Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel
Geräusche wahrnehmen; er könne auch Laute hören, die schon im Ultraschallbereich liegen, bis zu 120000 Schwingungen und darüber. Er werde also hinsichtlich des Gehörs nur von der Fledermaus übertroffen, und bediene sich, ebenso wie diese, des Echos, denn er sende Töne niederer oder hoher Frequenz aus, deren Echo er wahrnehme, wodurch er dank der erstaunlichen Phasenempfindlichkeit seiner beiden Ohren unter Wasser befindliche Objekte aufs genaueste orten könne. Auf welche Entfernung?
Hier hatte Dr. Royle mit der Antwort ein wenig gezögert und dann erklärt, daß bisher niemand kontrollierte Versuche über die genaue Reichweite der Echolotung eines Delphins gemacht habe.
Abgesehen von der Frage der Echolotung, auf welche Distanz könne ein Delphin unter Wasser hören?
Das hänge einzig von der Lautstärke ab. Ob Mr. Garvin sich im klaren darüber sei, daß der Schall sich im Wasser viermal rascher fortpflanze als an der Luft, daß die Absorption oder Schallminderung im Wasser viel geringer sei; daß die Schallwellen im Wasser, obwohl ihre Querschwingung nur ein Sechzigstel derselben Schallwellen an der Luft betrage, eine sechzigmal stärkere Druckamplitude besäßen? Jawohl, Mr. Garvin war sich über die physikalische Seite der Sache durchaus im klaren, und er wußte auch, daß die Hörweite von der Lautstärke der Schallquelle abhänge. Er frage sich nun, ob es da irgendwelche Faustregeln, irgendwelche in Distanzen ausdrückbaren Anhaltspunkte gebe.
Wieder hatte Dr. Royle eine Weile überlegt, wie jeder Wissenschaftler, wenn er generelle Angaben machen soll. Sicherlich gebe es Anhaltspunkte. Man wisse, daß ein Delphin in einem Bassin von 200 Meter Durchmesser herbeigerufen werden könne, indem man einen Teelöffel Wasser ins Becken träufle. Natürlich sei es schwierig, von derlei Beobachtungen exakt auf das Verhalten im freien Meer zu schließen; immerhin habe man vom Flugzeug aus feststellen können, daß eine ganze Schule grauer Wale plötzlich vor einigen mehreren Meilen entfernten Raubwalen abgedreht habe. Das könne sowohl auf Echolotung hin geschehen sein als auch infolge der von den Raubwalen ausgestoßenen Laute. Und das Forschungsschiff
Calypso
habe einen Streifen gefilmt, in welchem Pottwale über eine Distanz von vielen Meilen einem verletzten Jungtier zu Hilfe gekommen seien, zweifellos auf die von ihm ausgestoßenen Schmerzlaute hin. Diese Signale seien sicherlich weit schwächer als irgendwelche elektrisch erzeugten, und das Gehör der Delphine sei bestimmt ebenso fein entwickelt wie das der anderen Walarten. Ob dieser Hinweis Mr. Garvin irgendwie helfen könne?
Ganz ohne Zweifel. Würde Dr. Royle also glauben, daß Delphine in der Lage seien, einen entsprechend konstruierten Unterwassersender auf etwa 30 Meilen zu orten? Und ihn auch aufzufinden?
Falls Sendestärke und Frequenz im richtigen Bereich lägen, sei das sicherlich zu machen. Nur gebe es da eine Schwierigkeit. Denn eine Sendestärke, die einen Delphin über eine solche Entfernung erreichte, würde ihm, sobald er näher käme, Schmerz und Schaden zufügen.
Wenn aber der Sender so konstruiert sei, daß er innerhalb von zwei oder drei Stunden seine Energie ständig vermindere? Ja, damit werde diese Schwierigkeit natürlich aus der Welt geschafft. Aber die Frage des Senders selbst liege natürlich nicht in Dr. Royles Forschungsgebiet. Da müsse Mr. Garvin sich schon an einen Radiofachmann wenden.
Willie Garvin, der ja den Sender in jenem Behälter studiert hatte, konnte dem Doktor versichern, daß die Sendestärke ohne technische Schwierigkeiten vermindert werden könne. Falls Dr. Royle noch ein wenig Zeit habe, so habe er nur noch drei weitere Fragen …
Zunächst: bis zu welcher Tiefe ein Delphin tauchen könne?
Normalerweise schwämmen sie wohl in vier oder fünf flachen Wellenbewegungen knapp unter der Oberfläche und tauchten dann ungefähr fünf Minuten lang in einer Tiefe bis zu etwa zehn Faden. Der Butzkopf-Delphin bringe es auf dreizehn bis fünfzehn Minuten. Und es bestehe kein biologischer Grund, weshalb ein Delphin notfalls nicht noch tiefer als zehn Faden tauchen sollte.
Zwanzig oder dreißig Faden?
Biologisch sei das durchaus möglich, entsprechendes Training vorausgesetzt.
Die zweite Frage: ob man einem Delphin eine Art Geschirr anlegen könne, so daß er imstande sei, einen Gegenstand zu ziehen?
Sicherlich. Falls das Objekt nicht zu schwer sei. Man habe Delphinen versuchsweise schon oft solche
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