Model-Ich (German Edition)
Deutschland vorgestellt wurden, kam nicht viel. Die Möglichkeiten, die man in den Medien hat, auf sich aufmerksam zu machen, decken sich selten mit der Realität des Berufs. Ich saß anfangs auch in Talkshows und erzählte aus meinem Leben, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass ich sehr ernst genommen wurde. »Du bist ja gar nicht so doof, wie man es von einem Model erwartet«, galt als Kompliment.
Ärgerlich fand ich doch eher die inszenierten Zickenkriege. Als Julia Stegner mich zum Beispiel als das Gesicht der Berlin Fashion Week ablöste, hieß es gleich: Julia schnappt Eva den Job weg! Blödsinn, mein Vertrag lief einfach aus.
Mit Julia hatte ich schon einen meiner ersten (gelungenen) Auftritte in den Medien. Es war in einer Dokumentation von Arte. Das Team begleitete während der New Yorker Schauen Julia, die damals gerade erst anfing, und mich, den alten Hasen. Julia hatte mich dann in wenigen Monaten überholt und rannte mit ihrem Erfolg davon. Mich hat’s gefreut. Für sie persönlich. Und dafür, dass den deutschen Models durch sie mal ein bisschen Beachtung geschenkt wurde.
DREISSIG
ES IST NOCH NICHT LANG HER, dass ich 30 geworden bin. Für ein Model, mehr als für jede andere Frau, ist die 30 eine Zahl, vor der man sich zu fürchten hat. Älter werden ist in diesem Job nicht erlaubt. Unsere Geburtsdaten werden von den Agenturen besser gehütet als ein Staatsgeheimnis. Von Kunden wird man trotzdem immer nach seinem Alter gefragt. Ich kenne Models, die deshalb seit Jahren ihren 24. Geburtstag feiern. Sie können nicht mehr behaupten, dass sie 16 sind und 24 wird gerade noch so akzeptiert. Mir kam dieses Spiel immer albern vor und ich habe mich geweigert, dabei mitzumachen. Für mich ist eine 28-jährige, schöne Frau, die alles hat, was ein Model ausmacht, und darüber hinaus noch ein wenig Lebenserfahrung mitbringt, nicht weniger für einen Job geeignet als eine Frau, die nicht so alt ist. Vielleicht ist sie deswegen sogar besser geeignet. Trotzdem schwindelt sie sich jünger. Warum? Viele Designer, Werbekunden und Fotografen ziehen das Junge dem Bekannten vor. Die ganze Modebranche dreht sich darum, alle sechs Monate etwas komplett Neues zu erfinden, und die Mädchen sind davon nicht ausgenommen. Jede Saison gibt es eine Handvoll Models, von denen vorher noch niemand gehört hat und die dann als große Entdeckung gefeiert werden. Sie teilen sämtliche großen Laufsteg- und Werbejobs unter sich auf – bis sie wieder weg sind. Oft verschwinden sie genauso schnell, wie sie aufgetaucht waren. Es bleibt ihnen ja auch keine Zeit, sich das anzueignen, was ein gutes Model von einem Mädchen mit hübschem Gesicht und langen Beinen unterscheidet. Zum Beispiel Selbstbewusstsein. Oder die Fähigkeit, vor der Kamera abwechslungsreich zu sein.
Natürlich gibt es auch junge Mädchen, die hochprofessionell in ihrem Job sind. Aber eine interessante Persönlichkeit sind mit 16 wohl die wenigsten.
Ich habe mit jedem Jahr mehr gehofft, dass es Kunden gibt, die gerne mit »älteren« Frauen arbeiten. Und die gibt es wirklich. Oft genug habe ich aber auch den Moment erlebt, in dem die einzige Reaktion auf mein wahres Alter ein paar hochgezogene Augenbrauen waren und das Interesse an meiner Person plötzlich geringer wurde.
Es ist schon eine Weile her, dass ich zu Castings gegangen bin. Da saß ich dann in London als Mitte 20-Jährige zwischen lauter Teenagern und habe mich gefragt: Was machst du eigentlich hier? Die Mädels waren total aufgedreht, für sie war das alles noch spannend. Ein Abenteuer. Ein wenig habe ich sie darum beneidet. Es war kein schönes Gefühl, nicht mehr dazuzugehören. Einerseits. Andererseits war ich auch froh, nicht mehr in ihrem Alter zu sein. Gerade unter jungen Models gibt es, wie unter allen Mädchen, viel Neid und Konkurrenz, sie vergleichen sich ständig und geben damit an, welche tollen Jobs sie gerade ergattert haben. Im Vergleich zu ihnen konnte ich schon viel gelassener sein. Ich musste mir nichts mehr beweisen. Es war das letzte Mal, dass ich auf ein Casting ging. In Deutschland lief es damals schon sehr gut für mich und ich entschied mich dazu, meine Karriere dort voranzutreiben. Wenn ich heute gebucht werde, dann nicht mehr als »Großes Mädchen, blond, blauäugig«, sondern als Eva Padberg. Eine schöne Bestätigung, dass sich die Arbeit der letzten 15 Jahre doch bezahlt gemacht hat.
Als ich auf die 30 zuging, war ich für diesen Schritt dankbar. Ich fühlte mich
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