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Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Titel: Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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zum Flughafen gefahren, und zwar von den beiden Männern, die nun in der Havilland Dove hinter ihnen saßen. Es waren hartgesottene Burschen, der eine ein Spanier, der andere von unbestimmbarer Herkunft – vielleicht ein Slawe. Beide trugen Zivilkleidung, die keineswegs zu ihnen paßte.
    Von Zeit zu Zeit hatten sie Modesty neugierig betrachtet; sie sprachen jedoch wenig, und auf Fragen schüttelten sie bloß den Kopf. Der Pilot war nach Modestys Schätzung ein Russe, der Kopilot ein Chinese.
    Selbst untereinander sprachen die Männer ausschließlich Englisch. Wahrscheinlich war dies die einzige Möglichkeit, sich gegenseitig zu verständigen.
    Modesty wußte, daß sie Kurs auf Nord-Nord-Ost hielten; der Stand der Sonne hatte ihr das während des ganzen Fluges bestätigt, aber sie hätte auch ohne diese Beobachtung Bescheid gewußt, denn während ihrer langen, einsamen Wanderungen in früheren Jahren hatte sie ein ausgezeichnetes Orientierungsvermögen entwickelt. In ihrem Hotel in Kabul hatten sie und Willie sich eine Landkarte geliehen und sie genau studiert. Afghanistan lag wie ein unregelmäßiges Dreieck zwischen Persien, Rußland und Pakistan. Jenseits des nordöstlichen Endes der achthundert Kilometer langen Hindukusch-Gebirgskette lag der schmale Finger des Pamir, jenes Hochlands, dessen Ausläufer auf eine Länge von achtzig Kilometer die Grenze zu China bildeten. Noch höher im Norden, hinter den Gebirgsketten, lagen die weiten Steppen, die bis an die russische Grenze reichten.
    Die Dove hatte die höchsten Gipfel des Hindukusch nicht überflogen. Sie schaffte derartige Höhen nicht.
    Größere Flugzeuge, wie die Iljuschin, die zwischen Kabul und Termes verkehrte, oder die DC-6, die konnten ihren Kurs in gerader Linie nehmen. Die alten DC-3 und DC-4 mußten über den Salang-Paß fliegen, und selbst dieser Weg zwang sie zu einer Höhe von fast sechstausend Metern. Die Dove hatte keine der beiden Routen eingehalten. Sie war einem labyrinthartigen gewundenen Kurs in nordöstlicher Richtung gefolgt, der sie immer tiefer in das unermeßliche, zerklüftete Gebirgsmassiv hineinführte.
    Modesty fragte sich, welche Grenze sie wohl überqueren würden, um an ihren Bestimmungsort zu gelangen. Dieselbe Frage bewegte auch Willie. In ein oder zwei Stunden würden sie entweder den Eisernen Vorhang oder den Bambus-Vorhang überfliegen. Sie zuckte flüchtig mit der Achsel und blickte wieder zum Fenster hinaus. Es war dies das erste Mal, daß sie seit dem Abflug in Kabul einen Blick gewechselt hatten.
    Während des Starts und der ersten zehn Minuten hatte Willie unentwegt durch die offene Tür zur Kanzel gestarrt. Später, als sie über die ersten niederen Bergkämme geflogen waren, hatte auch er nur noch zum Fenster hinausgesehen.
    Der Himmel war wolkenlos, die Sicht ausgezeichnet. Sie wußte, daß die ganze Flugroute in Willies Gedächtnis wie auf einer Filmrolle festgehalten war. Auch sie hatte sich alle Einzelheiten eingeprägt, ohne zu wissen, ob es etwas nützen würde. Zwar konnte sie sich nicht mit Willies hervorragendem Gedächtnis messen, dafür hatte sie einen besseren Orientierungssinn. Möglicherweise waren alle ihre Anstrengungen vergebens, aber sie hatten schon vor langer Zeit erkannt, daß es immer ratsam ist, sich Hin- und Rückweg gut zu merken. Als die Maschine sich noch in größerer Höhe befunden hatte, konnten sie unter sich ein wildes Gewirr von Schluchten und Felswänden ausnehmen.
    Hier und dort blitzte der Spiegelschimmer eines Sees oder die silbernen Fäden von herabstürzenden Wassern auf. Nun gab es keine hochaufragenden Gipfel mehr in ihrer Nähe, nun flogen sie zwischen zwei gewaltigen Kämmen. Die Dove setzte zur Landung an. Sie schien direkt in die graue Wand hineinzufliegen, aber der Kamm hatte einen etwa achthundert Meter breiten Durchbruch, und an dieser Stelle flog die Dove elegant hindurch und verlor allmählich an Höhe. Alles, was unter ihnen lag, mutete noch immer wie ein kolossaler, sich mehr und mehr verwirrender Irrgarten an.
    Sie spürte plötzlich, daß etwas in Willie sich spannte, und drehte sich heftig nach ihm um. Noch einmal ging die Dove steil hoch und brach heraus aus den grauen Wänden.
    Unter ihnen lag ein Tal, ein tiefer, sieben Kilometer langer Einschnitt in das Herz der Gebirgskette. Das Tal verengte sich in der Mitte wie eine Sanduhr. Steile Felswände begrenzten es an zwei Seiten.
    Am nördlichen Ende lag ein großer, fast kreisrunder See. Von dem See weg bahnte

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