Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer

Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer

Titel: Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Bennett
Vom Netzwerk:
sie. »Ich lese gerade was über die Mumbai Fashion Week. Ich will wirklich nicht hören, wie irgendwem die Hände abgehackt werden, vielen Dank.«
    Krähe kichert. Selbst Harry blickt lächelnd auf.
    Ab da versucht Edie ungefähr jede halbe Stunde uns irgendwas Wichtiges über unser Reiseziel zu erzählen und wir bringen sie abwechselnd zum Schweigen. Selbst als sie sich einfach nur noch normal unterhalten will, schneiden wir ihr das Wort ab, für den Fall, dass sie versucht irgendwelche wichtigen Informationen einzustreuen. Die anderen Passagiere, die mit uns im Abteil sitzen, halten es für irgendein wahnsinnig komisches englisches Gesellschaftsspiel und machen mit.
    Am Ende gibt Edie auf. Harry, Krähe und ich langweilen uns irgendwann und unterhalten uns über die Märkte, die wir gesehen haben, und die Fabrik und was wir noch alles tun wollen, bevor wir nach Hause fahren, aber diesmal beteiligt sich Edie nicht. Mir fällt auf, dass sie irgendwie käsig aussieht. Tut mir leid, aber daran ist sie selbst schuld. Wir haben keine Lust, die Ferien mit einem wandelnden Reiseführer zu verbringen. Sie zieht schließlich den megadicken Wälzer von Rudyard Kipling heraus, den sie mitgebracht hat, und vergräbt sich darin.
    Irgendwann um die Teestunde fährt der Zug in Agra ein. Ich kann kaum glauben, dass die zwanzig Stunden so schnell vergangen sind. Und dass ich meinen Sitzplatz vermissen werde, und das Essen und die Unterhaltung.
    Die Taxifahrt vom Bahnhof in Agra zum Hotel ist halsbrecherisch und dauert ungefähr viermal so lang, wie sie sollte, aber das gehört mit zum Abenteuer. Das Beste ist, in unserem neuen Hotel gibt es einen Swimmingpool und das Abendessen wird am Pool serviert (Edie ist fast am Verhungern), und unsere Zimmer sind mit Marmor ausgekleidet, was uns einen Vorgeschmack auf das Taj Mahal gibt.
    Wir stellen unsere Wecker auf die frühen Morgenstunden, denn anscheinend muss man das Taj Mahal »unbedingt bei Sonnenaufgang« sehen. Das Ding zu besichtigen ist wirklich nicht einfach.
    Als ich aus dem Bad komme, hat Krähe das fuchsienrote Seidenetuikleid, das sie genäht hat, auf mein Bett gelegt.
    »Für mich?«, frage ich.
    Sie sieht von ihrem Kissen auf und nickt. »Ich kann diese Haremshosen nicht mehr sehen«, sagt sie verschlafen.
    Ich drücke sie und krieche ins Bett, ohne das Kleid anzuprobieren. Ich weiß, dass es perfekt passen wird. Krähes Sachen passen immer.

Es stimmt.
    Man muss das Taj Mahal bei Sonnenaufgang sehen.
    Und es ist weder wie die London Fashion Week noch wie das Victoria-&-Albert-Museum, noch wie der Buckingham Palace oder sonst was, das ich je gesehen habe. Es ist unglaublich. Es ist fantastisch. Es ist so schön, dass ich weinen möchte, während ich hier stehe und zusehe, wie es sich im frühen Morgenlicht rosa färbt.
    Es ist mehr als ein Grund, mit dem ich Mum zum Schweigen bringen kann. Es ist WAHNSINN.
    Wir stehen am Eingang, gleich hinter dem Tor, lauschen den Vögeln, versuchen den stechenden Geruch zu identifizieren (Krähe kommt irgendwann auf »verschwitzter Turnschuh«) und sehen den Kanal hinauf zu dem Marmorpalast mit dem berühmten Zwiebeldach und den hohen Ecktürmen. Es sieht aus wie ein außer Kontrolle geratenes Schmuckkästchen von Walt Disney, nur dass das hier echt ist.
    »Wer hat es noch mal bauen lassen?«, frage ich Edie.
    Sie antwortet nicht. Als ich sie ansehe, stelle ich fest, dass sie Tränen in den Augen hat. Was mich eigentlich nicht überrascht, denn das Taj Mahal hat diese Wirkung, aber ich sehe außerdem, wie ihre Lippe zittert. Ich lege ihr die Hand auf den Arm und frage, ob alles in Ordnung ist, aber sie schüttelt mich ab wie einen von den Leuten, die ständig fragen, ob sie ein Foto für uns machen dürfen.
    Das ist komisch. Ich gehe zu Harry, der voller Ehrfurcht ein paar Meter weiter steht, und rede mit ihm.
    »Irgendwas ist mit Edie los, aber sie sagt mir nicht, was. Kannst du mal mit ihr reden?«
    Er sieht mich besorgt an und nickt. Dann legt er ihr den Arm um die Schulter und führt sie zur Seite, während Krähe und ich weiter die Aussicht bewundern.
    »Ist das ein Schloss?«, fragt Krähe. »Oder eine Moschee? Es sieht ein bisschen so aus, mit diesen Türmen.«
    Mir wird klar, dass ich nicht die leiseste Ahnung habe. Aber Edie weiß Bescheid. Sie liest seit Tagen alles darüber. Sie wird es uns erklären.
    Aber das tut sie nicht.
    Harry kommt mit Edie zurück, die rote Augen hat und sich hinter ihm versteckt. Er erklärt uns, dass

Weitere Kostenlose Bücher