Modesty Blaise 05: Die Goldfalle
dafür ist es zu spät. Tarrants Abteilung wird längst die Hand darauf gelegt haben. Ein lohnender Fang, aber glücklicherweise einer, der uns nicht kompromittiert.»
«Aber um Himmels willen, du kannst Blaise und Garvin doch nicht ungestraft davonkommen lassen!»
Brunel legte die Zeitung weg und lehnte sich zurück; er senkte die Lider und legte bedächtig die Fingerspitzen aneinander. «Aber sie sind doch schon ungestraft davongekommen», sagte er. «Wann wirst du endlich lernen, realistisch zu denken, Adrian?»
Chance starrte aus dem Fenster. «Ja, das stimmt», sagte er. «Du hast darauf bestanden, das Zeug in dem Tresor zu lassen, und du hast prophezeit, daß sie etwas Subtiles versuchen würden. Und dann kommen sie daher und reißen höchst subtil ein verdammt großes Loch in die Hauswand und machen sich mit dem ganzen verdammten Tresor aus dem Staub.»
«Du verwechselst Subtilität in der Ausführung mit Subtilität in der Planung, Adrian.» Der kleine Mann schlug plötzlich die Augen auf. «Außerdem sprichst du in einem Ton, der so unverschämt ist, daß er gefährlich werden kann. Hast du mich verstanden?»
Adrians Chances Gesicht verlor ein bißchen Farbe, und die Hand, die über sein Silberhaar strich, war nicht ganz ruhig. «Es tut mir leid.» Er zuckte mit den Achseln und lachte säuerlich. «Es ist plötzlich über mich gekommen. Werden wir also einfach heimgehen und nichts unternehmen?»
«Keineswegs. Wie du ganz richtig sagst, war die Blaise diesmal zu clever für uns. Und das bringt mich auf einen Gedanken. Wir könnten einen so cleveren Verstand gut gebrauchen, weißt du.»
«Die Blaise gebrauchen?» Chance wirbelte herum und starrte ihn ungläubig an.
«Warum nicht?»
«Weil sie nie mit dir zusammenarbeiten würde. Und mit keinem anderen.» Chance gestikulierte hilflos, wie einer, der eine Behauptung erklären will, die eigentlich selbstverständlich ist.
«Ich denke nicht an eine Zusammenarbeit», sagte Brunel. «Ich denke daran, was für eine ausgezeichnete Angestellte sie abgeben würde.»
«Für dich arbeiten? Das ist noch absurder.» Chance befleißigte sich eines höflichen Tonfalls, damit Brunel sich ja nicht wieder beleidigt fühlte. «Das glaube ich nicht. Ich glaube, es wäre möglich, sie so weit zu brechen, daß sie den Gedanken akzeptiert, ohne daß man dabei jedoch die wesentlichen Eigenschaften zerstört, auf die es mir ankommt. Dazu wäre natürlich eine ganz spezielle, genau dosierte Gehirnwäsche nötig.»
«Gehirnwäsche …» murmelte Chance, und zum erstenmal seit vielen Stunden fiel die Spannung von ihm ab. Er starrte ins Leere, und ein kleines, hungriges Lächeln glomm in seinen Augen. «Mein Gott, ja – ja, das würde mir gefallen, Brunel. Dieses Miststück soll uns die Hand lecken.»
Brunel sah ihn an. «Ich will dich nicht deiner kleinen Freuden berauben, Adrian. Aber allzu starke Unterwürfigkeit könnte sich nachteilig auf jene Eigenschaften auswirken, die mich einzig interessieren. Mach also nicht den Fehler, zu versuchen, dein Ziel auf Kosten von meinem zu erreichen, ja?»
Jacko fragte: «Wie willst du sie in deine Gewalt bekommen?»
«Ich werde damit anfangen, daß ich sie besuche», sagte Brunel ruhig. «Ich werde sie sehr vorsichtig einwickeln müssen, aber ich habe da die eine oder andere Idee, aus der sich einiges machen läßt. Da Pennyfeather ohnehin schon mit im Spiel ist, werde ich wahrscheinlich das Nowikow-Projekt als Köder benutzen. Es macht Spaß, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.» Chance setzte sich. Er hörte kaum zu, denn er hing seinen eigenen, die Zukunft vorwegnehmenden Gedanken nach.
«Glaubst du noch immer, daß dieser Pennyfeather etwas weiß?» fragte Jacko.
«Da bin ich ganz sicher.» Brunels Stimme war ruhig.
«Es ist ihm vielleicht selbst nicht bewußt, daß er etwas weiß, aber er weiß etwas. Sterbende Menschen, Menschen im Delirium sind Schwätzer. Nowikow hat geschwätzt. Und der Mann, der dieses Geschwätz gehört hat, ist Dr. Giles Pennyfeather.»
Es klopfte, und Lisa trat ins Zimmer. Sie trug ein raffiniertes schwarzes Kostüm mit einer goldenen Brosche am Aufschlag und einer weißen Bluse; über dem Arm trug sie einen Wildledermantel. Auf ihrem Gesicht lag das übliche ausdruckslose schwache Lächeln, das sie immer zur Schau trug, wenn sie mit einem dieser Männer zusammen war. Vielleicht wußte nur Brunel, daß es ein völlig mechanischer Ausdruck war, aber das störte ihn nicht im geringsten.
Da sie
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