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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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zu machen, denn das Licht in seinem Kopf war eben erloschen, und die Rädchen hatten aufgehört, sich zu drehen. Nach sieben Jahren, in denen er stolz wie ein Spanier herumgegangen war, war er wieder in die Leere zurückgesunken, war ohne Anker noch Ziel noch Hoffnung. Und bald würde er nun tot sein.
    Himmel, sie wird ’ne Wut auf mich haben, wenn sie es erfährt, dachte Willie vage.
    Etwas klirrte leise gegen die Türstäbe. Er drehte den Kopf herum und sah in dem Lichtspalt die schwarze, halb kauernde Gestalt.
    Willie Garvin erkannte sie sofort. Er setzte sich ohne Eile auf, schwang die Füße zu Boden und ging leise zur Tür. In dieser Zeitspanne war das Licht in seinem Kopf glatt und ganz undramatisch wieder da, und die Rädchen drehten sich wieder. Die jüngste Vergangenheit glitt von ihm ab wie ein entschwindender Traum.
    Modesty sah ihn aufmerksam an, nickte leicht, reichte ihm dann die Weste mit den Messern durch die Türstäbe und begann systematisch die sechs Schlüssel auszuprobieren. Willie streifte sein schmuddeliges Hemd ab, schlüpfte in den Harnisch, so daß die Messergriffe einer über dem anderen dicht unter seiner linken Brust lagen, zog das Hemd wieder an, ließ es aber bis auf einige Zentimeter über der Taille aufgeknöpft.
    Ein Schlüssel drehte sich im Schloß, die Tür ging auf. Über den steingepflasterten Gang starrten vier hagere Gefangene in einer kleinen Zelle mit stumpfen, gar nicht neugierigen Augen herüber. Modesty legte die Schlüssel auf den Boden, nur auf Armeslänge von ihnen entfernt, und sah Hoffnung in ihren Gesichtern auffunkeln. Sie nickte Willie zu. Jetzt war ein Messer in seiner Hand, mit zwei Fingern und dem Daumen an der Spitze gehalten.
    Ruhigen Schrittes gingen sie nebeneinander in der Mitte des Korridors dahin; wo dieser auf den Quergang traf, bogen sie in das kürzere Stück des T-förmigen Baues ein, das zu dem Wachzimmer an dessen Enden führte.
    Modesty spürte, wie die tröstliche Wärme der Vertrautheit in ihr aufstieg, und ahnte, daß es Willie genauso erging. Sie schritt halb zur Seite gewandt dahin, um den Hintergrund und die linke Seite zu beobachten, daher konnte sie ihn nicht ansehen, aber sie wußte, daß seine Augen den Vordergrund und die rechte Seite prüften, ruhig und hellwach, die Aufmerksamkeit ganz auf die erste Andeutung einer Gefahr gerichtet. Es war überflüssig, ihm zu sagen, daß er nur das Mindestmaß an Gewalt anwenden durfte – das wußte er ohnehin.
    Sie waren zehn Meter von dem offenen Eingang entfernt, als von draußen ein erschrockener Ausruf kam. Modesty wußte, daß man dort den bewußtlosen Soldaten gefunden hatte. Im Eingang tauchte ein Mann auf, der hastig sein über die Schulter geworfenes Gewehr nach vom zog. Sie gingen weiter, ohne den Schritt zu verändern.
    Der Mann brachte das Gewehr in Anschlag, und sie traten nach beiden Seiten des breiten Ganges auseinander, so daß sie getrennte Ziele boten. Der Soldat schwenkte sein Gewehr unsicher von einem zum anderen, während er an der Sicherung herumfingerte. Modesty hob ihre automatische Pistole und zog den Gewehrlauf wie ein Magnet auf sich, als die Sperre zurückschnappte. Jetzt war Willie dran.
    Er duckte sich und machte eine Rolle. Das Gewehr wurde wild herübergerissen, um ihn aufs Korn zu nehmen. Ein Fuß Willies verhakte sich hinter dem Knöchel des Soldaten, der zweite fuhr in dessen Kniekehle, und der Mann ging rücklings flach zu Boden, als hätte ihn eine Sprungfeder im Nacken hinuntergezogen. Als die Luft zischend seiner Lunge entfuhr, traf ihn Modestys Stiefel mit genau dosierter Kraft an der Seite des Kopfes.
    Willie war schon auf den Füßen, durch eine rückartige federnde Schulterbewegung – jener einen Bewegung, die Modesty trotz all seiner geduldigen Anleitung nie zu erlernen vermocht hatte.
    Sie gingen weiter, drückten sich vorsichtig um die Steinpfosten des Tors, die Gesichter in entgegengesetzte Richtung gewandt.
    Die Luft war rein. Modesty drehte sich um und nickte. Sie rannten aus Leibeskräften auf die Bäume zu.
    Als ihre Füße schon in der dicken Schicht faulender Pflanzen einsanken, brach in dem Gefängnis Gebrüll aus. Auf der Straße an der Vorderseite des halbkreisförmigen Gefängnisareals fielen vereinzelte Schüsse.
    Einige Gefangene waren ausgebrochen, Verwirrung griff um sich. Modesty schlug ein gleichmäßiges Tempo an. Sie liefen zwischen den mit Kletterpflanzen behangenen Bäumen und über kleine Lichtungen dahin. Durch die Bäume

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