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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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zu einer Maschine, deren blinkende Glieder sich in schnellem Spiel bewegten, und öffnete eine eiserne Klappe daran.
    Gransfeld sah in einen durch eine starke Glasscheibe abgeschlossenen Raum, in dem stählerne Stempel in sinnverwirrender Schnelligkeit eine zufließende weiße Masse in Tablettenform preßten. In stetem Strom fielen die fertigen Tabletten in ein schräges Stahlrohr, das zur nächsten Maschine führte.
    Rübesam deutete dorthin. »Das da drüben ist die Packmaschine. Hier in der ersten Maschine wird der Stoff zu Tabletten gepreßt, und die Tabletten werden gezählt.« Er wies auf das plombierte Zählwerk, dessen Ziffernräder in schneller Bewegung waren. »Im geschlossenen Stahlrohr rollen die Tabletten zur Packmaschine; dort werden sie automatisch zu je zwanzig Stück in Glastuben gepackt, die Tuben werden verschlossen, und jede fertige Tube wird ebenfalls von einem plombierten Werk gezählt. Doppelte Kontrolle also, Gransfeld. Der Stand des Zählwerkes an der Tablettiermaschine, durch zwanzig geteilt, muß immer den zugehörigen Stand des Zählwerkes an der Packmaschine ergeben. Du mußt zugeben, daß hier nichts wegkommen kann.«
    Gransfeld besah sich die Einrichtung sehr gründlich. Hier schien in der Tat jeder Unterschleif mit den besten Mitteln modernster Technik unmöglich gemacht zu sein.
    »Na, Gransfeld, ungläubiger Thomas, bist du endlich überzeugt?«
    Der Doktor ging noch einmal von den Maschinen bis zum letzten Kessel zurück. Jede Einzelheit der Anlage, jede Schraube, jedes Krümmerstück schien er mit den Augen verschlingen zu wollen. Dann blickte er sich in dem Raum um. »Bloß zwei Leute in dem ganzen Saal, Rübesam? Das ist wenig für die große Anlage.«
    »Weil alles automatisiert ist, Gransfeld. Wir brauchen in der Tat für jede Schicht nur zwei Mann, natürlich erprobte und zuverlässige Leute, die wir sorgfältig ausgesucht haben.«
    Gransfeld zog seine Uhr. »Ich danke dir für die Führung und deine Erklärungen, lieber Rübesam. Jetzt muß ich gehen. Willst du so gut sein, mir auch deine Privatadresse zu geben?«
    Rübesam lachte. »Meine Privatadresse und meine Geschäftsadresse sind ein und dieselbe. Ich wohne auch hier. Die Direktion hat mir ein nettes Häuschen mit einem hübschen Garten mitten im Werk zur Verfügung gestellt. Wenn du mich da besuchen willst, brauchst du nur beim Pförtner am Hauptportal nach mir zu fragen.« —
    Rudi hatte sich den Vormittag über auf dem Bahnhof vergeblich die Augen ausgeguckt. Unter den vielen, die den Wagen entquollen, war die Dimitriescu nicht gewesen. Etwas enttäuscht verließ er zur verabredeten Zeit seinen Posten und ging zum Werk. Schon von weitem hörte er die Sirenen heulen, die den Schichtwechsel verkündeten. Als er vor dem Hauptportal anlangte, strömten die Arbeitermassen der abgelösten Schicht ins Freie. Er geriet in die Menge und wurde ein Stück von ihr mitgerissen.
    An der nächsten Straßenecke stand ein Bananenhändler mit seinem Wagen. Hier gelang es Rudi, aus dem Strom herauszukommen. Er trat an den Wagen und kaufte sich ein paar Bananen, in der Absicht, im Schutze des Wagens das Gedränge abflauen zu lassen und danach zum Portal zurückzugehen.
    Gemächlich schälte er sich eine der Früchte und war gerade im Begriff hineinzubeißen. Da – der Bissen blieb ihm im Munde stecken. Den Mann da, der kaum dreißig Schritt von ihm entfernt an der Bordschwelle stand, den kannte er doch! Unwillkürlich trat er ganz hinter den Wagen und beobachtete, durch die Leinwandplane gedeckt, weiter.
    Der Mann an der Bordschwelle war wie die übrigen Fabrikarbeiter einfach und unauffällig gekleidet. Aber trotzdem – auf seine Augen konnte Rudi sich verlassen. Damals als Fahrgast der ersten Klasse im feinen Abendanzug, hier in Gorla im einfachen Kleide eines Werkmannes – trotz alledem, es konnte niemand anders sein als Mr. Morton von der »Usakama«.
    Jetzt mischte sich der Beobachtete unter die Menge auf dem Bürgersteig und gesellte sich zu einem andern, dem er leicht zunickte. Nebeneinander gingen die beiden weiter und kamen dicht an dem Bananenwagen vorüber.
    Von seinem Platz aus sah Rudi, wie der Werkarbeiter in seine Rocktasche griff. Er schien die Absicht zu haben, Morton etwas zu geben. Auf einen Wink des Engländers schob er es jedoch wieder zurück. Dann waren die beiden vorbei, tauchten in der Menge unter und kamen Rudi aus den Augen.
    Einen Augenblick lang überlegte der Junge. Sollte er ihnen vorsichtig folgen und

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