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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
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darauf los, bis ich es so zerkratzt habe, dass man es nicht mehr lesen kann.
    Und dann recke ich mich – endlich ruhiger –, krieche aus dem Strauch, wische mir den Dreck von der Schuluniform und versuche so zu tun, als wäre mein Benehmen völlig normal für einen Freitagnachmittag um vier Uhr.
    Schniefend gehe ich zur Haustür.
    Â»Dad?«, wispere ich, als ich sie leise öffne, und wische mir die Nase am Ärmel ab. »Annabel?«
    Und dann verharre ich, irritiert.
    Denn Annabel, mein Vater und Hugo stehen alle im Flur.
    Und warten anscheinend auf mich.

22
    O kay: Soll das ein Witz sein?
    Ausgerechnet heute, wo ich am liebsten direkt ins Bett gehen würde, ohne dass mich jemand nervt, haben sich meine Eltern endlich überlegt, etwas für die einladende Atmosphäre im Haus zu tun?
    Â»Was ist los?«, frage ich verlegen und wische mir rasch mit der Hand über die Augen. Hugo springt an meiner Hose hoch und leckt den Dreck ab. »Ist alles in Ordnung? Dad, warst du bei deinem Chef?«
    Annabel beäugt mich mit gerunzelter Stirn. »Was ist los, Harriet? Hast du …« Ich sehe, dass sie im Geiste nach einem Wort sucht, das meinem Gesicht gerecht wird.
    Â»Hast du etwa geweint?«, fragt sie schließlich unsicher.
    Â»Ich bin erkältet«, erkläre ich entschlossen und schniefe. »Hat heute Morgen angefangen.« Und dann sehe ich meinen Vater an, der die Lippen fest zusammenkneift. »Dad? Dein wichtiges Treffen? Ist es gut gelaufen?«
    Â»Hä?« Mein Vater verzieht das Gesicht. »Ja, kein Problem. Sie haben gesagt, ich wäre ein unorthodoxer Nonkonformist, genau wie es ich mir gedacht habe, aber als ich nach einer Gehaltserhöhung gefragt habe, haben sie abgelehnt.« Dann sieht er Annabel an und wippt ein paar Mal auf den Zehen auf und ab. »Erzähl’s ihr,Annabel.« Er gibt ihr mit dem Ellbogen einen Stups. »Erzähl’s ihr.«
    Â»Was?« Ich sehe Annabel an, die meinen Blick schweigend erwidert. »Was?«
    Annabel seufzt. »Sie haben angerufen, Harriet«, sagt sie schließlich zögernd. »Die Modelagentur. Die hat angerufen. Während du in der Schule warst.«
    Vor Schreck fällt mir die Kinnlade runter.»Sie haben angerufen? Aber …« Ich unterbreche mich kurz, denn ich bin ganz durcheinander. »Das kann nicht sein. Ich hab denen doch gar nicht meine Nummer gegeben. Wie können sie da anrufen?«
    Â»Also, sie haben sie irgendwie rausgefunden und haben hier angerufen!«, ruft mein Vater begeistert und stößt die Faust in die Luft. Hugo reagiert, indem er ein paar Schritte rückwärts macht und bellt. »Infinity Models, Harriet! Das ist gigantisch! Das ist gigantischer als gigantisch! Das ist megagigantisch! Sie haben angerufen und haben gesagt, sie sind völlig hin und weg von den Fotos und wollen uns alle sehen! Morgen, als Allererstes! In der Agentur! Bei ihnen! Mit uns! Und ihnen!«
    Â»Megagigantisch ist kein Wort, Richard«, meint Annabel mit einem Seufzer. »Egal, was sie wollen, spielt keine Rolle. Wir haben es ja besprochen, Harriet wird es nicht tun. Sie will es nämlich auch gar nicht tun.« Dann sieht sie mich an. »Stimmt’s?«
    Schweigen.
    Â»Stimmt’s?«, wiederholt Annabel verwirrt.
    Ich sehe meine Eltern an – Annabel, die die Hände in die Hüfte gestemmt hat, und mein Vater, der herumhüpft wie eine glückliche kleine Ente –, und plötzlich kann ich sie nicht mehr richtig sehen. Ich kann überhaupt nichts sehen. Es ist, als wäre die Welt seltsam dunkel und still geworden, und ich stehe in der Mitte und warte darauf, dass alles wieder von Licht und Lärm erfüllt ist.
    Und dann trifft es mich wie der sprichwörtliche Vorschlaghammer oder die Faust oder sonst was Schnelles und Schweres und absolut Unerklärliches. Plötzlich ist es so klar, dass ich gar nicht begreife, wieso ich es vorher nicht gesehen habe, aber ich konnte es nicht sehen, weil ich es nicht so gebraucht habe wie jetzt, genau in diesem Augenblick.
    Das ist es.
    Damit könnte ich die Dinge endlich ändern.
    Die perfekte Verwandlungsgeschichte – wie bei Ovid oder Hans Christian Andersens hässliches Entlein oder gar Aschenputtel (die ursprünglich Rhodopis hieß und im Jahr 1 vor Christus in Griechenland verfasst wurde). Damit könnte ich mich aus der sprichwörtlichen Raupe in einen Schmetterling verwandeln, aus

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