», fragte Rowenna, als sie auf den schneebedeckten Marktplatz von Ledwardine fuhren.
    «Halt doch mal kurz an», sagte Jane. «Du hast mir noch gar nicht erzählt, was sie zu dir gesagt hat.»
    Der gepflasterte Platz mit seiner kleinen, von Holzbalken getragenen Markthalle wurde von elektrischen Gaslampen an schmiedeeisernen Laternenpfählen erhellt. Rowenna parkte unter einer der Lampen, deren Licht ihr Haar in vibrierende, rotgoldene Spiralen verwandelte.
    «Sie hat gesagt, dass mein spiritueller Fortschritt eng mit dem einer Freundin in Zusammenhang stehen wird.»
    «Oh, Wahnsinn.»
    Es standen nur noch zwei andere Autos auf dem Platz, beide vor dem
Black Swan
. Licht schimmerte durch die Bäume vor dem Pfarrhaus, und Jane glaubte ein paar Sterne über dem Kirchturm zu erkennen, aber vielleicht waren es auch Schneeflocken. Sie wünschte sich heute eine magische Nacht.
    «Und? Rufst du diese andere Frau an, Kleine?»
    «Das ist eine Riesenentscheidung.»
    «Nein, ist es nicht. Du kannst es dir ja erst mal ansehen, und wenn es komisch klingt, lässt du dich nicht hineinziehen.»
    «Ich lasse mich nicht hineinziehen?»
    «Schon gut, wir.»
    «Und was ist mit Mom?»
    «Wir müssen sie ja wohl nicht mitschleppen, oder?»
    «Du weißt genau, was ich meine. Gerade jetzt fände sie so eine Aktion vermutlich nicht besonders cool. Sie ist sowieso schon unsicher genug.»
    «Klar ist sie unsicher. Sie ist schließlich eine Christin.»
    «Ich glaube, das kann ich ihr nicht antun.»
    «Du tust ihr doch gar nichts an!»
    «Ich würde sie anlügen.»
    «Sie glauben doch sowieso immer, dass wir lügen», sagte Rowenna.
    Die Schneeflocken tanzten glitzernd durch das Licht der Pseudogaslaternen.
    «Ich muss nochmal darüber nachdenken.»
    «Aber nicht zu lange. Wie Angela gesagt hat: Mit der Unterdrückung solcher Energien fügen Sie sich und Ihrer Gesundheit schweren Schaden zu.»
    Jane seufzte. Das Dorf war wie ausgestorben. Und das Pfarrhaus wirkte hinter den wirbelnden Schneeflocken sehr weit entfernt.

18
Gekappte Oberleitungskabel
    «Wo warst du denn, mein Spatz?»
    «Oh, in Hereford und so. Shoppen und so weiter.»
    «Was hast du denn gekauft?»
    «Nichts Besonderes. Rowenna hat   … ein paar Sachen gefunden.»
    «Sie scheint eine Menge Geld zu haben», sagte Merrily, die gerade eine Suppe aufwärmte. «Ich vermute, ihre Eltern haben sie ganz schön verwöhnt, weil ihr Vater ständig woanders stationiert war und sie Rowenna durchs ganze Land schleppen mussten.»
    «Kann sein», sagte Jane unverbindlich. Sie war ungefähr um sieben Uhr nach Hause gekommen und ein bisschen blass gewesen, fand Merrily. Es schneite so heftig, dass bald alles mit einer weißen Schicht überzogen war. Novemberschnee, er würde bestimmt nicht liegen bleiben.
    «Wo hat Rowenna denn vorher gewohnt?»
    «Warum fragst du das?»
    «Nur so. Du scheinst schließlich ganz schön viel Zeit mit ihr zu verbringen, das ist alles.»
    «Das liegt daran», sagte Jane, «dass sie einfach interessant ist. Sie waren in Malmesbury in Wiltshire. Ihr Dad war in Salisbury oder so beim Militär. Sie reden nicht gerne über den SAS, also frage ich nicht. Zufrieden?»
    Später sagte sie: «Tut mir leid, Mom. Ich war gemein. Ich bin müde, das ist alles. Ich glaube, ich gehe früh schlafen.»
    Merrily sagte nichts dazu. Sie wollte selbst bald ins Bett. Sie vermutete, dass ihr Gottesdienst morgen früh besser besucht sein würde als üblich. Die Leute gingen gern im Schnee zur Kirche.
     
    Um elf Uhr lag sie mit ihrer Wärmflasche im Bett. Kaum zehn Minuten später klingelte das Telefon.
    «Pfarrhaus Led   …»
    «Merrily, hier ist Sophie vom

Weitere Kostenlose Bücher