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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
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näher kommen, und bedenkt die sieben Menschen, die hinter mir stehen, mit einem zornigen Blick, »… wer mein Model kaputt gemacht hat?«

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    E legant. Würdig. Anmutig.
    Drei Adjektive, die mich nicht im Geringsten beschreiben. Fünf Menschen müssen mich aus dem Rollstuhl heben und mich zu Nick tragen, der im Schnee vor der Basilius-Kathedrale auf mich wartet. Und als sie mich abgesetzt haben, dauert es noch ein paar Minuten, bis ich so weit ausbalanciert bin, dass ich mich allein in der Senkrechten halten kann.
    Was mir gerade so gelingt – solange ich mich ganz doll konzentriere und keinen Muskel bewege und meine Zehen in den Schuhen zu Klauen krümme. Und die Hände seitlich ausstrecke wie eine Seiltänzerin.
    Bei alldem hilft mir das Gelächter meines Vaters kein bisschen.
    Nicks übrigens auch nicht.
    Man hat mich bereits kurz dem Fotograf Ben vorgestellt, einem dünnen, blonden Mann ohne – soweit ich sehen kann – die geringste Neigung zur Extravaganz. Ja, er wirkt vollkommen auf seinen Job konzentriert, was mich sogar noch mehr beunruhigt. Bei Wilbur kann ich wenigstens ab und zu vergessen, was jetzt alles von mir abhängt.
    Es ist kein kleines Verwandlungsexperiment mehr. Es ist ein Job. Sehr teuer. Sehr wichtig. Und für sehr viele Menschen sehr bedeutsam.
    Â»Schau, wie ich Pirouetten im Schnee drehe!«, ruft Wilbur, der im Hintergrund im Rollstuhl herumwirbelt.
    Der Fotograf wirft einen Blick in seine Richtung, knirscht mit den Zähnen und schaut wieder auf Nick und mich. »Also, ich muss erst die Beleuchtung einrichten«, sagt er angespannt und sieht hoch zum Himmel. Der Schnee fällt wieder dichter, und der Himmel ist ein wenig dunkler als vorher. »Kann mir jemand den Lichtreflektor holen?«
    Ein Junge sprintet los und kommt mit einer großen goldenen Scheibe zurück.
    Â»Macht es euch ein paar Minuten bequem«, sagt er und friemelt an einem kleinen schwarzen Kasten herum, während der Junge die goldene Scheibe hierhin und dorthin hält. »Wenn alles perfekt ist, mache ich ein paar Probeaufnahmen.« Er friemelt wieder an dem Kasten herum und sieht hoch. »Könnte in der Zwischenzeit schon mal jemand Gary holen.«
    Gary? Gary? Wer zum Teufel ist Gary?
    Seit ich aus dem Hotel gekommen bin, habe ich Blickkontakt mit Nick vermieden, doch jetzt sehe ich ihn an. Meine Haare sind weg, und ich bin extrem gehemmt. Ich fühle mich wie der Zauberer von Oz, nachdem der Vorhang gefallen ist: ziemlich dumm und ungeschützt.
    Nick hat die Hände in den Taschen eines großen Armee-Mantels, seine Haare sind zu einem Irokesenschnitt gegeelt. Er sieht mich naserümpfend an, und meine inneren Organe machen wieder Tumult.
    Also, allmählich nervt mich das. Müsste ich nicht längst immun gegen ihn sein? Oder ist er eine menschliche Version von Schnupfen?
    Â»Pass bloß auf«, sagt er in seinem gedehnten Tonfall. »Gary ist ein bisschen gemein.«
    Ich sehe mich erschrocken um. »Ist Gary ein anderes Model?«, flüstere ich entsetzt. »Ein Stylist? Ein Friseur? Yukas Assistent?«
    Â»Nein«, sagt Nick, und ein Mundwinkel zuckt. »Schlimmer als die alle zusammen. Er ist ein Monster. Macht immer einen höllischen Riesenaufstand, egal wo er hinkommt.« Und dann blickt er an mir vorbei und nickt. »Da kommt er. Pass auf.«
    Aus der Menschenmenge löst sich eine Frau mit dem winzigen weißen Kätzchen im Arm.
    Okay, der erste Eindruck täuscht: Gary ist ein Monster.
    Sobald die Dame ihn mir reicht, beißt er mir in den Finger und macht sich daran, fauchend wie ein kleiner wütender Wasserkocher, meine Schulter hochzuklettern. Ehrlich, es ist einfach unnatürlich, dass so etwas Süßes und Flauschiges so biestig ist.
    Rat suchend sehe ich Nick an. »Warum spuckt er mich an?«
    Â»Vielleicht denkt er, er wäre ein Lama.« Ich schnappe mir Gary, der es sich anders überlegt hat und jetzt wieder runtergekrabbelt ist und meinen Arm als Sprungbrett benutzen möchte. Ich halte das nicht für eine gute Idee. Er ist klein und weiß – wenn er im Schnee landet, finden wir ihn womöglich nie wieder.
    Â»Okay, Leute«, sagt Ben schließlich. »Ich glaube, wir sind so weit, ein paar Probeaufnahmen zu machen.« Er unterbricht sich und sieht mich an. »Harriet, was machst du mit dem Tier da?«
    Ich schaue an mir hinunter, dahin, wo ich Gary an den Hinterbeinen

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