Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits
errichten lassen … fünftausend Hände schufteten hier vielleicht fünftausend Tage zu einer Zeit, da Zeit noch keine Rolle spielte.
In einem Fertighaus auf der einen Seite der Landepiste jenseits der Talenge waren zwei Sender untergebracht. Sie wurden von der Stabsabteilung im Palast aus ferngesteuert. Die schlanken Antennen waren auf einem der langgestreckten Hügel in der Nähe der Arena montiert.
Die Nachschubprobleme des Unternehmens waren gigantisch. Alle zwei bis drei Tage landete ein großes Flugzeug, eine Hercules oder eine AN-12, und brachte Kriegsmaterial. Die Maschinen kamen in großer Höhe herein, gingen, während sie über der großen Ebene rund um den See kreisten, tiefer, bis sie schließlich zur Landung auf der Piste ansetzen konnten. Der Start ging auf die gleiche Weise vor sich. Wie man Modesty erzählt hatte, war das Tal schon aus einer Höhe von sechstausend Metern nicht mehr zu sehen; nur der See war zu erkennen. Die Feuerkraft jeder einzelnen Abteilung war enorm. Jede Waffengattung war zwar einheitlich, aber Ursprungsländer gab es mehrere. Da war einmal das AR-15-Waffensystem aus den USA, rückstoßfreie Gewehre aus Rußland, Granaten aus der Tschechoslowakei, Morset aus Frankreich, Funkgeräte aus Deutschland und Italien, Panzerminen und ferngesteuerte Raketen aus England.
Modesty hatte die beiden Abteilungen fliegender Infanterie, die Thamar unterstanden, gesehen und war bei einer ihrer Übungen in dem Gewirr der Täler und in der für Manöverzwecke errichteten Häuserzeile entlang des Seeufers zugegen gewesen.
Ihre Düsenanzüge unterschieden sich kaum von den Bell-Raketen-Gürteln, die für die USA entwickelt wurden und die sie auf Fotografien schon gesehen hatte, nur waren sie, wie Delgado ihr gesagt hatte, doppelt so wirksam. Diese Düsenanzüge hatten keine Herkunftsbezeichnung. Sie besaßen drei Düsen an Stelle der üblichen zwei und waren über der Plastikbrustplatte mit zwei Haltern für Granaten und Munition versehen.
Drei derartig ausgerüstete Männer mit einer AR-15 für 75-mm-Granaten oder einem einfachen AR-15-Maschinengewehr, das in der Minute 700 Schuß abgeben konnte, würden leicht imstande sein, ein Dutzend Häuserblocks einer Stadt einzunehmen.
Die schweren Transportmittel würden nicht über eine Luftbrücke herbeigebracht werden. Es war während der vergangenen Jahre in Kuwait eine kleine Fünfte Kolonne aufgestellt worden, und die würde dafür sorgen, daß in der Nähe des Flughafens eine Reihe von Lastkraftwagen bereit stünden, die sofort requiriert werden konnten. Per Flugzeug sollten die zehn Spähwagen von Modestys eigener Abteilung und die etwa einhundert schnellen Motorroller sowie sechs transportable 105-mm-Kanonen befördert werden. Vier der großen Frachtmaschinen sollten ausschließlich die hochexplosiven Sprengstoffe und die Munition transportieren.
Die leichten Panzer dagegen sowie alle Reserven und der gesamte Nachschub für die Aufrechterhaltung der Besetzung nach den ersten vierundzwanzig Stunden würden mit einem Zwanzigtausend-Tonnen-Frachter über das Meer gebracht werden. Das Schiff würde einige Stunden, bevor die erste Fallschirmabteilung auf dem Flugplatz absprang, ganz unschuldig den Hafen von Kuwait anlaufen.
Über den Seeweg würde nur eine Abteilung der Befreiungsarmee kommen: Bretts Abteilung, die sechs Tage vor dem D-Tag aus dem Tal herausgeflogen werden und sich einschiffen sollte. Wie diese Überstellung stattfinden würde, und wo sie sich einschiffen sollten, wußte Modesty nicht, aber sie wußte, daß der D-Tag der 11. September – also in genau sechs Wochen – und die Stunde fünf Uhr morgens sein würde. Sie sah zu, wie Thamar die Figuren für ein neues Spiel aufstellte. Thamar war anders als die anderen Männer hier. Wenn sie auch nichts für ihn empfand, so fühlte sie doch den Unterschied. Die Liebmanns und die Sarrats und die Delgados, das waren alles Männer, die alle Skrupel abgelegt und jedes Mitgefühl aus sich verbannt hatten. Thamar war ein Roboter, der sich niemals bewußt gewesen war, daß es Skrupel oder Mitleid überhaupt gab.
Sie warf einen Blick auf die Zwillinge. Sie hatten zu streiten begonnen und zischten einander unflätige Schimpfworte zu. Karz sah ihnen ohne Interesse zu.
Das Spiel wurde abgebrochen. Sarrat dehnte sich, grinste und ging schließlich zu einem Lehnstuhl und nahm eine Illustrierte von einem Stoß daneben auf.
Lok zog einen Notizblock zu sich heran und begann mit äußerster
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