Mode ist ein glitzernder Goldfisch
also ungefähr â oder genauer gesagt, exakt â so:
Plan für heute
⢠um 7 Uhr aufwachen und genau drei Mal die Schlummertaste drücken.
⢠Nicht an Nat denken.
⢠In meinem Schrank ein für den Besuch in einer Modelagentur passendes Outfit raussuchen.
⢠In besagtem Outfit nach unten gehen, wo meine ruhigen und unterstützenden Eltern »Ooh« und »Aah« sagen und hinzufügen, sie hätten ja keine Ahnung gehabt, dass ich so viel angeborenen Stil besäÃe.
⢠Nicht an Nat denken.
⢠Pünktlich um 8.34 Uhr das Haus verlassen, damit wir den 9.02-Uhr-Zug nach London kriegen.
⢠Rechtzeitig in London eintreffen, um im Café gegenüber noch ein Pain au Chocolat essen und einen Cappuccino trinken zu können, denn das tun Models wahrscheinlich jeden Morgen.
⢠In etwas Fantastisches verwandelt werden.
Zugegeben, der letzte Punkt auf der Liste ist ein bisschen vage, weil ich mir nicht ganz sicher bin, was sie mit mir machen werden und wie sie es anstellen werden, aber das ist nicht schlimm. Solange der restliche Plan meiner Kontrolle unterliegt, müsste alles laufen wie geschmiert.
Leider scheinen die anderen ihn nicht gelesen zu haben.
»Richard Manners«, ruft Annabel gerade, als ich die Treppe runterkomme. Schon läuft es nicht richtig rund: Ich habe fünfzehn Mal die Schlummertaste gedrückt und bin schlieÃlich zu der beruhigenden, süÃen Melodie einer handfesten Streiterei meiner Eltern aufgestanden, die sich unten schon gegenseitig die Augen auskratzen. »Nicht zu fassen, dass du die Erdbeermarmelade leer gemacht hast!«
»Hab ich nicht!«, schreit mein Vater zurück. »Guck! Da ist noch was drin?«
»Was soll man denn mit so einem winzigen Klecks Erdbeermarmelade anfangen? Sehe ich aus wie eine Elfe? Mit klitzekleinen Elfenstückchen Toast? Ich bin eins achtundsiebzig.«
»Was soll ich darauf sagen, ohne dich unabsichtlich dick zu nennen?«
»Sei sehr vorsichtig, was du als Nächstes sagst, Richard Manners. Dein Leben hängt am nächsten Satz.«
»Also ⦠ich ⦠Harriet?« Damit dreht mein Vater sich zu mir um. Ich weià nicht, wie sich sämtliche negativen Schwingungen so schnell gegen mich richten konnten, wo ich doch kaum den Raum betreten habe, aber offensichtlich haben sie das. »Was zum Teufel trägst du da?«
Empört blicke ich an mir runter. »Einen schwarzen Einteiler«, sage ich und recke die Nase so hoch wie möglich. »Ich erwarte nicht, dass du das verstehst, denn du bist alt. Das nennt man Mode. Mo-de.«
Jetzt sieht Annabel mich verblüfft an. »Ist das nicht das Halloween-Kostüm vom letzten Jahr, Harriet?«, fragt sie, kratzt ein bisschen Marmelade vom Toast meines Vaters und verteilt sie auf ihrem.
»Gehst du als Spinne?«
Ich huste. »Nein.«
»Und warum hängt an deiner Schulter dann ein Bein?«
»Das ist eine besondere Art Schleife.«
»Und was sollen die sieben überflüssigen Klettverschlüsse an deinem Rücken?«
»Ein modisches Statement.«
»Und das Spinnennetz an deinem Hintern?«
Ich gebâs auf.
»Schön«, fauche ich. Nicht dass ich übertrieben emotional oder aufgeregt wäre, aber ich habe so viel Zeit darauf verwandt, den Plan zu schreiben, und jetzt hält sich keiner dran. Warum kann sich keiner an den Plan halten? »Es ist mein Halloween-Spinnen-Kostüm, okay? Zufrieden?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob das für heute so eine gute Wahl ist«, sagt mein Vater zweifelnd und macht sich daran, die Erdbeermarmelade zurückzuerobern. Ich merke, dass er mühsam ein Lachen unterdrückt. »Ich meine, es gibt andere Insekten, die mehr im Trend sind. Bienen sollen diese Saison der groÃe Renner sein.«
»Pech gehabt«, fahre ich auf. »Denn was anderes habe ich nicht, okay?«
»Wie wäre es mit einer Wespe?«, fragt mein Vater, und seine Stimme bricht.
»Auf allem anderen ist vorn ein Cartoon.«
»Oder Grashüpfer?«, schlägt Annabel vor und zwinkert meinem Vater zu. »Ich mag Grashüpfer.«
An dem Punkt raste ich völlig aus. Sie sind weder ruhig noch das kleinste bisschen unterstützend. »Warum seid ihr so schreckliche Eltern?«, schreie ich.
»Ich weià nicht«, schreit mein Vater zurück. »Warum bist du so eine ungezogene kleine Spinne?«
Annabel bricht in
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