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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Aber Weng kommt morgen zurück. Warum sind Sie vom Thema abgekommen, als ich von Gabriel sprach?»
    «Um Zeit zu gewinnen. Nein, danke, keine Milch, keine Sahne. Ich habe versucht, mir aus den verstaubten Winkeln meines Gedächtnisses in Erinnerung zu rufen, was ich über Gabriel weiß.»
    «Ich glaube kaum, daß Sie da viel finden werden.»
    «Stimmt, meine Liebe. Unsere Kartei und die Kartei der Interpol sind, was Gabriel betrifft, ziemlich mager, und das Vorhandene ist nicht sehr aufschlußreich. Theoretisch ist er ein sehr reicher, sehr achtbarer Mann mit vielseitigen Interessen, lettischer Herkunft, aber naturalisierter Venezolaner – oder Bolivianer?»
    «Letzteres, aber das ist unwichtig. Wichtig hingegen ist, daß Gabriel in der Praxis – und nicht in der Theorie – ein Schwerverbrecher ist. Der größte, den es zwischen Lissabon und Hongkong gibt. Seine Hilfsmittel sind ungeheuer.»
    «Sie kennen ihn persönlich?»
    «Ich habe ihn einmal kurz getroffen. Zufällig die Klinge mit ihm gekreuzt. Wir hatten ein großes Unternehmen geplant, Raub eines Goldtransports in Kalkutta. Dasselbe plante Gabriel. Er hat mich kommen lassen und mir befohlen, zurückzutreten. Ich habe nicht erst mit ihm diskutiert – ich bin zurückgetreten.»
    Sie stellte die Kaffeetassen auf ein Brett und trug sie in das große Wohnzimmer. Tarrant folgte ihr.
    «Sehr klug von Ihnen», bemerkte er. «Sie haben das ‹Netz› um des Gewinnes willen geführt, und ein Bandenkrieg kostet immer viel. Aber die gegenwärtige Sache ist etwas anderes. Ich sorge für alle Unterstützung, die Sie brauchen – eine bei weitem bessere Unterstützung, als sie Ihnen Willie Garvin bieten kann.»
    Sie stand sehr still da und sah ihn prüfend an. «Sie sind doch kein Narr, Sir Gerald. Ich frage mich, warum Sie dann wie ein Narr reden?»
    Er wollte etwas sagen, in dem Bewußtsein, daß er sie zu stark angestachelt hatte, aber sie unterbrach ihn mit einer schnellen Kopfbewegung.
    «Nein. Setzen Sie sich und trinken Sie Ihren Kaffee. Und hören Sie mir zu.» Sie wartete, während er gehorchte. «Ich habe Willie Garvin in einem Gefängnis in Saigon gefunden und ihn losgekauft. Er war ein übler Typ, und er war beschränkt, aber er war tödlich gefährlich. Für mich war Grund vorhanden, zu glauben, daß ich etwas in bezug auf das Üble und die Beschränktheit tun könne. Nein, es war keine logische Überlegung – nur ein Gefühl.»
    Sie setzte sich auf die schwarzlederne Couch Tarrant gegenüber und rührte langsam ihren Kaffee um.
    «Ich hatte recht», sagte sie. «Viel mehr, als ich mir vorgestellt hatte. Das erste, was mir Willie schenkte, war absolute Ergebenheit. Sie können höchstens nur ahnen, was das für mich in meiner Art Geschäft wirklich bedeutete. Dann entdeckte ich auch, daß Willie denken konnte – sehr klar und sehr schnell. Diese Fähigkeit muß immer schon dagewesen sein, aber sie war latent, sie hatte in ihm nur geschlummert; vielleicht deshalb, weil er nie zuvor ein Ziel oder einen Zweck gehabt hatte.»
    «Und welches Ziel haben Sie ihm gegeben?»
    «Kein konkretes.» Sie zögerte. «Für mich arbeiten war ihm anscheinend genug; und es war erstaunlich, wie er sich entwickelte. Wissen Sie, ich habe von Willie Garvin sehr viel gelernt. Und er hat etwas, das noch besser ist, als die Fähigkeit, denken zu können – Instinkt.» Sie sah zu Tarrant auf und lächelte plötzlich.
    «Sie werden es nicht glauben, aber er kann kommendes Unheil wittern – seine Ohren prickeln.»
    Tarrant starrte sie an. «Sie machen Witze.»
    «Nein. Es hat mir zweimal das Leben gerettet. Ich weiß nicht, wie oft es das seine gerettet hat. Und ein zweiter Instinkt ist das, daß er meine Gedanken errät, ohne daß ich sie ihm sage. Wenn es aufs Ganze geht, wie Willie es nennt, ist das etwas Unbezahlbares. Und schließlich ist er eine Klasse für sich, wenn es aufs Handeln ankommt. Ich habe ihn erlebt –» Sie brach mit einem leichten Achselzucken ab und nahm ihre Kaffeetasse auf. «Nun, wie dem auch sei. Sieben Jahre sind eine lange Zeit, Sir Gerald, und Willie Garvin ist eine lange Geschichte. Ich werde sie Ihnen nicht heute erzählen.»
    «Ich verstehe, was Sie meinen», sagte Tarrant langsam. Er ließ Zweifel durchklingen, in dem Bewußtsein, daß jetzt der kritische Augenblick gekommen war.
    «Aber alles das liegt in der Vergangenheit, und es ist ein ganzes Jahr her, daß Garvin für Sie gearbeitet hat. Ich habe das Gefühl, daß er schlimm abgerutscht ist,

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