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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Modestys Hand ihre Schulter berührte, dann stieg Erkennen in ihren Augen auf.
    «Modesty –» Die Stimme war ein mühsames Flüstern, und Modesty sah das Blut zwischen den Armen hervorquellen. Einen Augenblick überfluteten sie Mitleid und aufflammender Zorn, dann aber nahm sie ihre Vernunft zusammen und zog eine stählerne Schranke vor alles Gefühl.
    «Laß mich sehen, Kleine.» Sie sprach sanft, nahm einen Arm Nicoles und versuchte ihn vorsichtig von dem zu heben, was er verbarg.
    «Nein – bitte –»
    Wieder weiteten sich die Augen vor Entsetzen, starrten hinter Modesty, und der Mund mit den weißen Lippen öffnete sich weit in einem unhörbaren Warnschrei. Modesty warf sich zur Seite und rollte mit angezogenen Beinen auf den Rücken. Der kleinere Mann stand vor ihr, das Messer glitzerte auf, als es in einem Stich niederschoß, der auf ihren Rücken gezielt worden war.
    Ihre langen Beine fuhren blitzartig hoch, die Knöchel V-förmig gekreuzt, der Rock fiel bis zu den Hüften zurück. Es gab einen mißtönigen Ruck, als das Handgelenk des Mannes in dem Haken ihrer Knöchel fest blockiert wurde. Sie bog die Zehen einwärts, schloß damit das Handgelenk ein, bäumte sich in einer einzigen geschmeidigen Bewegung bis zum Scheitel auf und drehte dabei ihren Körper in seiner vollen Länge mit aller Kraft herum, die sie nur aufbrachte.
    Der Mann kreischte keuchend auf und wirbelte in einem Salto um die Achse seines verdrehten Armes. Er schlug rücklings mit einem markerschütternd dumpfen Schlag auf die Steinplatten. Das Messer klapperte zu Boden.
    Modesty kniete sich auf, faßte sein gefangenes Handgelenk mit beiden Händen und kam auf die Füße.
    Der Kongo war gegen seinen Gelenkknochen gepreßt und drückte auf einen Nerv. Es war eine Sekundärverwendung der kleinen Waffe, ein Haltegriff, der einen so unerträglichen Schmerz hervorbringen kann, daß er selbst im stärksten Mann allen Widerstand erlahmen läßt.
    Sie stand in der Schwebe, einen Fuß gegen seinen Nacken gestemmt, hielt seinen Arm steif und preßte den Kongo gegen den Nerv. «
Qui t’a envoyé
?» 1 Ihre Stimme war ein kaltes, tödliches Flüstern. Der Mann bäumte sich vor Schmerz auf, sagte aber nichts.
    «
Qui
?» Sie drückte fester, und er begann zu wimmern. Sein ganzer Körper zuckte.
    «Pacco! Pacco!» Die krächzenden Worte kamen, als würden sie aus seiner Kehle gerissen.
    «Pacco folgt dir bald nach», sagte sie. Sie stellte einen Fuß auf seinen Bauch, hob sich hoch, schwang sich über seinen Körper hinweg und drehte sich so, daß sie auf den Rücken fiel; dabei hielt sie unentwegt seinen gefangenen Arm steif, damit er als Hebel wirkte. Der Mann wurde auf ihrem schlanken, gestreckten Bein in die Luft gehoben und flog in einem Bogen weiter, der ihn knapp über die Steinbalustrade trug. Sein Schrei brach kurz ab, als er mit dem Kopf voran auf das sechs Meter tiefer gelegene Pflaster fiel.
    Mit der Beendigung der Rolle kam Modesty auf die Füße und kniete neben Nicole nieder. Die Augen des Mädchens waren jetzt geschlossen. Ihr Gesicht leuchtete weiß in der Dunkelheit. Sie atmete kaum, und das Blut floß nur noch wenig.
    «Pacco», sagte sie in einem kaum hörbaren Flüstern.
    «Er hat mir nichts gesagt … Ich hab’s versucht, aber …»
    «Sprich nicht, Liebes.»
    Das Mädchen starb schnell dahin, und Sterben ist eine einsame Angelegenheit. Modesty legte sich hin, schob vorsichtig einen Arm unter Nicoles Kopf und versuchte dabei, sie nicht zu bewegen. Nicole entspannte sich etwas, den Kopf an Modestys Schultern geschmiegt. Sie seufzte, und es klang erleichtert. Modesty wußte, daß Nicole jetzt keinen Schmerz mehr spürte.
    Einige Sekunden vergingen. Plötzlich sprach Nicole ganz klar. «Bitte, sag Willie, es tut mir so leid –» Die Stimme brach mitten im Satz ab. Modesty spürte ein plötzliches heftiges Zittern durch Nicoles Körper laufen, dann wurde er schlaff.
    Sanft legte sie Nicoles Kopf auf den Boden und stand auf. An ihrem Rock war Blut. Sie ging an die Balustrade und schaute hinunter. Unten lag der Mann ganz still. In der Dunkelheit schien es, als hätte er keinen Kopf, und sie sah, daß sein Hals auf unnatürliche Weise gebogen war, so daß der Kopf von Schulter und Arm fast verborgen wurde.
    Sie hob ihre Handtasche auf und ließ den Kongo hineingleiten. Das Messer des Killers ließ sie liegen, wo es lag, ging die Stufen hinunter und bog in die dunkle Straße ein. Etwa alle zehn Sekunden blieb sie stehen und pfiff leise

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