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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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ganz gut so, wenn sie ihr vorläufig nicht vor die Augen kamen und jede Möglichkeit eines Verdachtes vermieden wurde. —

3 Die »Organisation«
    Kurz nach Tisch empfing Rasmussen den Besuch der Dimitriescu. »Ich bin überrascht, Sie noch hier zu sehen. Ich vermutete Sie schon seit Stunden auf der Bahn.« Er schwieg, als er ihre ernste Miene sah, und lud sie mit einer Handbewegung ein, Platz zu nehmen.
    Aufgeregt zog sie die Handschuhe von den Fingern und knüllte sie nervös zusammen. »Ein Zwischenfall, Herr Rasmussen. Oh, es ist allerlei geschehen!«
    Gespannt fragte Rasmussen: »Hoffentlich nichts Ernstes, Frau Dimitriescu? Aber doch, es muß ernsthaft sein, denn sonst hätten Sie Ihre Reise nach Gorla nicht verschoben.«
    »Es ist so ernsthaft, Herr Rasmussen, daß der Chef deswegen aus England gekommen ist. Sitzung findet heute abend um zehn Uhr am bekannten Orte statt. Sie müssen selbstverständlich kommen.«
    Während die Dimitriescu sprach, schien ihre Nervosität auch auf Rasmussen überzugehen. »Wissen Sie etwas Näheres. Frau Dimitriescu? Können Sie mir sagen, um was es sich handelt?«
    Sie zuckte die Achseln. »Nichts Bestimmtes. Mehrere Sendungen sollen entdeckt und angehalten worden sein.«
    Rasmussen wurde ruhiger. »Sendungen angehalten? Du lieber Himmel, das ist schon öfter geschehen! Deshalb braucht doch der Chef nicht selber herzukommen.«
    »Es ist nicht nur das, Herr Rasmussen. Die Schweigsamkeit der Polizei ist beunruhigend. Sonst posaunen die Leute jeden kleinen Erfolg aus, diesmal aber – es heißt, daß die gleichzeitigen Beschlagnahmungen in Port Said, Bombay und Schanghai ziemlich bedeutend gewesen sein sollen – diesmal ist kein Wörtchen darüber in den Zeitungen zu lesen.«
    »Hm, hm!« Rasmussen schüttelte nachdenklich den Kopf. »Das allerdings – das ist eine merkwürdige Sache.«
    Die Dimitriescu fuhr fort: »Die Geschichte kommt dem Chef nicht geheuer vor. Er fürchtet, glaube ich, daß die Polizei einen großen Schlag vorbereitet, und ist hierher gekommen, um neue Verhaltungsmaßregeln zu geben. Sie wissen, daß in solchen Fällen unsere alte Taktik …«
    Näher rückten die beiden jetzt zusammen und sprachen nur noch mit gedämpfter Stimme. Erst nach einer Stunde verabschiedete sich die Dimitriescu.
    Als Rasmussen sie in den Vorraum geleitete, trat ihm seine zwanzigjährige Tochter Susanne in den Weg. »Väterchen, wir wollten doch einen Ausflug mit dem Wagen machen. Hast du jetzt Zeit?« Sie stockte, als sie die Fremde in der Gesellschaft ihres Vaters erblickte. »Verzeihung! Ich hatte nicht gesehen …«
    Rasmussen half ihr über die Verlegenheitspause. »Ja, gewiß, mein Kind, ja, wir wollen eine Fahrt ins Freie machen. – Wollen Sie vielleicht mitfahren, gnädige Frau?« wandte er sich an die Dimitriescu.
    »Danke, nein, Herr Rasmussen. Sehr liebenswürdig von Ihnen. Ich habe noch Besorgungen in der Stadt zu erledigen. Auf Wiedersehen!« Sie verließ die Wohnung.
    Susanne zog ihren Vater in das Wohnzimmer zurück. »Sage, Väterchen, was ist das für eine unsympathische Person, die Fremde, die eben fortging?«
    »Mein Kind, die Dame ist die Witwe eines alten Geschäftsfreundes aus Konstantinopel. Ich bin ihr bei ihrer Vermögensverwaltung behilflich. Du kannst dir wohl denken, wie es bei solch einem Todesfall und noch dazu da unten auf dem Balkan zugeht. Ohne meinen Beistand wäre sie kaum durchgekommen.«
    »Aber warum kommt sie so oft in unser Haus?«
    »Ja, sie wohnt jetzt in Deutschland.«
    »So, deswegen? Vielleicht tue ich ihr unrecht, aber ich kann sie nun einmal nicht leiden. Auch der Holländer, der gestern mit ihr hier war – nimm mir’s nicht übel, ich finde, das ist ein widerlicher Mensch.«
    Rasmussen zwang sich zu einem Lächeln. »Mein liebes Kind, du redest, wie du’s verstehst. Im Leben kann man sich seine Leute nicht nach ihren Gesichtern aussuchen. Da heißt es zuallererst: Geschäft ist Geschäft.«
    Susanne schlang ihre Arme um Rasmussens Hals. »Du bist so klug, Väterchen, und hast gewiß recht. Aber ich bin doch heilfroh, daß die Dame nicht mitkommen konnte. Jetzt sind wir unter uns und wollen unsern Ausflug machen.«
    Kurze Zeit später rollte ihr Kraftwagen durch Wälder und Anlagen elbabwärts auf Blankenese zu. —
    Nach dem Abendessen verließ Rasmussen sein Haus zu Fuß und ging in der Richtung nach Eimsbüttel zu. Ein weites, dunkles Cape und eine englische Schirmmütze machten ihn in den wenig beleuchteten Vorstadtstraßen

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