Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
Buch«, erinnere ich ihn. »Ein schönes, über Alexander McQueen.«
»Ein Buch. Genau«, sagt er. »Ein Flugticket wäre viel passender, findest du nicht?«
Na ja, wenn er so fragt. (Obwohl Alexander McQueen ein Modegott war und das Buch wirklich wunderschön ist.)
Mum lacht. »Ich weiß, wann ich mich geschlagen geben muss. Ich rufe am Montag bei deiner Direktorin an, Nonie. Wenn sie sagt, du hast es dir verdient, kannst du fahren. Und Harry, du bist unverbesserlich, weißt du das?«
Sie lächelt meinen Bruder zärtlich an. Er kann sie zur Weißglut treiben, aber er kriegt sie immer rum. In der Hinsicht geht es ihr nicht anders als den meisten Frauen. Außerdem macht er es ihr leicht. Er hat Kunst studiert. Er hat einen tollen Job. Er ist mit Supermodels zusammen. Wenn er etwas öfter sein Zimmer aufräumen würde, wäre er fast perfekt.
»Danke«, sage ich später zu ihm, als wir vor dem Fernseher sitzen und Mum oben an ihrem Schreibtisch ist.
»Kein Problem«, sagt er und zuckt freundlich die Schultern. »Ich habe übrigens gerade mit Issy telefoniert und sie sagt, dass du genau zum Ende der Fashion Week kommst. Sie freut sich darauf. Wenn du nett bist, zeigt sie euch sogar die Frick.«
Er grinst mich an und wartet, dass ich ihn endlich frage, was die Frick ist. Aber ich geh nicht darauf ein. Ich kann es später nachschlagen. Im Moment denke ich an Isabelle. Ich habe ein schlechtes Gewissen, ihre Nettigkeiten anzunehmen, während ich mich insgeheim frage, ob sie wirklich die Richtige für meinen Bruder ist. Aber vielleicht kann ich die Zeit in New York nutzen, um ein für alle Mal dahinterzukommen: Will sie Harry aus Liebe heiraten, oder will sie ihn nur, damit sie mit der perfekten Tiara den blütenblätterbestreuten Gang zum Altar hinaufschreiten kann, mit ihren schlammfarbenen Spitzenbrautjungfern im Schlepptau? Für jemand so Schönes fand ich sie immer zu nett. Irgendwo muss doch der Haken sein. Aber wenn es einen Haken gibt, würde sie Harry nicht ins Unglück stürzen? Irgendwie will ich den Haken finden – um zu beweisen, dass sie auch nur ein Mensch ist –, und irgendwie nicht.
Am nächsten Tag erklärt die Schuldirektorin meiner Mutter, dass ich in diesem Jahr fleißiger war als in den letzten sechs Jahren zusammen, und Mum gibt mir tatsächlich die Erlaubnis, nach New York zu fahren. Ich rufe sofort Edie an.
»Ehrlich?«, fragt sie. »Bist du dir sicher? Ich würde es auch allein schaffen.«
»Keine Sorge, ist alles geklärt«, sage ich. Statt: »Nein, würdest du nicht – auf Reisen bist du eine wandelnde Katastrophe«, was ich eigentlich denke.
Liam freut sich total für mich und ist ziemlich neidisch. Er wollte schon immer nach New York. Abends chatten wir stundenlang und sagen einander, wie sehr wir uns vermissen werden, was von meiner Seite zwar die Wahrheit ist, aber nicht die einzige.
Ich bin nämlich auch ein kleines bisschen erleichtert, wenn er mir ein paar Tage lang nicht in den Ohren liegt, dass ich mit Mum reden muss. Ich weiß, er hält es für eine tolle Idee, dass wir endlich Klartext über Vicente reden, aber ehrlich gesagt würde ich lieber noch zehn Prüfungen zu Shakespeare schreiben. Und das war nicht gerade ein Vergnügen.
»Wenn du mir NOCH EIN MAL sagst, wie viel besser die erste Klasse ist, ramme ich dir höchstpersönlich die Plastikgabel zwischen die Rippen«, sagt Edie nach der Hälfte des Flugs. Vielleicht habe ich die breiteren Sitze, die Beinfreiheit, den Schlafanzug, die Zeitschriften, die Filme und die Prominenten einmal zu viel erwähnt …
Edie hat sich in einen ihrer vier Reiseführer vertieft und macht sich Notizen.
»Ich habe unser Pensum auf die zwölf wichtigsten Sehenswürdigkeiten reduziert, die wir auf keinen Fall verpassen dürfen«, sagt sie. »Wenn wir bei Ground Zero am Südende von Manhattan anfangen und uns systematisch bis zum Central Park vorarbeiten, sollten wir es schaffen.«
»Das soll ein Besuch bei Jenny werden«, wende ich ein. »Keine Nordpolexpedition.«
»Ja, ich weiß«, sagt Edie gereizt. »Aber wo wir schon mal da sind … Ich meine, stell dir mal vor, wir würden das Guggenheim, das Met oder die Public Library verpassen. O nein! Ich habe die Freiheitsstatue vergessen.«
Sie geht noch mal ihre Notizen durch und fängt wieder an zu schreiben.
Die Public Library mag ja ganz schön sein, aber bei mir würde sie ehrlich gesagt nicht unter den Top Zwölf landen. Nicht, wenn ich auch noch Saks Fifth Avenue, Barneys,
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