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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
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Models. Wir müssen zusammenhalten. Je besser du aussiehst, desto besser sehe ich aus, richtig?«
    Ich halte den Blick ein paar Sekunden auf sie gerichtet, während mein Kopf sich dreht wie die Ballerina auf der Spieluhr, die mein Vater mir gekauft hat, als ich klein war. »Okay«, flüstere ich schließlich. »Danke.« Rose ist inzwischen rausgegangen, gleich bin ich dran. Meine Beine fangen an zu schlottern, und ich spüre, wie meine Füße zittern.
    Â»War mir ein Vergnügen.« Shola runzelt die Stirn. »Was machst du da?«
    Â»Einen Pupser prusten«, erkläre ich und mache so unauffällig den Ententanz, dass sie es bestimmt nicht mitbekommt. »Nicht zu dir. Tut mir leid. Ich versuche nur, mich zu entspannen.«
    Â»Oh. Klar. Egal«, sagt Shola, wendet mir den Rücken zu und verdreht, als sie denkt, ich kriege es nicht mit, die Augen, bevor sie die Stufen zur Bühne hochgeht.
    Dies ist der Augenblick, geht mir auf. Ich möchte mir die Lippen lecken, doch vor lauter Angst ist meine Zunge so trocken, dass sie sich nicht vom Gaumen löst.
    Dies ist der Augenblick.
    Irgendwo auf der anderen Seite des Vorhangs sitzt mein Dad und wartet darauf, dass ich umwerfend bin. Der Augenblick ist gekommen, ihm zu beweisen, dass ich es kann.
    Und – wenn ich schon dabei bin – auch mir selbst.
    Â»Du bist dran«, sagt der Mann mit dem Headset. »Viel Glück, Harriet.«
    Â»Danke.« Und dann steige ich die Stufen zur hell erleuchteten Bühne hinauf.

49
    E in paar Sekunden lang kann ich mich nicht rühren.
    Das Theater sieht ganz anders aus als vorhin. Die Scheinwerfer sind so hell, dass ich kaum etwas sehen kann, doch das Licht reicht aus, um zu erkennen, dass der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Selbst in den reich verzierten goldenen Logen ganz hoch oben sind Menschen, und wenn es in Russland noch Zaren gäbe, dann würden sie wohl da oben sitzen.
    Für den heutigen Abend ist es ein Glück, dass die Revolution dafür gesorgt hat, dass dem nicht mehr so ist.
    Entsetzt richte ich den Blick nach rechts, wo ich in der Mitte der ersten Reihe vage Yukas maskenhaftes Gesicht erkennen kann. Und irgendwo hinten meine ich meinen Vater zu erspähen, der beide Daumen in die Luft reckt.
    Ein paar Sekunden stehe ich da wie gebannt.
    Und dann atme ich tief durch und gehe los.
    Ein Fuß vor den anderen. Gehen kann ich anscheinend, seit ich mich mit neun Monaten am Pulloversaum meines Vaters festhalten konnte, doch so wie jetzt ist es mir noch nie vorgekommen: Hier zählt jeder Schritt. Es kam mir noch nie so schwierig vor und so surreal. Es fühlt sich weniger an, als bewegte ich mich fort, sondern eher, als würde der Boden sich unter mir nach hinten bewegen und ich würde nur versuchen, Schritt zu halten. Wie … Eislaufen. Oder den Gang eines fahrenden Busses runterzugehen.
    Und wie wir wissen, kann ich das nicht besonders gut.
    Ich mache ein ausdrucksloses Gesicht und versuche mich auf die Musik zu konzentrieren.
    Ein Fuß vor den anderen, an mehr muss ich nicht denken: nur ein Fuß vor den anderen. Und möglichst gelangweilt dreinschauen.
    Irgendwo am Ende des Laufstegs erkenne ich Fleur, die stehen bleibt und nach rechts und dann nach links schaut, wie man es mir erklärt hat. Aus der Ferne bewundere ich ihr Outfit: ein smaragdgrünes Etwas, bedeckt mit winzigen Stückchen eines fließenden grünen Stoffes, in dem sie aussieht wie eine Meerjungfrau. Und die höchsten silbernen Stilettos, die ich je im Leben gesehen habe. Höher noch als die, die ich auf dem Roten Platz tragen musste.
    Und man hat ihr nicht mal einen Rollstuhl zur Verfügung gestellt.
    Also, so was nenne ich ein richtiges Model.
    Fleur wirft würdevoll den Kopf ein wenig zurück und macht sich auf den Rückweg. Mitten auf dem Laufsteg kommt sie auf mich zu. An diesem Punkt überkommt mich plötzlich Panik.
    O Gott. Jetzt wird’s ernst. Wenn ich Shola glaube, gehe ich nach rechts. Wenn ich Shola nicht glaube, nach links.
    Also, halte ich mich rechts oder links? Rechts oder links?
    Recht oder links?
    Ich kann Shola vertrauen. Ich muss Shola vertrauen. Ich muss glauben, dass der Mensch dem Wesen nach gut ist. Dass Mädchen sich nicht aus reinem Spaß an der Freude gegenseitig fertig machen.
    Ich steuere also nach rechts.
    Und dann taucht vor meinen inneren Augen Alexas Gesicht auf. Alexa würde mich, ohne mit der Wimper

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