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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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nahezu unkenntlich.
    Ein einfacher Vorstadtgasthof an der Grenze nach Langfelde zu war sein Ziel. Als die Uhr einer nahen Kirche anhub zehn Schläge zu tun, trat er in die Gaststube und weiter durch einen Flur. An der letzten Tür hing ein einfaches Pappschild. Mit Blaustift stand darauf: »Lotterieverein Konkordia«. Er trat ein. An verschiedenen Tischen saßen bereits kleinere Gruppen, alles in allem etwa ein Dutzend Personen. Im Laufe der nächsten zehn Minuten kamen noch andere hinzu. Merkwürdig international war dieser Lotterieverein. Da saßen ein Kaufmann aus Lodz, bei Rasmussen die Dame aus Rumänien; am nächsten Tische saßen mehrere Engländer, Franzosen und Italiener. Mit gedämpfter Stimme, bald in dieser, bald in jener Sprache, wurde die Unterhaltung geführt und sprang sofort auf harmlose Gegenstände über, wenn die Bedienung ins Zimmer gerufen wurde.
    Um viertel elf kam als letzter Mac Andrew, der Chef der Organisation. Schweigend ließ er sich an dem großen Mitteltisch nieder. Von allen Seiten rückten die andern hinzu. Der Bund der Wissenden war beisammen und hielt seine Sitzung. Mac Andrew leitete die Versammlung und gab Bericht.
    Böse Nachrichten kamen aus drei Weltteilen. In aller Stille hatten die Zollbehörden ein neues Röntgenverfahren in Gebrauch genommen und ganz unerwartet in verschiedenen Häfen benutzt; ein geistvolles, aber für die Geschäfte der Organisation äußerst gefährliches Verfahren. Schon früher hatte man verdächtige Sendungen mit Röntgenstrahlen durchleuchtet und etwa vorhandene Metallteile, Brillanten und dergleichen schnell entdeckt. Jetzt aber war die Härte der Strahlen so genau dosiert, daß sich auch geringe Dichtigkeitsunterschiede im Inhalt der Sendungen auf dem Leuchtschirm abzeichneten.
    Je weiter der Chef in seinem Bericht fortfuhr, umso verdrossener wurden die Mienen seiner Zuhörer. Vorbei war es also mit dem bequemen Verfahren, Beutelchen mit der »Ware« einfach in andere Chemikalien zu packen. Man konnte keine Büchsen mehr verschicken, die eine gehörige Menge der »Ware«, etwa in kohlensaurem Natron oder ähnlichen harmlosen Chemikalien verborgen, enthielten.
    »Vorbei, Myladies and Gentlemen!« bestätigte der Chef. »Man hat uns in drei Häfen beträchtliche Sendungen beschlagnahmt. Was wir noch irgendwie aufhalten konnten, haben wir sofort funktelegraphisch aufgehalten. Leider war es unmöglich, alle Sendungen abzustoppen. Der Weg ist uns verbaut. Suchen Sie etwas Neues ausfindig zu machen!«
    Die Teilnehmer der Gesellschaft steckten die Köpfe zusammen. Eine schlecht unterdrückte Verwünschung wurde hier und da hörbar. Der Mann aus Lodz begann halblaut auf die Zöllner und die Röntgenstrahlen zu schimpfen. Vor Jahren hatten sie ihm schon seinen Möbeltrick damit verdorben. Wie schön war’s damals noch, als man in präparierten Möbeln – Klaviere waren besonders bevorzugt – Dutzende von Kilogrammen des verbotenen Stoffes unterbringen und unauffällig über die Grenze paschen konnte.
    »Warum nehmen Sie nicht Automobile?« fiel ihm ein Agent aus Chikago ins Wort. »Damit geht’s auch heute noch. Was Sie in die stählernen Rohre stecken, können die Röntgenstrahlen nicht finden. Ein feiner Job war das neulich. Habe aus U.S.A. fünfzig Fordwagen nach Brasilien geschafft, jeden einzelnen geladen mit Ware. Jeder Hohlraum war bis zum Platzen vollgepfropft. Großartiges Geschäft, Gentlemen! Unser brasilianischer Mann ist die Ware natürlich gleich los geworden. Dann aber« – er lachte laut auf – »smarter Junge, der Bursche. Geht hin, verkauft auch die Wagen mit gutem Nutzen und verlangt von der Gesellschaft den ganzen Gewinn als seinen Anteil. Bin neugierig, wie die Sache ausgehen wird.«
    Der Chef unterbrach ihn. »Die Angelegenheit mit Antonio Pereira ist geregelt. Er hat den Gewinn an die Gesellschaft abgeführt. – Ich muß Ihre Aufmerksamkeit noch auf einen andern Punkt lenken. Gentlemen, ich ersuche um die größte Vorsicht und Sorgfalt bei der Anwerbung neuer Leute. Der Vorfall in Rom hätte sich vermeiden lassen.«
    Gespannt horchten die Versammelten auf. Was war in Rom geschehen?
    Der Chef fuhr fort: »Der Händler Giuseppe Moltani bei den Thermen des Caracalla hat den bedenklichen Einfall gehabt, seine Lieferanten an die Polizei zu verraten. Zwei unserer Leute sind verhaftet worden.«
    Das Stimmengewirr im Zimmer schwoll an. Ausdrücke des Abscheus, Rufe nach Rache wurden laut. Mit einer Handbewegung beschwichtigte Mac

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