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Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Titel: Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Freundin, Willie?» fragte sie.
    An dem leichten Unterschied in seiner Stimme konnte sie feststellen, wann er lächelte. «Sie ist meine Freundin, ja. Aber nicht im Sinne einer Geliebten. Ich pflegte für sie zu arbeiten.»
    «Als was?»
    «Das ist eine ziemlich lange Geschichte. Ich erzähle sie Ihnen ein anderes Mal.»
    «Heute abend?»
    «Heute abend ist’s schon zu spät.»
    «Dann morgen», sagte sie bestimmt. «Versprechen Sie’s mir.»
    «Gut. Morgen.»
    Willie Garvin hörte auf zu schaben und beobachtete leise amüsiert, wie das entschlossene Stirnrunzeln von ihrem Gesicht verschwand. Sie war klein, jung und blind und in vielerlei Hinsicht wehrlos, aber sie besaß Widerstandskraft und viel Energie.
    Er nahm eine von den Feilen und begann sie mit leichter Hand einzusetzen, während er den kleinen, sphärischen Körper zwischen seinen Fingern drehte.
    «Haben Sie eine Freundin – ich meine, eine ständige?» fragte Dinah.
    «Nein. Ich habe nur unbeständige.» Er legte seine Zigarette hin und musterte das Stück Perlmutt genauer.
    «Hollala …»
    «Was ist denn?»
    «Ich weiß noch nicht. Das Ding hat einen Riß gekriegt, glaube ich.» Er nahm die Linse und klemmte sie sich vors Auge. In der Vergrößerung zeigte sich ein haarfeiner Riß in der schmutzigen Oberfläche der Kugel. Er fuhr leicht mit der Feile darüber, und der Riß wurde weiter. Er nahm das Messer zur Hand und übte mit der Klingenspitze einen behutsamen Druck aus.
    Die Perlmuttkugel zerteilte sich plötzlich wie die Schale einer Walnuß, und Willie war kaum schnell genug, um das aufzufangen, was herausfiel.
    Dinah saß lauschend. Sie hörte das Klappern des auf den Tisch fallenden Messers und Willies heftiges Atemholen. Als er sprach, lag in seiner Stimme eine Welt an Verwunderung und Entzücken.
    «Himmel – es ist eine Perle, Dinah! Eine Schönheit! Nicht ein Makel ist daran!»
    «Aber wie -?»
    «Sie befand sich im Innern des Perlmuttklumpens, an dem ich arbeitete.» Sie hörte ihn aufstehen und um den Tisch herumgehen. «Hier, fühlen Sie mal.» Er nahm ihre Hand und legte ihr die Perle hinein. Mit den Fingerspitzen der anderen Hand tastete sie sie ab.
    «Ich verstehe nichts von Perlen, Willie, aber das scheint eine beachtlich große zu sein.»
    «Ungefähr 45 Gran. Wahrhaftig, genau die Perle, hinter der ich her war.»
    «Wertvoll?»
    «Nicht gerade ein Vermögen; 750 bis 1000 Eier.
    Aber es ist genau die Perle, die ich brauchte.» Seine Stimme war trunken vor Erregung, und sein Entzücken steigerte auch ihre Freude.
    «Es freut mich so für Sie, Willie. Hier.» Sie hielt ihm die Perle entgegen. «Jetzt haben Sie doch wieder ‹tausend Eier› gesagt.»
    «Jetzt sage ich es Ihnen, so oft Sie wollen, Mädchen.
    Sie haben mir Glück gebracht.»
    «Nun, das ist immerhin etwas. Ich hoffe, das entschädigt Sie für die Schwierigkeiten, die Sie meinetwegen haben.» Seine Hand berührte einen Augenblick lang ihre Schulter, und seine Stimme klang heiter. «Schwierigkeiten begegne ich immer und überall, Dinah. Ich freue mich nur, daß sie mir diesmal durch ein hübsches Mädchen entstanden sind.»
    «Meinen Sie wirklich, daß ich hübsch bin?» Ihr Kopf wandte sich in die Richtung seiner Stimme.
    «Nein. Sie sind viel mehr als nur hübsch. Sie sind ein regelrechter Anblick, Dinah. Und jetzt sorgen Sie für Ihren Schönheitsschlaf, damit Sie so bleiben. Auf, ins Bett mit Ihnen.»
    Sie stand auf und ging zu der offenen Schlafzimmertür. «Wie steht es mit Ihrem eigenen Schönheitsschlaf?»
    «Ich spüle zuerst noch die Tassen ab und räume hier auf.»
    Als er aus der Küche zurückkam, stand sie noch immer in der Schlafzimmertür und schien in Gedanken verloren.
    «Willie, kommen Sie bitte einen Augenblick her», sagte sie.
    «Was ist denn?»
    «Nichts. Kommen Sie her. Sie haben noch kein Gesicht.»
    «Was habe ich nicht?» Er kam quer durch das Zimmer.
    «Ich weiß, daß Sie groß sind, und ich weiß, wie Sie im Innern beschaffen sind, aber ich habe mir bis jetzt noch nicht erlaubt, mir ein Bild von Ihrem Gesicht zu machen, weil ich wollte, daß es richtig wird, wenn ich es tue. Stehen Sie eine Minute still.»
    Ihre Hände berührten seine Brust und glitten rasch in die Höhe. Er sagte nichts, fühlte sich aber zugleich gerührt und verlegen, während ihre schlanken Finger mit schmetterlinghafter Leichtigkeit über sein Gesicht glitten, auf der Linie seines Unterkiefers und seiner Stirn, am Ansatz der Ohren und bei der Form des Mundes

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