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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
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Schnabel,Vögelchen, und trample auf der kurzen Hose herum, Mädchen. So fest du kannst.«
    Obwohl ich ganz bestimmt kein Vogelnachwuchs bin, halte ich den Schnabel, werfe die frisch erstandenen Hotpants zu Boden und springe im Regen darauf herum wie Rumpelstilzchen, als er herausfindet, dass die Prinzessin ihn ausgetrickst hat. Als wir drei Minuten später innehalten und uns ansehen, sind wir außer Puste und nass bis auf die Knochen und von oben bis unten mit Matsch bespritzt. »Das müsste reichen«, sagt mein Vater mit einem Nicken, hebt die Sachen auf und steckt sie wieder in die Tüte.
    Â»Aber wohin gehen wir …«
    Â»Du kapierst es gleich«, erklärt mein Vater in geheimnisvollem Tonfall. Ȇb dich ein bisschen in Geduld, Schatz.«
    Was – offen gestanden – aus seinem Mund ein starkes Stück ist.
    Und dann macht er sich, eine Dreckspur hinter sich herschleifend, auf dem Heimweg.
    Erst als mein Vater falsch abbiegt, kapiere ich endlich, wohin wir gehen. Und ich bin so schockiert, dass ich nichts anderes tun kann, als ganz still auf dem Gehweg stehen zu bleiben und ihn anzustarren.
    Â»Wir gehen in den Waschsalon?«, bringe ich schließlich wie belämmert heraus.
    Â»Ganz genau.«
    Â»Aber …« Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn. Ich gehe dahin. Das ist mein Versteck. Was sollte Annabel denn im Waschsalon wollen?
    Â»Da geht sie immer hin, wenn sie sich aufgeregt hat, Harriet. Weißt du das nicht mehr? Als du noch ganz klein warst, hat sie dich immer mitgenommen.«
    Plötzlich steigt eine Erinnerung hoch – gestochen scharf und lebendig. Annabel und ich sind im Waschsalon – ich bin sechs Jahre alt – und lauschen den Waschmaschinen. Ich habe mich auf ihrem Schoß eingekuschelt, ich bin müde und schnuppere den Seifenduft und fühle mich absolut geborgen.
    Da trifft es mich wie ein Schlag. Dass ich herkomme, ist weder Zufall noch wie durch Geisterhand noch beliebig. Ich komme nicht mal meinetwegen hierher. Ich komme her, wenn ich traurig oder verunsichert bin oder Angst habe, weil es mich – ohne dass es mir bewusst war – an Annabel erinnert und ich mich hier sicher fühle.
    Â»Da ist sie«, sagt mein Vater, als wir uns dem Eingang nähern. Mein Herz setzt im übertragenen Sinne einen Schlag aus – und im wörtlichen Sinne vielleicht auch, so überrascht bin ich.
    Denn Annabel schläft auf demselben Stuhl, auf dem ich vor ein paar Tagen eingenickt bin.
    Und ihr Kopf lehnt am konkaven Glas desselben Trockners.

62
    M ein Vater betrachtet mit dämlicher Miene die schlafende Annabel, und dann öffnet er so leise wie möglich die Tür.
    Â»Annabel …«, setze ich an und würde am liebsten wieder auf ihren Schoß klettern, doch mein Vater bedeutet mir, still zu sein. Noch hat sie die Augen nicht aufgeschlagen, und seine Geste heißt wohl, dass er das auch nicht möchte. Ich bin emotional ganz seiner Meinung.
    Mein Vater nimmt die Tüte mit den nassen, schlammverdreckten Kleidern und entleert ihren Inhalt auf den Tisch. Dann öffnet er eine Waschmaschine und macht sich ganz langsam daran, die Sachen hineinzutun. Meine Tasche vibriert schon wieder – vermutlich klingelt mein Handy –, doch ich ignoriere es geflissentlich.
    Â»Die Sache ist die, Harriet«, sagt mein Vater laut. »Ich habe ganz schönen Mist gebaut.« Ich sehe zu Annabel rüber, doch ihre Augen sind noch zu. »Siehst du diese Bluse, Harriet? Die habe ich völlig versaut. Sie war sehr schön, und jetzt ist sie es nicht mehr, und das ist meine Schuld.«
    Ich schaue noch mal rüber zu Annabel. Sie rührt sich immer noch nicht, doch ein Auge hat sie ein wenig geöffnet.
    Â»Und siehst du diesen Pullover?«, fährt mein Vater fort und hält einen grünen Pullover hoch. Ein großer Matschklumpen plumpst vom Ärmel zu Boden. »Er war schön, und jetzt ist er ruiniert.«
    Er hat recht: Das Ding ist hin.
    Â»Mhm«, sage ich und linse noch mal zu Annabel rüber. Ihre Miene verrät nicht das Geringste.
    Â»Ich kann nicht anders«, fährt mein Vater fort, nimmt einen Rock und steckt ihn in die Waschmaschine. »Ich bin ein Idiot, und manchmal bekomme ich nicht mal mit, dass ich Dinge vermassle, bis sie so aussehen wie das hier.« Er hält zwei tropfende braune Socken hoch. »Und dann bin ich richtig sauer auf mich selbst, denn es war so ein tolles

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