Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer
Es ist ein bisschen zerknittert, aber man bekommt einen Eindruck von ihm.
»Oh. Mein. Gott. Er ist zum Niederknien.«
Ich nicke.
» Eindeutig gefährlich. Lass die Finger von ihm, Nonie.«
»Na ja, so weit kommt es wohl nicht. Er hat sich nicht mehr gemeldet oder so was. Er hat ja nicht mal meine Nummer. Abgesehen davon, dass er wahrscheinlich schwul ist.«
Als ich nach Hause komme, sitzt mein Bruder Harry in der Küche und knutscht mit Svetlana rum. Sie sind seit Krähes erster Modenschau zusammen, was jetzt schon fast ein Jahr her ist. Harry studiert Kunst am Central St. Martins College of Art and Design und steht kurz vor dem Examen, doch die meiste Zeit arbeitet er als DJ auf Szenepartys und Modeevents, so dass er sie öfter zu sehen bekommt als viele Jungs vor ihm. Das hält die beiden allerdings nicht davon ab, in der Öffentlichkeit wie Kletten aneinanderzukleben.
»Nehmt euch ein Zimmer«, sage ich und lasse meine Tasche fallen, um mir eine heiße Schokolade zu machen.
Harry lacht.
»Ach, übrigens. Da hat so ein Typ angerufen, als du unterwegs warst. Alexander? Er hat gesagt, ihr hättet euch in Paris kennengelernt. Und dass am Donnerstag eine Aufführung der Nachwuchstalente ist und ob du hingehen willst. Er könnte sich im Anschluss auf einen Happen mit dir treffen. Ich habe dir die Einzelheiten aufgeschrieben.«
»Danke.«
Ich schäume meine Schokolade auf. Ich bin sehr gut im Zubereiten von heißer Schokolade und habe eine raffinierte Methode entwickelt. Außerdem lenkt es mich von meinem Schock ab. Und schindet Zeit, bis mein Gesicht wieder seine normale Farbe angenommen hat.
»Komm schon«, sagt Harry. »Wer ist er?«
»Ein Balletttänzer«, sage ich. »Keine Sorge. Er ist schwul. Ihm haben nur meine Stiefel gefallen.«
»Alexander Taylor?«, fragt Svetlana. »Der Neue von der Royal Ballet School?«
»Äh, ja.«
Einen Moment lang bin ich überrascht, dass Svetlana ihn kennt, doch andererseits geht sie ungefähr auf zehn Partys am Tag und kennt wahrscheinlich jeden einzelnen interessanten Menschen in London, New York, Paris und Mailand.
Ich setze mich zu ihnen an den Tisch. Sie haben aufgehört zu knutschen. Svetlana schält sich aus seinen Armen und balanciert auf Harrys Knie.
»Ich dachte, er ist mit Lulu Frost zusammen«, sagt sie nachdenklich. »Vor ein paar Monaten habe ich mit ihr in New York gearbeitet. Zurzeit steht sie für Gucci vor der Kamera. Er ist jünger als sie, aber ziemlich hartnäckig. Und selbstbewusst. Und er ist so was von nicht schwul, Schätzchen.«
Sie sieht mich mit einem frechen Grinsen an.
»Oh«, sage ich.
Und trinke ganz viel heiße Schokolade. Was, hoffe ich, als Grund dafür durchgeht, warum meine Wangen wieder Poncho-rot sind.
»Sie sieht aus wie ein Pferd«, sagt Jenny solidarisch.
Wir sind in meinem Zimmer. Angeblich, um Französisch-Hausaufgaben zu machen. Jenny redet und redet und redet von dem Treffen mit dem Regisseur von Bills neuem Stück am Donnerstag. Ich erwähne ganz kurz Lulu Frost. Jenny besteht darauf, Bilder zu sehen.
Zufälligerweise macht Lulu Werbung für einen Mantel im gleichen Sunday Times- Magazin, in dem der Artikel über Krähe erschienen ist ( Flowerpower: Die Newcomerin der Modeszene erblüht. Nur ein winziges Sätzchen am Ende erwähnt die Sklavenarbeit. Große Erleichterung).
Lulu hat glänzendes schwarzes Haar, saphirblaue Augen und lange, lange Wimpern. Trotz der langen Wimpern sieht sie eindeutig nicht wie ein Pferd aus.
»Sie ist wunderschön«, erkläre ich.
»Ihre Nase ist zu groß.«
»Sie ist ein SUPERMODEL.«
»Nein, ist sie nicht. Nicht wie Svetlana. Sie macht nur im Moment viel Werbung. Sie ist Model. Das ist alles.«
»DAS IST ALLES?«
»Hör zu, dass er nicht mehr in sie verknallt ist, ist ja nicht deine Schuld, oder?«
»Ich dachte, du hättest gesagt, er ist gefährlich und ich soll die Finger von ihm lassen.«
»Das ist er und das sollst du. Ich meine nur, dass du viel hübscher bist als sie. Ich kann gut verstehen, dass er mehr auf dich steht. Ich finde nur, du sollst ihn ignorieren.«
»Oh, vielen Dank, Jen.«
Ich nehme sie in den Arm und drücke sie fest. Sie ist wirklich die netteste beste Freundin, die man sich vorstellen kann. Ich weiß genau, dass ich ein pfannkuchengesichtiger Zwerg mit Flokatihaar bin, aber Jenny sagt genau das Richtige.
»Und? Was wirst du tun?«
Sie sieht mich ziemlich streng an. Ich weiß, ich sollte sagen, dass sie Recht hat und ich Alexander nicht mal
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