Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady
sagte sie. «Ich möchte wissen, wo die
Mandrake
ihn und die anderen an Bord genommen hat, nachdem sie von Haifa abgesegelt war?»
Willie zuckte die Achseln und schaute noch einmal durch das Zeissglas. «Das Blondchen, das seine Muskelübungen absolviert – das wird, glaube ich, die gewisse Mrs. Fothergill sein, von der wir schon gehört haben. Hat sich ihm vor einigen Jahren angeschlossen, nicht?»
«So ungefähr.»
«Meinst du, daß man Gabriel schon davon unterrichtet hat, daß wir ein Comeback machen, Prinzessin?»
«Müßte man, Willie. Wir haben ja dick genug aufgetragen. Aber noch dürfte es ihm keine Sorge bereiten. Fahren wir doch nach Kairo und ändern den Zustand.»
Willie ließ den Motor an, und der Pontiac glitt leise dahin. Vor der Stadt beschleunigte er und bog auf die Überlandstraße durch die Wüste ein. Zwei Stunden später fuhren sie durch das Koptenviertel Kairos und in den offenen Hof eines großen Hauses in arabischem Prunkstil. In der Mitte des Hofs plätscherte ein Springbrunnen. Die Fenster, von
mush-rebiya
verschattet, leuchteten in den kräftigen Farben der Glasmalerei.
Ein junger Diener in weißer Jacke und Hose führte sie in ein großes Zimmer mit Marmorfußboden und einer prachtvollen Sammlung europäischer und orientalischer Antiquitäten.
«Der alte Hakim läßt es sich noch immer gutgehen», sagte Willie, während er eine kompliziert ziselierte alte Uhr betrachtete, die in einer Ecke des Zimmers an einer goldenen Kette hing. Eine Tür öffnete sich, und Hakim trat ein, ein eleganter, schlanker Ägypter in einem leichten dunklen Straßenanzug mit weißem Hemd und kastanienbraunem Binder. Wie Modesty wußte, war er mindestens siebzig, aber man hätte ihn für fünfundfünfzig halten können.
«Miss Blaise», sagte er mit einer weichen, sanft dahinplätschernden Stimme, «welch eine Freude, Ihre Nachricht bekommen zu haben!» Er sprach Englisch fast akzentfrei. Er kam lächelnd auf sie zu und schüttelte ihr die Hand. «Und auch Mr. Garvin! Wir hatten so viele erfreuliche Geschäftsgespräche miteinander, nicht wahr?»
Er rückte einen Stuhl für Modesty zurecht, bedeutete Willie mit einer höflichen Geste, Platz zu nehmen, und sank anmutig auf einen schmalen Diwan an der Wand.
«Wir sind wieder im Geschäft, Hakim», sagte Modesty. «Es ist eine größere Sache, als Sie je zuvor für uns erledigt haben. Diamanten. Im Werte von zehn Millionen Pfund.»
Hakims Lächeln wurde etwas starr, aber sonst veränderte sich sein Ausdruck freundlichen Interesses nicht.
«Wieviel?» fragte er.
«Für Sie eine halbe Million.»
Hakim machte große Augen und mit seinen langen Fingern eine abwehrende Geste. «Oh, aber, aber, Miss Blaise! Eine so ungeheure Menge Steine loszuwerden ist eine lange und kostspielige Angelegenheit. Das wissen Sie sehr gut. Nun, bei zwanzig Prozent könnte man auf lange Sicht einen vernünftigen Gewinn sehen.»
«Ich gebe keine zwanzig Prozent bei einem Posten dieser Größe, Hakim. Ich habe selbst Auslagen.»
«Vielleicht fünfzehn? Ich glaube nicht, daß einer meiner Konkurrenten in Europa so wenig nimmt, bestimmt aber keiner im Mittleren Osten.»
«Die hinter dem Eisernen Vorhang wollen Diamanten haben», sagte Modesty. «Ich habe ein festes Angebot von einem Händler von dieser Seite, hinter dem die Regierung seines Landes steht; er kauft den ganzen Posten um neun Millionen Pfund Sterling.» Sie lächelte ihn freundlich an. «Zehn Prozent. Wenn Sie damit nicht auskommen, dann fürchte ich, daß wir unsere Zeit verschwenden.»
«Darf ich fragen, wo diese Diamanten jetzt sind, Miss Blaise? Und falls sie noch nicht in Ihrem Besitz sind, wie Sie glauben, das bewerkstelligen zu können?»
«Seien Sie nicht töricht, Hakim.»
«Ich bitte um Verzeihung.» Hakim breitete bedauernd die Hände aus. «Und auch dafür, daß ich nicht imstande bin, in dieser Sache mit Ihnen ins Geschäft zu kommen, Miss Blaise. Leider erlauben mir meine Auslagen nicht, mit Herren von der Politik in Konkurrenz zu treten.»
Modesty sah ihn prüfend an. «Wenn ich auf 7500000 ginge?»
«Ich bedauere, nein. Darf ich Ihnen etwas anbieten?»
«Danke, aber wir haben sehr viel zu arrangieren. Es ist schade, daß wir keinen Handel abschließen können, aber ich bin überzeugt, ich kann mich auf Sie verlassen, Hakim, daß Sie nicht darüber sprechen.»
Er erhob sich lächelnd. «Das wäre sehr töricht von mir. Jetzt, da Sie wieder eingestiegen sind, hoffe ich, daß es anderes geben
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