Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
Krähe ihren Geburtstag noch nie gefeiert, oder?«
Das stimmt. Bis jetzt waren wir immer mit einer Kollektion oder so was beschäftigt, so dass sie kaum Zeit hatte, daran zu denken. Doch das zeigt nur, welche Rolle die Mode in diesem Jahr für uns spielt.
»Ich organisiere gerne etwas«, schlägt Mum vor. »Wenn Krähe möchte. Kannst du sie mal fragen, was sie schön fände?«
Ich versuche eine Ausrede zu erfinden, warum ich sie nicht anrufen kann, aber mir fällt nichts ein, und außerdem, nur weil sie nicht mit mir reden will, heißt das nicht, dass sie auf ihre Geburtstagsfeier verzichten muss. Also rufe ich sie an, und sie tut, als wäre nichts gewesen. Sie ist begeistert von der Idee und ist Mum sehr dankbar. Jetzt bin ich noch verwirrter als vorher, aber ich bin froh, dass Krähe sich wenigstens mit einem Mitglied unserer Familie gut versteht.
Sie beschließen eine ganz erwachsene Dinner-Party zu geben, im engsten Freundes- und Familienkreis. Mum schlägt ein schickes Restaurant in Mayfair vor. Ich weiß nicht warum. Unsere Küche ist vollkommen in Ordnung. Aber Krähe findet die Idee gut. Und dann fällt mir auf, dass ich dringend, dringend einen Begleiter brauche.
»Würdest du kommen?«, frage ich Liam nach Französisch. »Es wird bestimmt grauenhaft. Ich meine, schön für Krähe, aber meine ganze Familie ist da. Und wahrscheinlich löchern sie dich mit den peinlichsten Fragen. Aber … na ja, ich will nicht alleine hingehen.«
Ich weiß, dass ich ihn damit unter Druck setze, und schäme mich dafür, aber im Moment fühle ich mich immer so allein, außer wenn er dabei ist.
Er ist sehr tapfer. Er scheint sich sogar zu freuen.
»Ich bin sehr gespannt auf deine Familie«, sagt er. »Ich wollte sie schon lange kennenlernen. Sie klingen alle total verrückt. Vor allem deine Großmutter. Auf in den Kampf!«
Das Restaurant ist wirklich sehr erwachsen und gediegen. Holzgetäfelte Wände und große runde Tische mit Tischdecken und Hängelampen darüber. An den Wänden sind Fotos von einem von Mums Künstlern, was gruselig ist, aber hoffentlich ein gutes Omen. Und die Kellner könnten nicht aufmerksamer sein, selbst wenn wir Elton John und Alicia Keys dabeihätten.
Krähe kommt in einem besonderen Geburtstagsoutfit, bestehend aus einer silbernen Latzhose, einem rotschwarzen Marienkäfercape und zwei kleinen hüpfenden Antennen in ihrem riesigen Afro.
»Marienkäfer bringen Glück«, erklärt sie. »Ich will, dass dieses Jahr ein glückliches wird.«
Hoffentlich bringt der riesige silberne Marienkäfer uns allen Glück. Kaum hat sie sich gesetzt, fügt sie sich so leicht ins Gespräch ein, dass man die Antennen und das Cape ganz schnell vergisst. Sie erzählt Harry ausführlich von Victorias Taschen-Imperium in Uganda. Na ja, Imperium ist vielleicht das falsche Wort. Es ist eine Frauen-Kooperative, die die Sachen herstellt, aber auf mich wirkt es wie ein Imperium. Und wie es aussieht, auf Harry auch. Er wirkt ernsthaft beeindruckt und will gleich ein paar kaufen, um sie auf Modenschauen an seine Freunde zu verschenken. Vielleicht fließt das Geld dafür in die Anschaffung eines neuen Computers.
Ich sitze ihnen gegenüber. Harry sieht mich fragend an und will wissen, woran ich denke. In Wirklichkeit denke ich, ob Krähe sich schon bei den Kamelhaarmännern gemeldet hat, aber ich schwindele und sage, ich bewundere Edies neue Frisur. Nach vielen Jahren hat sie sich endlich einen kurzen Bob schneiden lassen und sie sieht wunderschön damit aus. Anscheinend hatte Krähe die Idee. Nach der Sache mit Gloria hat Krähe sich Edies angenommen. Wir sehen alle zum anderen Ende des Tischs, wo sie sitzt. Seit Gloria aus dem Krankenhaus entlassen wurde, ist sie viel fröhlicher geworden. Und der neue Haarschnitt ist ein echter Volltreffer.
»Besser«, sagt Harry grinsend und zieht eine Augenbraue hoch. »Eindeutig besser. Sie sieht zum Anbeißen aus. Aber sag ihr das nicht.« Und das von einem Typ, der ständig mit Models zu tun hat und mit einem Supermodel verlobt ist – besser wird es nicht.
In der Zwischenzeit hat Mum Liam in Beschlag genommen. Nachdem sie die langweiligen Fragen zu seinen Hauptfächern und College-Bewerbungen abgehakt hat, reden sie von Lieblingsfotografen, und es zeigt sich, dass Liam fast so viel über Henri Cartier-Bresson weiß wie Mum. Tatsächlich läuft alles dermaßen gut, dass ich langsam anfange ein dickes Ende zu wittern.
Dann ist Granny an der Reihe. Ich zucke zusammen, als sie
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