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Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer

Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer

Titel: Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Bennett
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habe, als er so fies war. Jemanden mit Leidensmiene durchs Haus schleichen zu sehen ist eben was anderes, als mit jemandem zu reden. Und nicht nur das, jetzt gibt er mir den iPod und lässt eine Playlist mit Bollywood-Songs laufen, um mich auf unsere Reise einzustimmen.
    »Was ist mit der russischen Volksmusik?«, frage ich.
    »Ich habe beschlossen, dass die Phase vorbei ist«, sagt er. »Hat nicht geholfen. Versuch’s mal damit.«
    »Damit« ist fröhlich und durchgedreht und wild und macht Lust, mit kreisenden Armen durchs Flugzeug zu tanzen. Viel besser als russische Volksmusik. Ich versuche beim Musikhören Französisch zu lernen und Harry hat Recht: Es hilft. Diese Musik macht, wenn es sein muss, vielleicht sogar Erdkunde erträglich.

Es heißt, Indien sei seltsam und verrückt und chaotisch und bunt. Immer wird von der Hitze und den Menschenmassen geredet und dass es anders ist als alles, was du bis dahin erlebt hast.
    Doch wer das behauptet, hat noch nie bei der Fashion Week eine Modenschau organisiert.
    Wir kommen am Flughafen von Mumbai an, und obwohl es Nacht ist, ist die Luft warm und feucht. Ich sehe Hunderte von Menschen, die herumhetzen, manche höchst zielstrebig, andere vollkommen ziellos. Überall wimmelt es, wird durcheinandergeschrien, hektisch in Handys geredet, und die Leute tragen jede erdenkliche Art von Outfit, von Netzhemden zu schicken Anzügen und wehenden Schals. Ich sehe Schlangen von aufgeregten Menschen und genervte Leute, die versuchen irgendeine Art von Ordnung herzustellen. Genauso war es letztes Jahr bei der Modenschau und ich fühle mich sofort wie zu Hause.
    Ich schaue nach Krähe und sehe den gleichen Ausdruck in ihrem Gesicht: glückliches Staunen. Wir wissen, dass wir wunderschöne Tage vor uns haben. Edie wirkt ein bisschen überwältigt und sie weicht nicht von Harrys Seite. Für jemanden, der später mal bei den Vereinten Nationen arbeiten will, muss sie ein bisschen entspannter werden, wenn sie auf Reisen geht.
    Wir sollen von dem Mann abgeholt werden, der die größte Kleiderfabrik von Miss Teen in Indien leitet. Er heißt Mr Patil und entpuppt sich als kräftiger, lauter Herr in einem makellosen Seidenanzug, der hocherfreut ist uns zu sehen, als wir es endlich durch die Passkontrolle geschafft haben. Er hat seine Frau und Kinder und zwei Autos mitgebracht, damit wir alle reinpassen, wenn er uns zu unserem Hotel bringt.
    Während unsere Koffer in die Autos geladen werden, schlägt Mr Patil vor, dass Harry und Krähe mit ihm fahren und Edie und ich mit seiner Frau und den Kindern hinterherkommen. Doch die Fahrt verläuft anders, als ich erwartet habe. Während ich neugierig aus dem Fenster spähe und versuche die Lichter von Mumbai zu erkennen, beschließt Mrs Patil, dass jetzt ein guter Zeitpunkt zum Pauken ist.
    »Suraj ist der Beste in Mathematik«, sagt sie stolz über ihren Sohn, der aussieht, als wäre er neun.
    »Edie auch«, antworte ich, ohne nachzudenken.
    Edie wirft mir den Blick zu, aber es ist zu spät.
    »Wie wunderbar«, sagt Mrs Patil. »Machen wir einen Test. Wie viel ist viertausendvierundsiebzig geteilt durch sieben?«
    Ich gehe davon aus, dass sie einen nett gemeinten Witz macht, und sehe wieder aus dem Fenster, doch eine Sekunde später sagt Suraj: »Fünfhundertzweiundachtzig«, und Edie sieht total genervt aus. Mrs Patil stellt noch eine Aufgabe und zu Edies Erleichterung ist sie diesmal schneller. Doch jetzt hat das Rennen begonnen und wir üben auf dem ganzen Weg in die Stadt Kopfrechnen. Suraj und Edie zumindest. Seine kleine Schwester und ich sind still und sehen aus unseren Fenstern. Ihre Entschuldigung ist, dass sie fünf ist. Meine, dass ich mir das Mathe-Pauken für das Ende der Ferien aufhebe.
    Durchs Fenster sehe ich, wie Mumbai aus der Dunkelheit auftaucht. Manche Viertel scheinen nur aus Hochhäusern und Autobahnbrücken zu bestehen. Andere sind kaum mehr als Zelte. Viele Wohnblocks haben einen Saum kleiner Wellblechhütten auf Straßenhöhe, der aussieht wie ein Minirock. Der Verkehr ist chaotisch, selbst um Mitternacht, und lauter als der Piccadilly Circus und es wird gehupt, als wäre es ein Wettbewerb. Die Luft riecht sogar durch die laufende Klimaanlage im Wagen süß und würzig. Ich suche Edies Blick, um zu sehen, ob sie die ersten Eindrücke auch so genießt wie ich, aber sie konzentriert sich gerade auf eine schwierige Division.
    Als wir in die Gegend kommen, in der unser Hotel ist, traue ich meinen Augen nicht. Die Gebäude in

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