Model-Ich (German Edition)
einmal für Karl Lagerfeld.
In der Branche mögen das manche für unprofessionell halten, aber ich habe an meiner Entscheidung, mich nicht unter Druck setzen zu lassen, nie gezweifelt. Ich habe vielleicht nicht so viel auf dem Laufsteg gearbeitet wie andere Mädchen. Der Preis, den ich dafür vielleicht hätte zahlen müssen, war es mir aber auch nicht wert. Und am Ende hat mir meine Überzeugung sicher nicht geschadet.
INTERVIEWS
ICH HABE EIN PROBLEM. ICH KANN NICHT LÜGEN. Zumindest nicht gut. Prinzipiell ist Ehrlichkeit natürlich keine schlechte Sache. Es ist nur bei Interviews gefährlich, wenn man zudem die Neigung hat, unzensiert vor sich hin zu plappern. Ich schaffe es nämlich auch nicht, dem Reporterblick standzuhalten. Es muss der gleiche Blick sein, den ein Kaninchen sieht, bevor die Schlange zuschnappt. Ich werde schrecklich nervös und der Reporter muss dann eigentlich nichts weiter tun, außer zu sagen: »Erzählen Sie doch mal ...«
Wenn das, was ich zu erzählen habe, wenigstens interessant wäre! Ich befürchte, ich verbreite im Vergleich zu anderen Gesprächspartnern große Langeweile. Ein Beispiel: Mein Termin mit dem Schauspieler Clemens Schick. Wir wurden zusammen fotografiert, dann folgten die Interviews. Er fütterte die Reporterin mit faszinierenden Geschichten über seinen achtmonatigen Aufenthalt in einem Kloster. Ich erzählte wahrscheinlich davon, dass bei meinen Eltern zu Hause in Rottleben immer ein Glas Spreewaldgurken für mich im Kühlschrank steht.
Überhaupt erzähle ich ständig aus meinem nur überschaubar bemerkenswerten Privatleben – um dem Interviewer wenigstens irgendetwas anbieten zu können. Immer zuvorkommend sein, das habe ich von meiner Mutter. Als ich in Deutschland bekannt wurde, wollten einige Medien unbedingt zeigen, wo ich aufgewachsen bin. Mama hat jedem die Tür aufgemacht und gleich auch zum Kaffee eingeladen, bis irgendwann ein Kamerateam unangekündigt bei meinen Eltern vor der Tür stand. Sie rief mich an und ich sagte zu ihr: »Schick die Leute weg! Du musst
denen nichts erzählen.« Ich wünschte, ich würde mich selbst öfter an meinen guten Rat halten.
Wobei ich es inzwischen vermeide, auf Partys mit Unbekannten zu plaudern, die scheinbar nur Small Talk machen wollen. Kurz bevor Niklas und ich nach Berlin gezogen sind, unterhielt ich mich auf einer Veranstaltung mit einem freundlichen Herren. Ein paar Tage später las ich in der Zeitung, dass Eva Padberg ein Haus im Prenzlauer Berg kaufen will. Ich war kurz davor, dort anzurufen und zu fragen: Woher wissen Sie das? Als mir aufging: Ich hatte es dem netten Mann vom Boulevard selbst erzählt. Ich beschloss, fortan sehr geheimnisvoll zu tun und mit meiner Undurchschaubarkeit die Medien an der Nase rumzuführen.
Das funktionierte super. Bis ich mein nächstes Interview mit einem Männermagazin hatte und anfing, anzügliche Witze zu reißen. Ehrlich, ich weiß nicht, was manchmal mit mir los ist. Sobald ich einem Kerl mit einem Aufnahmegerät oder einer Kamera gegenübersitze, fange ich an, zu flirten. Und ich merke es noch nicht mal. Mein Mann macht mich gelegentlich darauf aufmerksam. Ich erwidere dann sehr geheimnisvoll: Hä? Flirten? Ich?
Dankbarerweise sitze ich häufiger in Interviews, in denen ich nach meinen Schönheitstipps und Diätgeheimnissen befragt werde. Es besteht keine Gefahr, dass ich mir dazu aufregende Antworten ausdenken muss. Viel Wasser trinken, Tagescreme mit Sonnenschutzfaktor benutzen, gesunde Ernährung – ich kann das mittlerweile im Schlaf.
Ebenso wie die Antworten auf die drei Fragen, die in der Hoffnung gestellt werden, dass ich zur Abwechslung etwas Überraschendes erzähle.
»Wie sieht’s aus mit der Familienplanung? Gibt’s was Neues?« Oft gefolgt von einem entschuldigenden Lächeln und dem Satz: »Sie wissen ja, wir müssen das fragen.« Meine Antwort: »Nö, gibt nichts Neues.«
»Was haben Sie als Nächstes vor?« Sobald man halbwegs prominent ist, muss der Anschein gewahrt werden, dass man ständig an einem Projekt arbeitet – was erklärt, warum Prominente so häufig Restaurants eröffnen, Modelinien entwerfen und Duftkollektionen auf den Markt bringen –, auch wenn dem gar nicht so ist. Meine Antwort: »Wir verhandeln gerade über einige interessante Projekte, leider darf ich im Moment noch nicht darüber reden.«
»Wo ist ihr Mann heute Abend?« Hierbei ist weniger die Frage, sondern der Blick des Fragenden interessant, der einen darum anfleht, etwas in
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