Model-Ich (German Edition)
meiner ersten Schauen den Albtraum eines jeden Models erlebte und mitten auf dem Laufsteg meinen Schuh verlor. Gestürzt bin ich dabei zwar nicht, aber mit zwei Holzclogs rauszugehen und nur mit einem wiederzukommen, war mir trotzdem unendlich peinlich.
In jeder Stadt, in der ich länger war, habe ich billige Pumps gekauft und bin darin abends bis zum Umfallen durch die Wohnung gelaufen. Ich war nicht die Einzige. Mädchen, die die Flure rauf- und runterstaksen – dieses Ritual habe ich in fast allen Modeapartments erlebt. Ich wurde mit der Zeit tatsächlich immer besser darin, auf Absätzen gut dazustehen. Zu meinem Glück waren High Heels im Vergleich zu heute fast dezent. Es gab keine Absätze mit halsbrecherischen 15 Zentimetern und Louboutin war ein Fremdwort, kein Fachbegriff. Kompliziert
wurde es für mich aber bei Schauen von Designern, die es sich nicht leisten konnten, eigene Schuhe zu produzieren, und die Models für den Catwalk mit Schuhen aus dem Rotlichtviertel ausstatteten. Manchen Mädchen machten diese unbequemen Dinger überhaupt nichts aus, wie meiner Freundin Diana. »Wie machst du das bloß?«, fragte ich sie. Sie antwortete: »Ich lauf einfach los.«
Ah ja. Models!
Bei den Schauen kam ich mir mitunter vor, wie in einer Special-Effects-Werkstatt: es werden Schuhe mit diversem Material ausgestopft oder gedehnt oder mit Teppichklebeband an den Fußsohlen festgeklebt, damit sie nicht abfallen. Denn oft gibt es nur zwei Schuhgrößen zur Auswahl. Dankbarerweise hatte ich die Einheitsgröße (unter Models die 40). Nicht selten müssen sich Mädchen, die normalerweise 42 haben, in eine 39 quetschen. Bevor ich bei einer Schau Schuhe anziehe, in denen ich nicht laufen kann, verzichte ich lieber. Seitdem ich ein bisschen bekannter bin, kann ich mir das auch erlauben. Ich bekomme statt einem Paar der Kategorie »ancle breaker« (zu deutsch »Knöchelbrecher«) andere Schuhe. Mir ist schleierhaft, warum einige Designer darauf bestehen, Schuhe für ihre Schauen auszusuchen, in denen die meisten Mädchen nicht laufen können. Am Ende steht der Designer schlecht da und das Publikum fragt sich, warum er (oder sie) Frauen so sehr hasst, dass er sie mit schrecklichem Schuhwerk quält.
Meine Abneigung gegen Stilettos wurde bei einem Shooting für eine Handtaschenfirma nur bestätigt. Obwohl Handtaschen verkauft werden sollten, mussten die Models mit High Heels auf einem Trampolin rumhüpfen – und bei unseren Luftsprüngen möglichst schön die Handtaschen in die Kamera halten. Meine Verzweiflung wurde besonders groß, als wir zu fünft gleichzeitig auf dem Trampolin waren. Ich habe mir bei dieser Aktion zwar nichts gebrochen, aber meine Knöchel taten danach tagelang ordentlich
weh. Manchmal ist dieser Beruf ein echter Knochenjob. Für ein gutes Bild wird alles gemacht. Oder auch nur für einen spektakulären Moment. Ich bin bei Modenschauen in langen, fließenden Kleidern und High Heels durch Wasser gelaufen, stand auf hohen Schuhen im Ruinenschutt eines griechischen Tempels und nach einem besonders langen Tag in Berlin vor der Kamera hatte ich zwei Wochen lang taube Zehen.
Vielleicht kann man also verstehen, dass ich ungern hohe Schuhe trage, außer auf dem roten Teppich. Ich bin nun mal ein Turnschuhmädchen. Das hat sich in den letzten 15 Jahren nicht geändert.
HILDE UND BÄRBEL
WENN ALIENS WIRKLICH DEN PLANETEN ERDE BEOBACHTEN, um unsere Lebensform zu studieren – welche Rasse würden sie für die dominierende halten? Die haarigen Vierbeiner, die in jedem Raum eines Hauses einen eigenen Thron haben? Oder die Zweibeiner, die sie an einer Leine hinter sich herzerren und die sie dazu abgerichtet haben, ihre Hinterlassenschaften mit einem Plastikbeutel aufzusammeln? Das fragte sich einst der Comedian Jerry Seinfeld. Ich versuche tagtäglich, darauf eine Antwort zu finden.
Da nicht alle Zweibeiner in meiner Nachbarschaft so gut erzogen sind wie ich, könnten die Aliens auf den Gedanken kommen, dass die Vierbeiner ihre Untergebenen im Prenzlauer Berg nicht unter Kontrolle haben. Nein, Häufchen aufsammeln ist nicht die schönste Aufgabe eines Hundebesitzers. Dafür erkläre ich den argwöhnischen jungen Eltern bereitwillig, dass meine Hunde sich im Park auch sonst zu benehmen wissen. Angst um die Kinder nicht nötig!
Man könnte sogar meinen, wir behandeln unsere zwei Hunde wie den Nachwuchs. Hilde und Bärbel sind die wichtigsten Mitglieder in der Familie und wir überlegen, das Rudel noch zu
Weitere Kostenlose Bücher