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Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft

Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft

Titel: Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Bennett
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ihn nach seiner Familie ausfragt – wo sie herkommen, wo genau in Kensington sie leben, und lauter »harmlose« Fragen, die zu Tage fördern sollen, ob er aus gutem Haus ist und ob irgendwo im Hintergrund ein Onkel mit einer Yacht ist oder ein Treuhandfonds oder sonst was Nützliches. Ich kann kaum zuhören. Denn ich weiß, dass Granny gleich rausfindet, dass Liams Vater Koch ist. Und zwar keiner mit einem Michelin-Stern, sondern der Koch in dem Café um die Ecke der Schule, wo wir uns zum Lernen treffen. Und seine Mutter arbeitet am Empfang in dem Krankenhaus, in das Gloria eingeliefert wurde. Zufälligerweise haben sie ein Dinghi, das bei einem Onkel an der Westküste von Irland liegt, aber wenn ich versuchen würde durch einen Sprung davon meine hübschen Beine zur Geltung zu bringen, würde ich das Dinghi wahrscheinlich versenken.
    Ich beschließe mich rauszuhalten, obwohl mir unweigerlich auffällt, dass Granny mit jedem Stück Information, das sie von Liam bekommt, blasser wird – aber ich hatte ihn gewarnt und hoffe, er findet die ganze Sache witzig. Stattdessen konzentriere ich mich auf das Essen, ein saftiges Steak, und auf Mum, die inzwischen mit Krähe über Brautkleiderentwürfe spricht.
    »Das Kleid von McQueen klingt traumhaft«, sagt Krähe. »Isabelle hat mir davon erzählt. Sarah Burton entwirft das Kleid für den Empfang. Das Oberteil wird von einem goldenen Reif um den Hals gehalten, und der Rock ist aus Chiffoncrêpe.« Ihre Finger tanzen durch die Luft, als sie es mit den Händen beschreibt.
    »Wunderschön«, seufzt Mum. »Perfekt für eine junge Frau wie Isabelle. Für mich muss ich mir was anderes ausdenken.«
    Dann beißt sie sich auf die Lippe, starrt mich einen Moment an, greift nach dem Weinglas, um ihre Verlegenheit zu überspielen, und verschluckt sich.
    Sie hätte einfach weiterreden sollen, dann wäre es mir vielleicht gar nicht aufgefallen. Oder ich hätte gedacht, dass sie es rein theoretisch gemeint hat, auf abstrakter Ebene. Aber das Seufzen und Lippebeißen und Starren und Verschlucken haben sie verraten.
    »Tut mir leid«, sagt sie zu Krähe. »Ich dachte gerade an … was anderes. Also, erzähl mir von … dem dritten Kleid. Dem Kleid für den Abend? Wer entwirft das?«
    Aber es ist zu spät für das Ablenkungsmanöver. Offensichtlich malt Mum sich schon ihr Hochzeitskleid aus, und sie hat mich immer noch nicht ins Vertrauen gezogen. Wenn sie Vicente wirklich heiratet, heißt das, dass sie nach Brasilien zieht, weil er schließlich nicht nach London ziehen kann. Er muss sich um seine ganzen Öko-Projekte kümmern. Kein Wunder, dass sie nicht darüber reden will.
    Liam tippt mich an.
    »Alles klar?«
    Ich nicke. Dies ist Krähes Abend, und ich darf ihn nicht verderben. Das Gespräch plätschert weiter, aber ich kann mich nicht mehr konzentrieren, und Mum auch nicht, das merke ich ihr an. Dann werden im ganzen Lokal die Lichter runtergedreht, und aus der Küche kommt ein Mann mit einer großen Schokoladengeburtstagstorte, auf der sechzehn weiße Kerzen brennen. Es sieht wunderschön aus. Liam tippt mich wieder an. Mir fällt auf, dass alle klatschen, und ich klatsche mit.
    Der Abend entwickelt sich von unangenehm zu total schräg. Der Mann, der die Torte bringt, ist nämlich kein normaler Kellner. Es ist unser Nachbar. Der, der unser Haus kaufen will, wenn Mum nach Brasilien zieht.
    »Das ist Peter Anderson«, stellt Mum ihn den Leuten vor, die ihn noch nicht kennen. »Ihm gehört das Restaurant. Er hat uns netterweise den besten Tisch reserviert.«
    Aha. Deswegen also die Sache mit dem Restaurant in Mayfair.
    Harry und Edie rutschen auf, damit Peter sich zu uns setzen kann. Wir singen alle Happy Birthday für Krähe. Dann essen wir Torte. Und trinken Kaffee. Mum will die Rechnung bezahlen, aber Mr Anderson sagt Nein, kommt nicht in Frage. Wir holen unsere Jacken. Gehen nach draußen. Erst als Liams Gesicht ungefähr zwei Zentimeter von meinem entfernt ist, wird mir klar, dass jetzt der Abschiedskuss kommt. Normalerweise hätte ich seit einer halben Stunde an nichts anderes gedacht. Jetzt habe ich nicht mal die Chance, die Vorfreude zu genießen.
    Er sieht mich besorgt an.
    »Erzähl es mir morgen«, sagt er.
    »Was denn?«
    »Was los ist.«
    Ich sehe ihm hinterher und überlege. Es gibt Dinge, die habe ich weder Krähe noch Edie und noch nicht einmal Jenny erzählt. Es gibt Dinge, die ich nie jemandem erzählen wollte. Dachte ich. Aber vielleicht ist es diesmal anders.

Wir

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