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Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Titel: Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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zu Willie ab und betrachtete Collier mit einer sonderbaren Mischung aus Ungeduld und Mitleid. Dann sagte sie: «Du bist jetzt nicht gerade besonders auf der Höhe, Liebling. Ich glaube nicht –»
    «Gleichgültig, was du glaubst!» Sein schmales, sensibles Gesicht zeigte plötzliche Wildheit. «Ich komme mit. Ich kann das einfach nicht – Tage und Nächte hier herumsitzen und mir Gedanken machen.» Seine Stimme geriet ins Wanken. «Ich hörte Dinah schreien, als Delicata sie schnappte. Ich höre es immer noch.» Für eine Weile preßte er die Hände an die Augen. «So sieht das aus für sie», sagte er mit erstickter Stimme. «Dunkel.
    Immer dunkel. Ich weiß, wie es ist, wenn man Angst hat, aber Gott allein mag wissen, wie es für sie sein muß.» Er ließ die Hände sinken, und als er aufschaute, war alle Gemütsbewegung weggewischt. Sein bleiches Gesicht zeigte einen gespenstischen Abklatsch seines alten, kummervollen Lächelns. «Ich komme mit euch», sagte er entschuldigend. «Ihr braucht nicht zu befürchten, daß ich in Ohnmacht falle. Über das Angsthaben bin ich jetzt hinaus. Mir ist alles ganz egal. Mir macht es nicht einmal etwas aus, wenn Delicata seinen Terrier-Trick bei mir anwendet. Immerhin könnte es euch die Chance geben, ihn niederzuschießen, während er es tut.»
    Tarrants ganzer beachtlicher Einfluß war nötig gewesen, um ein Treffen mit Presteign zu arrangieren, das um sechs Uhr in der prächtigen Büro-Suite des Turmes stattfand, der den weißen Pfeiler des Presteign House krönte.
    Sir Howard Presteign herrschte nicht nur über eine umfangreiche Firmengruppe; er war zugleich Schirmherr einer Anzahl von Wohltätigkeitsvereinen und saß in den Verwaltungsräten von einem Dutzend Krankenhäusern. In keiner dieser Instanzen war seine Funktion nur nominell. Jede seiner zahlreichen Verpflichtungen erfüllte er mit gewissenhafter Sorgfalt. Es war darum kaum verwunderlich, daß er plötzliche Anforderungen an sein Geld bereitwilliger aufnahm als Ansprüche an seine Zeit.
    Er hatte sich in der City einen Namen gemacht, ehe er dreißig war, und eine Million verdient, ehe er das 35. Lebensjahr erreichte. Das alles war ohne Aufsehen geschehen. Presteign war ein stiller Magnat. Er gab keine Interviews für die Presse und erschien nicht im Fernsehen. Er leistete keine Subskription für irgendeine Partei und wurde als politisch neutral betrachtet.
    Jetzt, mit fünfundfünfzig, war er seit fünfzehn Jahren Witwer. Aus der Ehe waren keine Kinder hervorgegangen. Er gehörte einem alteingebürgerten Club an, trank wenig, spielte gelegentlich Bridge, und hatte, soweit es bekannt war, keine Freundin. Sein einziges Hobby war die Orchideenzucht. Er besaß eine Villa an der Riviera, wo er im Frühsommer mehrere Wochen verbrachte, ohne allerdings ein geselliges Haus zu halten. Golf spielte er nicht. Zur körperlichen Ertüchtigung wanderte und schwamm er.
    Auf dem großen Schreibtisch gab es einen kleinen Notizblock, einen umfangreichen Terminkalender, zwei Telefone und ein Sprechgerät. Presteign saß zurückgelehnt und mit gekreuzten Armen in einem tiefen Drehsessel. Er war ein Mann von großer Statur mit dichtem, glattem, ergrauendem Haar, das er ordentlich zurückgebürstet trug. Sein Gesicht war ebenmäßig und furchenfrei.
    Tarrant sprach jetzt seit fast fünf Minuten, und Presteign hatte ihn nicht ein einziges Mal unterbrochen.
    Neben Tarrant saß Modesty Blaise. Sie trug ein dünnes Wollkleid in hellem Beige mit einem hohen Rollkragen in Braun und Schwarz und einem schmalen, in den gleichen Farben gestreiften Gürtel. Ihre Schuhe und die Handtasche waren aus schwarzem Wildleder.
    Sie wirkte ruhig und zwanglos elegant. Hin und wieder wanderte Presteigns Blick zu ihr, doch die meiste Zeit ruhte er auf Tarrant. Es waren die ruhigen Augen eines Mannes, der im mörderischen Dschungel von Industrie und Handel hundert Krisen durchgestanden hat. Wenn er Tarrants Story keinen Glauben schenkte, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken.
    Er hörte zu, als handelte es sich um den Report eines seiner Beauftragten – nahm jedes Detail auf, analysierte und überprüfte es.
    Als Tarrant zu Ende gekommen war, hatte Presteign seine erste Frage bereit. Modesty war überzeugt, daß jede Frage, die er stellen mochte, schon hinter jenen ruhigen Augen verzeichnet lag.
    «Für wie haltbar sehen Sie diese Theorie an, Tarrant?» Die Stimme klang kultiviert, aber nicht affektiert.
    Presteigns Verhalten war ansprechend und

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