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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
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sich so schnell und unerwartet in Luft auflösen kann. Und ich wünschte wirklich, er könnte es nicht.
    Â»London, Häschen«, sagt Wilbur freundlich und tätschelt meine Schulter.
    Â»Hm?« Ich höre ihm gar nicht richtig zu. Ich schaue immer noch in die Richtung, in die Nick verschwunden ist. »London?«
    Â»London. Er ist zurück nach London. Da hat er morgen früh ein Shooting für einen anderen Designer.«
    Ich schlucke verlegen und wende schnell den Blick ab. »Wer? Ich weiß nicht, von wem Sie reden.«
    Â»Oh, bitte, Rosenblütchen. Du strahlst wie der gute Lenin da drin, und du kannst dich nicht damit rausreden, dass in deinem Hinterkopf eine Glühbirne steckt.«
    Ich räuspere mich verärgert. »Nick und ich sind nur Kollegen«, sage ich so gleichgültig wie möglich mit einem kleinen improvisierten Achselzucken. »Wir arbeiten zusammen.«
    Â»Jetzt nicht mehr«, sagt Wilbur sachlich und tätschelt mir den Kopf. »Er arbeitet nicht mehr für Baylee. Yuka liegt nicht besonders viel an Männermode. Kein schlechtes Geld für vier Stunden Arbeit, was? Da frag ich mich doch, ob ich nicht endlich nachgeben und vor der Kamera arbeiten sollte.« Und tätschelt sein Bäuchlein.
    Eine Welle der Enttäuschung schwappt durch meinen Magen, und ich beiße mir auf die Unterlippe, damit sie sich bloß nicht in meinem Gesicht zeigt.
    Natürlich. Ich hätte es wissen müssen. Wahrscheinlich sehe ich Nick nie wieder, höchstens auf den Seiten einer Zeitschrift, im Wartezimmer beim Doktor, und die Hälfte seines Gesichts wird sowieso fehlen,weil irgendeiner den Gutschein auf der Rückseite rausgerissen hat.
    Meine Wangen kribbeln. Und er hat nicht mal Tschüss gesagt.
    Â»Also«, sage ich so ruhig wie möglich, »ist mein Einsatz hier dann auch zu Ende?«
    Ich habe mich fotografieren lassen, ich habe einen neuen Haarschnitt, ich trage Make-up, und ich habe Händchen gehalten, aber …
    Ich fühle mich immer noch wie ich.
    Irgendwie funktioniert das Ganze nicht so, wie es sollte.
    Wilbur sieht mich ein paar Augenblicke an und fängt dann schallend an zu lachen. »Ist mein Einsatz zu Ende? Ist mein Einsatz … Oh, mein kleiner Bücherwurm.« Schließlich seufzt er, beugt sich vor und stemmt die Hand in die Falte seiner Taille. »Ich lach mich noch kaputt. Beinahe hätte ich mich nass gemacht.«
    Ich sehe ihn aufgebracht an. Ehrlich, ich wünschte, die Leute würden mir einfach eine Antwort geben, wenn ich sie was frage.
    Â»Dann ist es also noch nicht vorbei?«, formuliere ich es neu.
    Â»Nein, vorbei ist es allerdings noch nicht«, erwidert Wilbur. »Jetzt kommt der lustige Teil.«
    Aus irgendeinem Grund bin ich nicht so aufgeregt, wie ich sein sollte. »Was kommt jetzt?«, frage ich mit einem wachsenden Gefühl der Bedrohung. Nick ist weg, von jetzt an bin ich auf mich gestellt.
    Â»Wir fahren in einen anderen Teil von Moskau«, sagt Wilbur und wischt sich die Lachtränen aus den Augen.
    Â»Zum Abendessen?«
    Schon fängt Wilbur wieder an zu kreischen. »Abendessen? Abendessen? Du bist Model, Zuckerpfläumchen. Du isst kein Abendessen mehr. Und kein Mittagessen. Und auch kein Frühstück, es sei denn, du willst es hinterher wieder rauswürgen wie eine kleine Schlange. Nein, wir fahren zu einer Baylee-Modenschau.«
    Â»Zu einer Modenschau? Und ich auch?«
    Â»Also, ich hoffe doch, mein kleiner Hühnerflügel«, sagt Wilbur und streicht liebevoll eine Franse meines Ponys glatt. »Denn du wirst dort auftreten.«

45
    W ie soll ich mich darauf konzentrieren, mich in einen Schmetterling zu verwandeln, wenn ich nie weiß, was in der nächsten Minute passieren wird?
    Obwohl ich fairerwiese zugeben muss, dass ich nicht weiß, was ich getan hätte, wenn sie es mir rechtzeitig gesagt hätten. Ich bin kein glühender Fan von Fashion Shows. Und zwar nicht, weil ich so eine trübsinnige Spaßbremse bin. Nein, das ist eine hart erarbeitete Erkenntnis, gewonnen aus ganz viel praktischer Erfahrung.
    Als ich neun war, verbrachte ich den Großteil des Sommers auf dem »Catwalk« im Garten von Nats Haus und lief an einem Springseil entlang, das dort aufgespannt war. Das gehörte zu der Abmachung, die Nat und ich getroffen hatten: Ich übte mit ihr »Laufsteg laufen«, sie übte mit mir die 22 Strophen des »Lieds von

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