Mobile
und einen der dünnen Stäbe, an denen eine kleine Figur hing.
»Ich glaube, das kann man zusammenstecken«, sagte Joachim.
»Das sehe ich auch«, maulte Michael. Nach einem kurzen prüfenden Blick steckte er den Stab in eines der Löcher. Mit zwei weiteren Stäben verfuhr er genauso, dann sagte er mit leichter Verwunderung: »Das ist ein Mobile.«
»Was ist denn ein Mobile?«
»Das weißt du nicht?«
»Würde ich sonst fragen? «
»Man hängt das kleinen Kindern übers Bett. Babys, zum Beispiel.«
»Und wieso?«
»Die glotzen dann das Ding an. Was anderes können die doch sowieso noch nicht, und deshalb hängt man das Ding auf. Dann glotzen die Babys drauf und freuen sich oder so.«
Joachim zog die Augenbrauen hoch. Dann nahm er eine der Murmeln in die Hand und betrachtete das dreifarbige Glaskügelchen. »Die Dinger nehme ich.«
»Häh?«, stieß Michael hervor. »Was heißt hier: Die nehme ich?«
»Du hast einen kleinen Bruder, für den kannst du das Mobile haben, ich nehme dafür die Murmeln.«
»Uli ist vier Jahre alt, du Spacken, und kein dummes Baby mehr. Er kann das Ding nicht gebrauchen, und ich auch nicht. Du willst immer das Bessere haben, Jo, immer.«
Joachim zeigte einen Vogel. »So ein Quatsch.«
»Das ist k ein Quatsch!«
»Das ist es sehr wohl, aber meinetwegen. Wie du willst, dann spielen wir eben auch um die Murmeln.«
Michael nickte. Er war sich seiner Sache sicher.
Die beiden Jungen setzten sich wieder vor dem Bett auf den Fußboden, darauf achtend, dass der andere sich keinen Zentimeter zu weit nach vorne setzte, um sich einen kleinen Vorteil zu verschaffen. Michael nahm seine Münze und wog sie in der Hand. Konzentriert sah er an die Wand. Dann warf er. Auch dieses Mal landete die Münze wieder knapp vor der Wand. Michael klatschte einmal in die Hände und grinste siegessicher. Joachim verzog keine Miene. Er drehte seine Münze zwischen den Fingern, während er die Wand fixierte, als beschwöre er sie. Dann warf er. Die Münze flog in einem feinen Bogen durch die Luft. Als sie auf den Boden fiel, hielten die beiden Jungen den Atem an. Dann stieß Michael hervor: »Alter, das ist knapp.«
Sie krabbelten zu den Münzen.
»Ich bin näher dran«, sagte Michael.
»Aber nicht von hier aus.« Joachim betrachtete die Münzen aus einem anderen Winkel. »Von hier aus bin ich dichter dran als du.«
Michael schob seinen Freund zur Seite. »Lass mal sehen.« Er schaute mit zusammengekniffenen Augen. Nee, ich bin näher dran, ganz klare Sache.«
»Hast du sie noch alle?«, fragte Joachim wütend. »Du brauchst wohl 'ne Brille. Ich habe gewonnen und basta.«
»Du bist ein dämlicher Schummler, weil du nicht verlieren kannst. Jeder sagt, dass du nicht verlieren kannst.«
»Gut, dann spielen wir eben noch mal.«
»Nein. Ich habe haushoch gewonnen und dabei bleibt es.«
»Entweder wir spielen noch mal, oder wir einigen uns auf ein Unentschieden und teilen uns die Murmeln. Für jeden von uns acht Stück.«
»Ich hab haushoch gewonnen, also teile ich auch nicht.«
Joachim stand auf. Ruhig sagte er: »Na gut, dann viel Spaß mit den Murmeln.«
Michael sah ihn erstaunt an. »Wieso? Willst du sie denn jetzt nicht mehr haben?«
»Doch, na logo will ich sie haben. Aber mir ist es zu blöd, mich wegen der dämlichen Murmeln zu streiten. Du kannst sie haben, ich nehme das Mobile.«
»Und was willst du damit machen?«
»Nichts.«
»Jetzt sag mal ehrlich, Jo. Das Mobile ist Babykram. Was willst du damit?«
»Nä-h iiichts«, entgegnete Joachim langgezogen. »Ich kann genauso wenig damit anfangen wie du, wenn du es hättest.«
Michael zögerte. Er wollte nicht als Schummler dastehen. »Vielleicht bist du wirklich ein kleines Stück näher dran«, sagte er und warf einen kurzen Blick auf die beiden am Boden liegenden Münzen.
Joachim bückte sich und hob die Münzen auf. Er drückte sie Michael in die Hand und sagte: »Vielleicht. Aber jetzt wissen wir das nicht mehr. so, du die Murmeln und ich das Mobile. Schluss, aus, basta.«
Michael zuckte mit den Schultern. »Wie du willst, Jo. Bei einer Wiederholung hätte ich dich sowieso locker geschlagen.«
*
»Ich bekomme keinen klaren Gedanken zusammen«, sagte Joachim tonlos. Er saß zusammengesunken auf dem Sofa, sein Blick ging in die Ferne. »Die Sache überfordert mich total, ich fühle mich so ... leer.«
»Es fühlt sich an, als blieben alle Menschen und alle Uhren auf der Welt gleichzeitig stehen, als erstarre alles.«
Nun
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