Model-Ich (German Edition)
sechs Wochen in Japan waren die beste Vorbereitung auf alles, was danach kommen würde. Ich habe endlich gearbeitet und viele Facetten des Berufs kennengelernt, von präziser Beauty-Fotografie bis zu Shootings, bei denen an zwei Tagen 60 Outfits im Schnelldurchlauf fotografiert wurden. Ich lernte, mich auf das Gefühl des Fremdseins einzulassen und dass Alleinsein auch schön sein
kann. Oder wenigstens, dass es einen nicht umbringt, von allem Vertrauten weg zu sein. Ich lernte, auch ohne Sprachkenntnisse zurechtzukommen. Aus Japan nahm ich die Selbstsicherheit mit, zu sagen: Ich kann diesen Job.
Seitdem war ich noch einige Male wieder da, zuletzt habe ich Niklas auf ein paar Gigs begleitet, und jedes Mal konnte ich mehr von dem Land entdecken. Ich habe trotzdem erst einen kleinen Ausschnitt von Japan gesehen und will unbedingt wieder hin. Manchmal ist die beste Erfahrung, keine Erfahrung zu haben.
KARRIERE UND KUNDEN
NEHMEN WIR NUR EINIGE meiner Kalendereinträge aus dem letzten Monat: Bootstaufe für einen Kunden in Portugal mit Jean Reno. Starquiz mit Jörg Pilawa. Interview für einen Werbepartner bei Rock am Ring mit der Band Mastodon. Mastodon? Mastodon! Kannte ich vorher auch nicht, ist eine Heavy-Metal-Band. Da ich mich mit ihrer Musik nicht auskenne, haben wir uns übers Gärtnern unterhalten.
Und das gehört zum Job eines Models? Hätte ich auch nie gedacht. Übrigens auch nicht, dass ich irgendwann einmal Autogrammstunden geben würde. Ich habe mir als Erstes eine neue Unterschrift zugelegt und dann gelernt, dass gemalte Herzchen unter dem Namen ab dem 30. Geburtstag nicht mehr seriös wirken.
Ebenso habe ich gelernt, wie man die Contenance bewahrt, wenn man in einer Kochsendung das Gericht von Olivia Jones kosten muss und merkt: Für ihr Kochtalent hat man sie wohl nicht eingeladen. Lehrreich war auch mein Auftritt in der Sat.1-Show Der große deutsche Prominenten-Buchstabiertest . Danach wusste ich, dass man einfach nicht jeden Quatsch mitmachen sollte. Ich weiß inzwischen allerdings auch, dass mancher Quatsch doch Spaß bringen kann, zum Beispiel mein Auftritt bei Stars in der Manege , wo ich die Assistentin eines Zauberers spielen durfte. Ich bin mir recht sicher, dass ich an dem Abend mehr Spaß hatte als Ottfried Fischer, der als Kuhdompteur auftrat. Den Kühen war Ottfried Fischer herzlich egal.
Es könnte nun der Eindruck entstanden sein, dass man nur als Depp ins Fernsehen kommt. Es ist zumindest hilfreich, wenn man etwas zu verkaufen hat – seinen Film, seine Verlobungsgeschichte, seine Würde. Um im Gespräch zu bleiben, sollte man immer über irgendein neues Projekt sprechen können. Grundsätzlich hofft man natürlich, dass die Projekte, mit denen man sich beschäftigt, jemanden interessieren (Hallo! Kaufen Sie mein Buch! Ach, das haben Sie ja schon. Danke!). Meistens beschäftige ich mich jedoch mit Dingen, die ehrlich keinen Menschen interessieren dürfte. Falls doch: Ich hab da ein tolles Gulaschrezept, über das ich stundenlang reden könnte.
Als meine eigene PR-Beraterin wäre ich sicher gescheitert. Ich hätte mir zum Beispiel nicht einen Auftrag für einen Autohersteller zugetraut (wer mich mal beim Einparken gesehen hat, versteht das). Oder dass ich je für etwas anderes als Mode Werbung machen würde. Bier zum Beispiel. Lutsch-Bonbons. Und Spielkonsolen. Andererseits hatten auch einige der Klamotten, für die ich Werbung gemacht habe, wenig mit Mode zu tun. Einer meiner bestbezahlten Aufträge waren Katalogaufnahmen für Omaunterwäsche. Dafür gab es 5000 Dollar am Tag, einen Top-Fotografen und in den Fotos sah man noch nicht mal mein Gesicht.
Was ich eigentlich nur sagen will: Man kann nie wissen, wohin einen die Karriere führen wird. Aber man sollte immer festes Schuhwerk dabeihaben. Dann zerschneidet man sich nicht die Füße, wenn bei der Bootstaufe die Champagnerflasche zerdeppert.
LUSTOBJEKT
ES HEISST, WENN MAN SICH FÜR DEN PLAYBOY AUSZIEHT, ist das für einen Prominenten der Anfang vom Ende. Für mich war es dagegen der Anfang meiner Karriere in Deutschland.
Ich hatte gerade die Werbekampagne für Palmers gemacht und man war dadurch auch hier auf mich aufmerksam geworden. Der Playboy meldete sich mit einem Angebot bei meiner Agentur. Ich rechnete schnell aus, dass ich für das Geld auch ein halbes Jahr andere Jobs machen könnte – und sagte zu. Unter der Bedingung, dass ich den Fotografen mitbestimmen durfte. Die Redaktion war mit Ellen von Unwerth sofort
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