Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
Weng oder Willie Bescheid hinterlassen können.»
«Ja. Tut mir leid.»
«Schon gut. Komm zu Bett. Du siehst müde aus.» Er machte eine Bewegung der Verlegenheit. «Ich habe meine Reisetasche ins Gästezimmer gestellt. Ich dachte …» Seine Stimme verlor sich in einem Schweigen.
«Das habe ich gemerkt. Warum hast du das getan?»
Ihre Augen waren freundlich. «Hast du etwas gegen mich?»
«Nein. Nein, das ist es nicht», sagte er verzweifelt.
«Tut mir leid, Modesty. Ich weiß selbst nicht ganz genau, was ich fühle. Aber ich kann nicht aufhören, an Dinah zu denken.» In seinem Gesicht zuckte es, und sie konnte die ungelöste Spannung in seinem mageren, beinahe sehnigen Körper erkennen. «Ich kann den Gedanken nicht ertragen, mich behaglich und sicher zu Bett zu legen, während Dinah –» Seine Stimme wurde stockend und verstummte dann.
«Nichts, was du in diesem Moment tust oder nicht tust, wird ihr helfen, Steve», sagte Modesty. «Das mußt du hinnehmen. Nimm eine Schlaftablette und komm zu Bett. Oder geh zu Bett, wenn dir das lieber ist.»
«Hinnehmen?» echote er, und ein häßlicher Krampf verzerrte sein Gesicht. «Mein Gott, ich weiß nicht, wie du das fertigbringst.»
Ihr Gesicht wurde ausdruckslos. «Ich habe gelernt, wie man das macht.» Sie warf die Decken zurück, stieg aus dem Bett und kam auf ihn zu. Nie in ihrem Leben hatte sie im Bett ein Nachtgewand getragen. Auch jetzt war sie nackt, doch verminderte das ihre Sicherheit in keiner Weise. Sie schlug seine Hand ziemlich heftig von der Türklinke, so daß sie die Tür schließen konnte, wandte sich dann um und setzte sich auf den Bettrand, die Hände neben sich, den Blick auf Collier gerichtet. «Ich habe gelernt, wie man das macht», wiederholte sie. «Es ist nicht leicht, aber ich habe es gelernt.
Auch das ist zu Dinahs Bestem.»
«Zu Dinahs Bestem? Wie weit denkst du überhaupt an sie?»
«Nicht viel. Und auch das wieder zu ihrem Besten.
Ich denke darüber nach, wie ich erreichen kann, daß sie nicht umkommt.»
Plötzlich verließ ihn die Wut, und mit einer müden Geste sagte er: «Tut mir leid.»
«Nein, es tut dir gar nicht leid. Du willst nur nicht streiten.» Sie behielt den harten Ton bei. Es war erforderlich, seine Wut von neuem anzufachen und sie dann zu schüren, bis eine Explosion ausgelöst wurde, die seinen kreischenden Nerven wenigstens ein paar Stunden Erleichterung brachte.
«Was willst du damit sagen?» fragte er steif. «Was gibt es da zu streiten?»
«Nicht viel. Aber ehe du gehst, will ich dir sagen, warum du deine Tasche ins Gästezimmer gestellt hast. Weil du mich ein bißchen haßt, Steve!»
Seine Wut flackerte von neuem auf. «Sei nicht so verdammt albern!»
«Bin ich das? Du hast Angst um Dinah. Sie ist in etwas verwickelt, das es in deiner Welt normalerweise nicht gibt. Aber in meiner existiert es und hat es immer existiert. Und es gibt eine ganz leise Stimme in dir, die mir die Schuld an dem gibt, was Dinah widerfahren ist.»
Kalt schaute er sie an. «Das ist vollkommen lächerlich.» Er zögerte und sprach dann weiter, unfähig, die Worte zu unterdrücken, die weh tun mußten. «Aber vielleicht wirst du zugeben, daß jemand, der mit dir befreundet ist, auf der Hut sein muß. Du scheinst von einem Fluidum umgeben, durch das deine Freunde auf die brutalste Art und Weise in Gewalt und Gefahr verwickelt werden.»
Sein Gesicht war jetzt bleich. Sie hatte eine tiefliegende und empfindliche Saite in ihm angerührt, denn es lag eine gewisse Wahrheit in ihrer Feststellung daß ein Element der Anschuldigung in ihm war, eine Wahrheit, die er mit seinem ganzen Ich zurückzuweisen wünschte.
«Du könntest recht haben mit dem, was du von meinem Fluidum sagst», erklärte sie. «Vielleicht bin ich kein Mensch von der Sorte, die sich kluge Leute zu Freunden aussuchen.» Ihre Stimme wurde eisig. «Aber hör einmal zu, mein empfindsamer und talentierter Mathematiker, und laß uns sehen, ob du eine einfache Summe addieren kannst. Ich habe Dinah in diese Geschichte nicht hineingezogen, erinnerst du dich? Sie begegnete Mord und Gewalt ganz allein auf sich gestellt, ohne Hilfe von mir. Gottes Gnade, oder woran immer du glauben willst, ließ Willie Garvin in der Nähe sein. O ja, ihn, mitsamt seinem Fluidum. Und er zog sie aus der Schlinge.» Sie stand auf und kam langsam auf ihn zu. Ihre Worte schleuderte sie wie scharfe Steine. «Sie haben Willie geschnappt und ihn zugerichtet, daß er zu Fetzen zerrissen worden wäre,
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