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Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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spielten ihre hohe Komödie nicht für ein Publikum, sondern nur für sich selbst. Ihr schierer Übermut und die Virtuosität ihrer improvisierten Farce ließen Tarrant vor Vergnügen aufseufzen, und von da an unterdrückte er bewußt sein schlechtes Gewissen. Er hatte zuviel Spaß am Zuschauen, um ihn sich durch ein Schuldgefühl verderben zu lassen, und er blieb einfach im Schatten unter der Tür stehen, ohne sich zu schämen oder zumindest seinen Skrupeln die Stirn zu bieten, und beobachtete Modesty Blaise und Willie Garvin beim Spiel.
    Der Tanz war zu Ende. Willie hielt sie gerade hoch über seinen Kopf, mit einer Hand unter ihrer Schulter und einer unter dem Schenkel. Sie waren nicht weit vom Reck. Er sagte «Faß» und warf sie zum Reck hinüber. Sie bekam die Stange zu fassen, wechselte den Griff, als sie auf der anderen Seite nach oben kam, und landete vor ihm auf den Füßen. Die ausgestreckten Hände, die sie halten wollten, berührte sie nur ganz leicht.
    Willie lachte fröhlich und sagte: «Ich wette, an diese Figur hat die große Margot noch nicht gedacht.»
    «Du mußt ihr mal den Vorschlag machen, Willie.»
    Sie strich sich das Haar zurück, und auf ihrem Gesicht spiegelte sich die Freude über das ausgelassene Spiel.
    «Ich möchte Rudolf nicht eifersüchtig machen», sagte er und ging zu den Helmen und Körperschützern hinüber. «Also, dann wollen wir uns mal mit den Stöcken beschäftigen.» Tarrant trat sehr leise einen Schritt zurück, zog die Tür zu und schlug dann mit der flachen Hand von außen dagegen. Er stieß sie auf, trat in die Turnhalle und rief: «Guten Morgen.»
    «Guten Morgen, Sir Gerald.» Sie kam ihm entgegen, Willie folgte ihr. «Sie sind eher gekommen, als wir erwartet haben, und das ist nett. Möchten Sie Kaffee? Etwas zu essen?»
    «Nein, danke, gar nichts.» Er küßte ihr die Hand.
    «Fein, Sie wiederzusehen, Sir G.» Willie half ihm aus dem Mantel. «Sie sind ziemlich früh dran.»
    «Mein Flugzeug war pünktlich, und ich bin von Heathrow direkt hierhergekommen», sagte Tarrant.
    «Frasers Botschaft lautete, Sie müßten mich dringend sprechen.»
    Modesty und Willie tauschten einen Blick. Sie sagte:
    «Fraser ist ein Lügner, aber das wissen Sie ja. Wir wollen Sie tatsächlich sprechen, aber wir dachten, Sie würden erst ins Büro fahren und später zu uns kommen.»
    Tarrant zuckte mit den Achseln. «Ich habe Fraser schon immer viel Spielraum für eigene Initiative gelassen, und ich nehme an, daß er über die Dringlichkeitsstufe selbst entschieden hat. Also, wo brennt’s?»
    «Wieso brennen? Hat Fraser das gesagt?»
    Tarrant runzelte die Stirn. «Seine Nachricht hat jedenfalls diesen Eindruck erweckt. Ich dachte, Sie bräuchten diesmal meine Hilfe.»
    Sie lächelte. «Aber setzen Sie sich doch. Willie, nimm das Zeug von dem Kasten.» Tarrant setzte sich, legte die Hände auf die Knie und schaute vom einen zum andern. Sie lächelten ihn an, und er war absurderweise gerührt, daß in ihrem Lächeln vor allem Zuneigung lag. Er fingerte an seinem Schnurrbart herum. Beide trugen sie Narben aus Kämpfen, die sie für ihn ausgefochten hatten. Es war fast unvorstellbar, daß sie ihn gern hatten. Ein bißchen brüsk fragte er: «Also, worum geht es denn nun wirklich?»
    Modesty sagte: «Einen Moment.» Sie ging quer durch die Turnhalle in Willies Werkstatt. «Wir wollten es ganz groß aufziehen», sagte Willie. «Ein Kuchen, Kerzen und all das. Aber wir hatten nicht damit gerechnet, Sie noch vor dem Mittagessen zu sehen, deshalb müssen Sie die Dinge jetzt nehmen, wie sie sind.»
    «Kuchen? Wovon, zum Teufel, reden Sie, Willie?»
    «Von Ihrem Geburtstagsgeschenk. Die Prinzessin beschäftigt sich schon seit zwei Wochen damit.»
    «Mein Geburtstag. Heute?» Tarrant blickte einen Augenblick lang an die Decke. «Ja, Sie haben recht.
    Aber, guter Gott, ich kann in meinem Alter doch keine Geburtstagsfeier mehr veranstalten.»
    Modesty kam mit einem kleinen, in braunes Packpapier gehüllten und mit Klebestreifen versehenen Päckchen aus der Werkstatt. «Das ist lachhaft», sagte sie.
    «Ich weiß nicht, wann ich Geburtstag habe, und deshalb feiere ich dreimal im Jahr.» Sie gab ihm das Päckchen. «Es tut mir leid, daß es nicht schöner verpackt ist, aber das läßt sich jetzt nicht mehr ändern.» Sie stellte sich neben Willie und legte ihm einen Arm um die Hüfte. «Von Willie und mir, mit den besten Glückwünschen.»
    Tarrant betastete das Päckchen. Ein Buch? Ein seltenes Buch?

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