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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
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Schockzustand registriere ich ungläubig, was ich in ihrem Gesicht sehe: reinen, nahezu funkelnden Hass. Er brennt in ihr und beleuchtet sie von innen – wie bei diesen kleinen runden Kerzen mit Bildern von Pinguinen außen drauf. »Du hast ja keine Vorstellung davon, was für ein absoluter Verlierer du bist.«
    Â»Das stimmt nicht«, flüstere ich.
    Denn das weiß ich ganz genau. Ich weiß genau, wer ich bin. Ich bin Harriet Manners: Einserschülerin, Sammlerin von Halbedelsteinen, Erbauerin kleiner, vollkommen proportionierter Gleisanlagen für Modelleisenbahnen, Verfasserin von Listen, alphabetisch und nach Genres sortierender Bücherwurm, Benutzerin überflüssiger Adjektive, Hüterin von dreiundzwanzig Kellerasseln unter dem großen Stein am Fuß des elterlichen Gartens.
    Ich bin Harriet Manners:
    uncool, und zwar so was von.
    Alexa achtet gar nicht auf mich. »Und ich finde, es ist an der Zeit, die Probe aufs Exempel zu machen«, fährt sie fort und lässt den Blick durch die Klasse schweifen. Ich spüre, wie mir das Wasser in die Augen steigt, aber ich bin wie erstarrt. Selbst meine Zunge ist taub. »Wer in diesem Raum«, sagt Alexa langsam und laut, »hasst Harriet Manners? Finger hoch.«
    Ich kann nichts sehen, denn jetzt schwankt der ganze Raum.
    Â»Toby«, fügt Alexa hinzu. »Heb den Finger, oder ich spül dich nächste Woche jeden Mittag das Klo runter.«
    Ich schließe die Augen, und zwei Tränen rollen mir über das Gesicht. Ich will das auf keinen Fall sehen.
    Â»Und jetzt mach die Augen auf«, sagt Alexa.
    Â»Nein«, sage ich so resolut wie möglich.
    Â»Mach die Augen auf.«
    Â»Nein.«
    Â»Mach die Augen auf. Sonst lasse ich mir noch was Schlimmeres einfallen, heute, morgen und übermorgen. Ich lasse mir so lange was Schlimmeres einfallen, bis du kapiert hast, was du bist und was nicht.«
    Obwohl ich also ganz genau weiß, was ich bin und was nicht – und obwohl ich mir nicht sicher bin, ob es überhaupt möglich ist, sich noch was Schlimmeres einfallen zu lassen –, schlage ich die Augen auf.
    Sämtliche Hände in der Klasse sind in die Luft gereckt.
    Ehrlich, ich wünschte, sie hätte mir einfach eine geknallt.
    Und mit diesem letzten Gedanken breche ich in Tränen aus, schnappe mir den Rucksack, auf dem UNCOOL geschrieben steht, und stürme aus der Klasse.

21
    Menschen, die Harriet Manners hassen:
    1. Alexa Roberts
    2. Die Hut-Dame
    3. Die Besitzer der Stände 24D, 24E, 24F, 24G und 24H
    4. Nat
    5. Klasse 11A Englische Literatur
    A ls ich zu Hause ankomme, weine ich so heftig, dass es sich anhört wie Holz sägen.
    Ich heule nicht so leicht, und es besteht durchaus die Gefahr, dass meine Eltern gar nicht kapieren, was mit mir los ist, also tauche ich in einen Strauch vor unserem Haus ab, bis ich – ohne den Hauch eines Zweifels – sicher sein kann, dass ich atmen kann, ohne zu hicksen und ohne dass mir eine Rotzblase aus der Nase quillt. Und dann hocke ich in dem Strauch in der Höhle, die Toby sich in den drei Jahren, da er mich verfolgt, gemacht hat, und schluchze leise in den Ärmel meines Schulpullovers.
    Ich weiß nicht, wie lange ich weine. Es ist wie ein endloser Kreislauf der Tränen, denn kaum habe ich mich beruhigt und schaue auf, da fällt mein Blick auf meine Schultasche, und ich fange wieder von vorn an.
    Es kommt mir sogar vor, als würde die Schrift immer größer, obwohl ich natürlich weiß, dass das nicht sein kann.
    UNCOOL.
    UNCOOL.
    UNCOOL.
    Ich kann auch nicht mehr so tun, als wäre es mir egal, das ist es nämlich nicht. Denn sie lassen mich einfach nicht in Ruhe.
    Ich hab das alles gründlich satt. Ich habe es satt, anders zu sein, außen vor zu stehen, gehasst zu werden. Ich habe es satt, dass alles, was ich bin, in Stücke zerfetzt und im Zimmer verstreut wird, als ob ein Welpe eine Rolle Toilettenpapier auseinandernimmt. Ich habe es satt, nie was richtig zu machen, unaufhörlich gedemütigt zu werden, ewig das Gefühl zu haben, nicht gut genug zu sein, egal was ich tue.
    Ich habe es satt, mich so zu fühlen.
    Und vor allem habe ich es satt, als einsamer Eisbär durch den Regenwald zu trotten.
    Als die Buchstaben zwanzig Zentimeter groß sind und blinken, ertrage ich es nicht mehr und flippe endgültig aus. Ich stoße einen kleinen frustrierten Schrei aus und gehe mit meiner Gürtelschnalle

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