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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
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weicht mir aus dem Gesicht. »Wollen Sie mich zwingen, schwimmen zu gehen?«
    Â»Ja!«, ruft Wilbur aufgeregt. »Wir werden …« Dann hält er inne. »Was? Warum sollten wir dich zwingen, Sport zu treiben? Nein, Zuckerschnäuzchen, wir werden dir die Haare schneiden.«
    An diesem Punkt fliegt die Tür auf. »Und das«, sagt Wilbur und zeigt auf das unglaublich winzige Männchen, das gerade hereingekommen ist, »das ist der Zauberer, der dich verwandeln wird.«
    Also, ich weiß nicht, welche Märchen Wilbur gelesen hat, aber in keiner der Geschichten kriegt das hässliche Entlein irgendwann einen Haarschnitt verpasst.
    Nein. Das hässliche Entlein wächst heran und wird nach und nach auch äußerlich zu dem schönen Vogel, der es innerlich schon immer war. Es ist eine Verwandlungsgeschichte über innere Schönheit, und es geht darum zu begreifen, wer man im Innersten ist, und sein Schicksal zu erfüllen, und auch darum, die gemeinen Enten zu ignorieren, die einem auf dem Weg dahin das Leben schwer machen.
    Das Entlein bekommt nicht die Haare geschnitten.
    Ich versuche, Wilbur das zu erklären, doch er will davon nichts wissen. »Denk doch mal nach, Siruptöpfchen«, sagt er abwesend und tanzt immer noch um mich herum wie ein aufgekratztes Rumpelstilzchen. »Wie wird denn das struppige graue Federzeug wunderschön, glatt und weiß? Willst du behaupten, da hat kein Friseur die Finger im Spiel?«
    Ich weiß nicht genau, was ich darauf sagen soll, also mache ich den Mund zu und betrachte den Friseur – ein Franzose namens Julien, der in umgekehrter Richtung um mich herumtanzt.
    Â»Also«, sagt Julien, »ma petit puce. Wie ’eißt du noch?«
    Â»Harriet Manners«, sage ich und halte ihm die Hand hin. Hat er mich gerade einen Floh genannt?
    Julien starrt schockiert auf meine Hand. »Mon chocolat d’eclair«, sagt er angewidert. »Isch bin Franzose. Wir geben uns nicht die 'and. Das ist un’igienisch.«
    Â»Tut mir leid.« Rasch ziehe ich die Hand zurück und wische sie an meiner Hose ab.
    Â»Non, stattdessen küssen wir ein wenisch. So.« Damit beugt er sich vor und küsst Wilbur drei Mal auf die Wangen und dann ein Mal genießerisch auf den Mund.
    Wilbur kichert. »Der beste Teil der ganzen Reise«, flüstert er hinter vorgehaltener Hand. »Ich liebe Franzosen.«
    Â»Auf die Lippen war nur für Wilbur«, erklärt Julien und wirft ihm eine Kusshand zu. »Das machen wir in Frankreisch nischt. Alors.« Er tritt hinter mich, umfasst mein Gesicht und sieht in den Spiegel. Dann taucht rechts Wilburs Gesicht auf und links das Gesicht meines Vaters, bis die drei mich anglotzen wie ein schlechtes LP-Cover aus den 80er-Jahren.
    Idioten.
    Â»Diese ’aare«, fährt Julien fort, »sind groß.«
    Â»Ja«, pflichte ich ihm bei.
    Â»Zu groß. Sie … wie soll isch sagen … befluten disch.«
    Â»Ãœberfluten?«, wirft mein Vater hilfsbereit ein.
    Â»Mais ouis. Du bist nischts als eine kleine Welle in einem Meer von ’aare. Wir können deine Gesischt nischt sehen. Es ist ganz verloren.« Julien sieht Wilbur an und richtet den Blick dann wieder auf mich. »Yuka hat recht«, sagt er schließlich, und Wilbur stößt einen kleinen Schrei aus, als hätte ihm gerade jemand auf den Zeh getreten und er freute sich darüber. »Aber natürlisch. Yuka hat immer recht. Deswegen ist sie Yuka.«
    Â»Recht?« Ich fühle mich bei diesem Gespräch nicht so wohl, wie ich mich fühlen sollte.
    Â»Dein ’aar«, erklärt Julien mir in nonchalantem Tonfall, »ist zu groß für deine Kopf.«
    Â»Ich will es so«, erkläre ich. »So kann ich mich besser dahinter verstecken.«
    Â»Non.« Julien drückt mich wieder auf den Stuhl. »Eine kleine Kopf braucht eine kleine ’aar.«
    Â»Und ein kleines Ego braucht sehr viel Haare«, entgegne ich, aber es ist zu spät. Julien hat eine dicke Strähne zwischen die Schere genommen und rückt damit immer näher an meinen Kopf heran. »Dad!«, schreie ich. »Tu was!«
    Â»Wenn Sie meiner Tochter auch nur ein Haar krümmen«, sagt mein Vater entschlossen und steht auf, »wird meine Frau sie alle verklagen.«
    Â»Okay.« Julien zuckt die Achseln.
    Und dann schneidet er die ganze Strähne ab.

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    M ein Vater hat einen Nervenzusammenbruch. Er

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