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Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Titel: Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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er diese Drohung wahrmachen würde.
    Delgado lächelte ihn sinnend an. «Ich könnte mir vorstellen, Willie, daß wir uns mit der Zeit in die Haare geraten werden. Aber jetzt noch nicht, das wäre
faul
.» Er blickte wieder auf Modesty. Ihr Unterkiefer hing vor Erschöpfung schlaff herab. Bedauernd schüttelte er den Kopf. «Du hast dir ja einen dornenvollen Weg ausgesucht, Liebling. Viel Spaß.» Er drehte sich um, ging durch den Vorraum und durch die Tür auf den Korridor hinaus.
    Maya watschelte hinter ihm her. Wieder kam das leise Quietschen der Angeln, als sie die Tür hinter sich zuzog.

19
    Willie Garvin schloß die Tür von Modestys Zimmer.
    Sorgfältig räumte er den kleinen Tisch ab und stellte ihn abgewinkelt, einen Rand unter die Klinke geklemmt, gegen die Tür. Er zog eines der Messer aus dem Halfter unter dem Waffenrock.
    Modesty saß aufrecht auf dem Rand des Bettes. Sie drehte sich ein wenig, damit er den Riemen durchschneiden konnte, der ihre Arme fesselte, dann hielt sie ihm zuerst den einen, dann den anderen Arm hin, damit er die Riemen oberhalb der Ellbogen löste. Seine Hände schienen eigenartig unbeholfen. Er brauchte sehr lange dazu.
    Schließlich war es geschafft. Willie steckte das Messer wieder in die Scheide und setzte sich, die großen Hände auf den Knien liegend, an den Rand des Bettes neben sie.
    Sie zog den zerrissenen Träger ihres Kleides hoch und verknüpfte die beiden Enden miteinander. Willie starrte zu Boden. Er sagte kein Wort.
    Sie ließ ungezwungen die Schultern sinken und seufzte erleichtert auf. Das Schlimmste war nun vorbei.
    Jetzt konnte sie ihre Gedanken freimachen für das, was vor ihr lag, konnte die Zügel schießen lassen, denn was vor ihr lag, war gut.
    Willie würde ebenso denken.
    Sie lehnte sich an seine Schulter, lächelte leicht und sagte: «Hallo, Willie, jetzt erzähl mir einmal in schön gesetzter Prosa, worüber man augenblicklich auf den Boulevards spricht.»
    Er schien sie gar nicht gehört zu haben. Plötzlich wurde sie gewahr, daß seine Armmuskeln, auf denen ihre Wange ruhte, sich stahlhart anfühlten. Überrascht setzte sie sich auf und legte die Hand auf seinen Unterarm; er war ganz steif. Sogar sein Gesicht fühlte sich unter ihrer Hand wie Holz an. Jeder einzelne Muskel seines Körpers war unlösbar verkrampft.
    Sie stand auf, trat vor ihn hin, die Hände auf seinen erstarrten Schultern, und flüsterte: «Willie?» Keine Antwort. Die blauen Augen waren auf einen Millionen Meilen weit entfernten Punkt gerichtet. Er widerstrebte nicht, als sie seine Hände von den Knien wegnahm, aber es kostete sie eine Kraftanstrengung. Sie lehnte sich seitwärts gegen ihn und drückte ihn auf das Bett hinunter, dann hob sie seine Füße und legte sie gleichfalls auf das Bett. Sie sah den Kampf, der sich im tiefsten Hintergrund seiner Augen vollzog. Er wollte ihr ja helfen, er versuchte dagegen anzukämpfen und die gigantische Faust abzuschütteln, die ihn umklammert hielt. «Kämpfe nicht, Willie», sagte sie sanft. «Ruh dich ganz einfach ein wenig aus.»
    Sie kniete sich neben das Diwanbett, ergriff seine verkrampfte Hand und drückte den Handrücken gegen ihre Wange. Den anderen Arm legte sie über seine Brust, die sich unter tiefen Atemzügen hob und senkte, und faßte ihn an der Schulter. Sie spürte die in der Scheide steckenden Messer unter ihrem Unterarm. Sein Gesicht war ihr zwar zugewandt, aber er starrte durch sie hindurch. Sachte begann sie seine Hand gegen ihre Wange zu reiben.
    In den letzten wenigen Sekunden war ihr plötzlich mit erschreckender Klarheit bewußt geworden, welche fürchterliche Bürde sie ihm auferlegt hatte, in dem Augenblick, da sie ihm im Lastwagen am See ihren Plan entwickelt und ihm verboten hatte, ihr zu widersprechen.
    Für sie war die brutale körperliche Mißhandlung und die Qual der beiden letzten Nächte eine grauenvolle Prüfung gewesen, aber sie war imstande, alle diese Eindrücke in einen tiefen Winkel ihrer Seele zu verbannen, wo sie sich nach einer kurzen Weile in Nichts auflösen und niemals wieder eine Saite zum Erklingen bringen würden.
    Für sie war die böse Zeit zu Ende; die Erinnerung daran begann bereits zu verblassen, und bald würde sie so endgültig ausgelöscht sein, als hätte sie all das nicht erlebt. Nicht so für Willie …
    Sie wußte, sie war sein Talisman, der Mittelpunkt seines Lebens.
    Drei Tage lang war er seiner Arbeit im Tal nachgegangen, mit verhärteten Zügen, ohne auch nur den geringsten

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