MM-City Wien: Das Reisehandbuch zur Donaumetropole - kompakt, übersichtlich, informativ (German Edition)
aufreihen.
Vis-à-vis der seit 1782 von polnischen Katholiken frequentierten, vom Rokoko-Architekten Nikolaus Pacassi (1755–1763) erbauten Gardekirche tauchen wir durch das → Untere Belvedere in die Ruhe und Beschaulichkeit der barocken Parkanlage ein. Mit der Konstruktion des niedrigen, lang gezogenen Palastes mit dem zentralen Kuppelsaal, in dem in den 1920er Jahren das inzwischen aufgelöste Barockmuseum eingerichtet wurde, begann im Jahre 1714 die Baugeschichte der nach Schönbrunn größten feudalen Sommerresidenz. Der Entwurf stammte vonJohann Lukas von Hildebrandt, der auch für die Gestaltung der Außenanlagen (inklusive Botanischem und Alpengarten) und des erst zwischen 1720 und 1723 hinzugefügten prächtigen Oberen Belvedere am oberen Rand des terrassierten Gartens verantwortlich zeichnet.
Das → Obere Belvedere präsentiert sich als mächtiger, vielfach gegliederter Baukörper mit einer abwechslungsreichen Dachlandschaft, dessen südliche Fassadenkomposition sich in einem vorgelagerten Teich spiegelt. Von seinem stadteinwärts gerichteten Balkon schweift der Blick über Blumenbeete, wohlgeformte steinerne Musen und die Silhouette der Altstadt bis hinauf zu den Höhen des Wienerwaldes.
Für die Innenausstattung der beiden Paläste engagierte der Lieblingsarchitekt des „Türkenbezwingers“ Prinz Eugen von Savoyen namhafte zeitgenössische Maler und Bildhauer, darunter z. B. Marcantonio Chiarini und Carlo Innocenzo Carlone, die die Kuppelfresken im Unteren bzw. Oberen Belvedere mit Szenen aus dem heldenhaften Leben des Hausherrn schmückten. Das Obere Belvedere , in dem übrigens am 15. Mai 1955 die Außenminister der vier Besatzungsmächte den Staatsvertrag der Zweiten Österreichischen Republik unterzeichneten, beherbergt eine Kollektion von Gemälden fast aller Maler, die im 19. und ersten Drittel des 20. Jh. kunsthistorisch Rang und Namen erwarben, sowie Werke ihrer Künstlerkollegen aus mittelalterlichen und barocken Zeiten.
Aus der Welt der schönen Künste in den schnöden, verkehrsumtosten Vorstadtalltag am Landstraßer Gürtel herausgetreten, bewegen wir uns auf die Großbaustelle für den namentlich ersten Wiener Hauptbahnhof zu, über die man sich im Informationszentrum → Bahnorama nebst Aussichtsplattform einen virtuellen und realen Überblick verschaffen kann. Dort ist zu erfahren, dass der neue Bahnhof den unlängst abgerissenen Südbahnhof nicht nur ersetzen, sondern darüber hinaus als zentraleuropäischer Durchgangsbahnhof und Drehscheibe zwischen Ost, West, Nord und Süd fungieren soll. Der neue Bahnhof kommt nicht allein, sondern bringt eine städtebauliche Frischzellenkurfür die vernachlässigte und ergraute Stadtlandschaft südlich des Belvedere mit sich. Er soll sich in einen neuen Stadtteil mit Wohn- und Bürohäusern und -türmen einfügen, 2013 seinen Teilbetrieb aufnehmen und 2015 voll verkehrstüchtig sein.
Bereits für Herbst 2011 ist die Wiedereröffnung des wenige Meter entfernten sog. → 20er Hauses geplant, das traditionell für zeitgenössische Kunst reserviert ist. Bis dahin begnügen wir uns mit der Außenansicht des gerade generalüberholten und um einen sechsstöckigen Büroturm erweiterten Architekturdenkmals und begeben uns über Arsenal- und Ghegastraße oder ruhiger und grüner durch den Schweizer Garten zum inzwischen mittels Wohn- und Gewerbenutzung befriedeten → Arsenal . In seinen nordwestlichen Gebäudetrakten ist das → Heeresgeschichtliche Museum untergebracht, das keineswegs nur für Waffennarren von Interesse ist, weil es ganz nebenbei eine anschauliche Lektion in österreichischer Geschichte vom Ende des 16. Jh. bis 1945 erteilt.
Nach dem lehrreichen Museumsbesuch wandeln wir auf oben angegebenen Wegen zurück zum Oberen Belvedere und von dort über die Prinz-Eugen-Straße Richtung Innenstadt. An der Goldeggasse biegen wir links ab, um uns im → Bestattungsmuseum aus berufenem Munde über Wiener Beerdigungsbräuche aufklären zu lassen,wobei sich zur Vor- oder Nachbereitung ein Abstecher zum St. Marxer Friedhof (siehe Kasten) anböte, der genau wie das skurrile Museum eher zum Schmunzeln denn zum Trübsalblasen animiert. Um die Lebensgeister wieder zu wecken, empfiehlt sich anschließend die Einkehr im wunderschönen Kaffeehausklassiker Goldegg schräg gegenüber vom Museum, um danach via Argentinierstraße, den hübschen St.-Elisabeth-Kirchplatz und Belvederegasse die Favoritenstraße anzusteuern.Letztere wird von
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