Model-Ich (German Edition)
danach zum Absegnen. Es sei denn, man begibt sich auf eine intensive Internetrecherche danach, wird man das Foto nicht finden, deshalb sei darüber bloß gesagt: Der Winkel ist ganz schön hart. Ich sehe aus, als hätte ich eine monströse Oberweite und einen Minikopf.
Manchen Leuten scheint die intensive Internetrecherche zu liegen, denn manchmal wird mir dieses Foto für Autogramme zugeschickt. Ich unterschreibe nie, sondern werfe es gleich in den Müll.
Der Gedanke hinter dem Foto war schließlich nicht, dass sie sich jemand in seinen Spind hängt.
LUXUS
DIE LUXUSBOUTIQUE ist eine unterschätzte Gefahrenzone. Meist gelingt es mir, mich von ihr fernzuhalten. Aber nicht immer. Und was dann passiert, ist wirklich nicht schön: Ich gehe rein, die Verkäuferin kommt mit einem wissenden Lächeln auf mich zu und eine halbe Stunde später gehe ich mit einer neuen Errungenschaft wieder raus. Es ist nämlich so, dass ich mich in den meisten Luxusboutiquen fehl am Platz fühle. Aus Angst, dass man mir das anmerkt, kaufe ich was. So bin ich zu meiner Chanel-Tasche gekommen – ewig nicht getragen. (Da fällt mir ein: wo ist die eigentlich?) Und zu einem Kleid von Fendi, das ich einmal, nein, zweimal anhatte. Es ist wunderschön. Ein echtes Schmuckstück. »Wenn sich jemand so ein Kleid leisten kann, dann ja wohl du!«, sagte meine Freundin Ines, als ich es im Laden anprobierte und noch unentschlossen war. Mehr brauchte es nicht, um mich zu überzeugen. Noch gefährlicher, als alleine in einen teuren Laden zu gehen ist es nämlich, eine Freundin dorthin mitzunehmen.
Das Kleid hängt heute in einer Plastikfolie in meinem Schrank, eine Besonderheit zwischen einer Menge Jeans und T-Shirts. Hab ich es wirklich gebraucht? Vielleicht nicht. Es ist ein Luxus, dass ich es mir trotzdem geleistet habe. Ein noch größerer Luxus ist, dass es mir auch wie einer vorkommt.
In meinem Job ist es selbstverständlich, von wertvollen Dingen umgeben zu sein. Nicht bloß auf dem Laufsteg, sondern gerade bei Fotoshootings, zu denen unbeschreibliche Mengen von Designerklamotten angeschleppt werden. Die teuren Roben liegen gestapelt in den Koffern, ein Kleid für 10 000 Euro über
einem Pelz für doppelt so viel. Kostbare Schuhe häufen sich wie beim Diskounter und bei Schmuckproduktionen werden die Colliers, Ringe und Armreifen von einem eigenen Sicherheitsmann begleitet. An den Sicherheitsmann, der kaum davor zurückschreckt einen auch auf die Toilette zu begleiten, um den Schmuck nicht aus den Augen zu lassen, gewöhnt man sich nie. Die Aufregung, dass man etwas für eine Viertelmillion um den Hals trägt, nutzt dagegen enttäuschend schnell ab. Man macht es so oft, dass es normal wird. Am Ende des Tages schlüpft man sowieso wieder in sein 15-Euro-Kleid (für das man seltsamerweise mehr Komplimente bekommt, als für vieles von dem teuren Zeug, in das man gesteckt wird. Nein, ich kann mir die Modewelt manchmal auch nicht erklären).
Wenn man ständig von Geld umgeben ist, fällt es irgendwann leichter, es auszugeben. Bei meinem ersten Paar Designerschuhe überlegte ich so lange, dass ich schließlich meine Mutter anrief: »Ich hab Stiefel von Prada gefunden, runtergesetzt, aber immer noch 400 Mark. Kann ich das machen?« Mutti meinte, ja, das kann man schon mal machen.
Das war der erste und letzte Anruf dieser Art. Der Knoten war geplatzt und ich machte mir ab sofort nicht mehr so viele Gedanken darüber, wie viel etwas kostet.
Meine Rettung vor dem Bankrott war, dass ich nie so recht wusste, wofür ich das Geld ausgeben sollte. Ich beneide Models, die auch außer Dienst perfekt zurechtgemacht sind, die angesagte Labels vor allen anderen kennen und ein Auge dafür haben, wie man Sachen kombiniert. Ich musste mir zwar nie Gedanken darüber machen, ob ich die richtige Figur für etwas hatte (an sich schon ein unverdient großer Luxus), aber der richtige Stil? Keine Ahnung. Mein Lieblingsteil war jahrelang eine Baggy Jeans, die ich in Tokio gekauft hatte. Danach habe ich meine Garderobe eine Zeit lang mit indischen Blusen und Röcken gefüllt. Und wenn ich in einem Laden Schuhe aus Wildleder sehe, werde ich schwach.
Ich weiß, was mir gefällt. Nur hab ich selten die Nerven, jeden Tag zu versuchen, so auszusehen wie in einer Modezeitschrift.
Ich halte die Leihgabe daher für die beste Erfindung aller Zeiten. Denn es gibt Anlässe, zu denen man so aussehen muss und will wie in einer Zeitschrift, und wenn man sich zu diesem Zweck etwas von
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